Manche hört man auch noch schreien, wenn man ihnen in die Tiefe nachblickt, sieht wie sie Richtung Wasserstrudel stürzen (ich habe mitgezählt, das dauert sieben Sekunden) und kurz vor Erreichen des Wasserlevels durch die Elastizität des Seils wieder nach oben schnellen. Das wiederholt sich ein paar Mal bis sich ein Mitarbeiter, der ständig an einem festen Stahlseil zwischen Himmel und Erde hängt (was für ein Job!) sie nach oben auf die untere Ebene der Brücke hievt.
Kurze Zeit später erscheinen die Wagemutigen wieder auf der Brücke, werden mit großem Hallo empfangen und lassen sich feiern. Die meisten sind immer noch oder schon wieder cool, manche aber auch ein Häufchen Elend. Für mich wäre das definitiv nichts, aber Zuschauen macht riesig Spaß und ist kostenlos.
Abends wage ich mich wieder in den Open-Air-Club Massaka, dem einzigen mitten in der Stadt.
Ich bin, wie so oft, der einzige Weiße. Es gibt zunächst ein Spiel des Konfed-Cups, dann dröhnt Musik aus den riesigen Boxen, die für solche Lautstärke wohl nicht ausgelegt sind. Das Publikum ist