Flughafen besetzt - Armeechef fordert Neuwahlen
Proteste eskaliert
Nach der Erstürmung des internationalen Flughafens von Bangkok durch sowohl gewalttätige als auch friedliche Gegner von Ministerpräsident Somchai Wongsawat überschlagen sich in Thailand die Ereignisse: Während die Behörden die über 3.000 festsitzenden Touristen mit Bussen evakuieren, haben Vertreter der autark agierenden Armee mit der Regierung beraten und wollen diese offenbar zum Rücktritt zwingen. Armeechef Anupong Paojinda gab nach dem Treffen bekannt, dass das Kabinett von Somchai das Parlament auflösen und vorgezogene Neuwahlen ausrufen werde. Die Demonstranten forderte er auf, ihre seit Wochen anhaltenden Proteste zu beenden und den Flughafen zu räumen. Premier Somchai wehrt sich allerdings gegen Neuwahlen.
Somchai Wongsawat will das Parlament nicht wie von der Armee gefordert auflösen. Man habe die Aufforderung von Armeechef Anupong Paojinda abgelehnt, ließ er durch seinen Sprecher kurz und bündig ausrichten. Somchai hielt sich bis Mittwoch im Ausland, beim Asien-Pazifik-Gipfel in Peru auf. Er sollte am Flughafen in Bangkok landen, wich dann aber nach Nordthailand aus.
Der Sprecher der oppositionellen Volksallianz für Demokratie (PAD), Sondhi Limthongul, hatte sich zuvor noch unversöhnlich gezeigt. "Zuerst müsst ihr zurücktreten, bevor wir uns mit euch zusammensetzen und reden", sagte der Oppositionsführer. Armeechef Anupong forderte daraufhin die Neuwahlen, schloss einen Putsch aber aus. "Wenn ein Putsch alle Probleme lösen könnte, würde ich es tun. Aber es wird nichts lösen", sagte Anupong nach den Beratungen mit Regierungsvertretern.
Touristen werden mit Bussen in die Stadt gebracht
Die Betreibergesellschaft des Flughafens hatte zuletzt Busse bereitgestellt, mit denen die rund 3.000 Touristen in die Stadt gebracht werden sollten. Von der Volksallianz für die Demokratie (kurz: PAD), die hinter den Protesten steht, hatte sie die Erlaubnis bekommen, die Tausenden Touristen auf dem Flughafen in Sicherheit zu bringen, sagte ein Flughafensprecher.
Botschafter befürchtet gewalttätige Konfrontation
Der österreichische Botschafter in Bangkok, Arno Riedel, befürchtet eine weitere Zuspitzung der politischen Krise in Thailand. Sollte es in nächster Zeit keine Lösung geben, "ist zu befürchten, dass die Auseinandersetzungen aggressiver werden und die Konfrontation nicht nur friedlich abläuft", sagte Riedel am Mittwoch. Von den von Armeechef Anupong Paojinda vorgeschlagenen Neuwahlen erhofft sich Riedel eine vorübergehende Lösung und Entlastung des politischen Klimas, eine Dauerlösung wären sie aber nicht. "Neuwahlen wären sicher keine dauerhafte Lösung, da sie höchstwahrscheinlich das jetzige Regime bestätigen würden", meinte Riedel. "Früher oder später hätte man wieder eine ähnliche Situation wie jetzt." Zumindest könne man aber durch Neuwahlen Zeit gewinnen.
Die Situation auf den Straßen sei für Bürger derzeit nicht gefährlich, es gebe aber ein "gewisses Potenzial" für Gewalt, "weil wir wirklich nicht wissen, wie es politisch weitergeht", so der Botschafter. Die Opposition sei mit dem Druck konfrontiert, ihre Ziele bald zu erreichen. "Das zieht sich ja jetzt schon über Monate, und so eine Protestbewegung muss auch finanziert werden, das lässt sich nicht unbegrenzt aufrechterhalten." Insofern enthalte die Krise einen emotionalen Aspekt, der zu Gewaltanwendungen führen könnte, erklärte Riedel.
Von der Sperre des Flughafens in Bangkok, den Regierungsgegner seit der Nacht auf Mittwoch besetzen, seien auch Österreicher betroffen. "Ich kann nicht sagen, um wie viele Österreicher es sich handelt, weil wir kein komplettes Bild von jenen haben, die mit anderen Fluglinien als der AUA fliegen", so Riedel. Man stehe zwar mit einem Dutzend Fluglinien in Kontakt, doch es herrsche überall Krisenstimmung, außerdem würden die Nationalitäten der Reisenden nicht auf den Passagierlisten aufscheinen.
Die Botschaft in Bangkok habe Anfragen österreichischer Reisender erhalten, er habe aber keine Nachricht davon, dass jemand "in einer besonderen oder kritischen Lage" sei, beruhigte Riedel. Die Fluglinien seien gut organisiert und würden die Passagiere vorübergehend in Hotels unterbringen. "Ein Flugzeug der AUA ist heute in Pattaya gelandet. Derzeit prüft die AUA, ob sie von Pattaya auch abfliegen kann", so der Botschafter.
Dritter Premier in zwei Jahren soll abgesetzt werden
Die Armee hatte bereits vor zwei Jahren gegen den unter Korruptionsverdacht geratenen Premier Thaksin Shinawatra geputscht. Nach einem Sieg bei der Parlamentswahl im vergangenen Dezember kam jedoch mit Samak Sundaravej ein Vertrauensmann des Ex-Premiers an die Macht. Samak wurde im September nach Massenprotesten der Opposition abgesetzt. Thaksins Schwager Somchai Wongsawat wurde neuer Regierungschef. Die Opposition will es nun offenbar schaffen, auch Somchai zu stürzen.
Österreich-Flüge werden voraussichtlich nicht ausfallen
Von Vertretern des Flughafens Wien und der Austrian Airlines hiß es Mittwoch früh, dass sich die Besetzung des Bangkoker Airports bisher nicht auf den Flugverkehr mit Österreich ausgewirkt habe. Eine AUA-Sprecherin meinte allerdings, dass bei der österreichischen Fluggesellschaft derzeit "die Telefone heiß laufen". Auch beim Außenministerium erkundigten sich in der Nacht auf Mittwoch zahlreiche Österreicher, die in den nächsten Tagen einen Flug nach Thailand gebucht haben.
Der bisher letzte AUA-Flug nach Wien mit gut 200 Passagieren ist Mittwoch früh um 6.25 Uhr - mit einer Stunde Verspätung - am Wiener Flughafen gelandet, berichtete AUA-Sprecherin Pia Stradiot. Die Verspätung sei zwar "im Rahmen" gewesen, ist möglicherweise aber auf die Unruhen zurückzuführen. Regierungsgegner haben in Bangkok nämlich Straßenblockaden errichtet, was Passagieren die Fahrt zum Flughafen erschwert habe.
AUA: Ausweichen auf andere Flughäfen erwogen
Unklar ist, ob der für Mittwochabend geplante Abflug der AUA-Maschine von Wien nach Bangkok (um 23.20 Uhr) stattfinden wird können. "Wenn der Flughafen Bangkok öffnet, dann fliegen wir", sagte Stradiot. Dasselbe gilt für den AUA-Flug von Bangkok nach Wien, der um 23.55 Uhr Ortszeit (17.55 Uhr MEZ) abheben sollte.
Sollte der Bangkoker Flughafen weiter blockiert sein, werde als Ersatzszenario erwogen, einen anderen Flughafen in Thailand anzufliegen und die Passagiere dann mit Bussen in die Hauptstadt zu bringen, berichtete Stradiot. Auf die Maschine sind etwa 290 Passagiere gebucht. Auch die Sprecherin des Wiener Flughafens, Brigitta Pongratz, bestätigte, dass die Krise in Thailand "bis jetzt keine Auswirkungen" auf den Flugverkehr mit Thailand gehabt habe. Sie berichtete, dass neben den beiden täglichen AUA-Maschinen am Donnerstag auch ein Flug der EVA Air nach Bangkok geplant ist.
Stornos bei europäischen Reiseveranstaltern
Wegen der Proteste auf dem Flughafen von Bangkok haben allerdings etliche europäische Reiseveranstalter Reisen nach Thailand abgesagt. Die deutschen Unternehmen Meiers Weltreisen und Dertour teilten mit, alle für Mittwoch und Donnerstag geplanten Reisen mit Flügen nach oder über Bangkok seien storniert worden. Thai Airways strich zwei Verbindungen von und nach Frankfurt am Main. Die Lufthansa leitete einen Jumbo-Jet mit mehr als 300 Passagieren nach Malaysia um.
Quelle:
http://www.krone.at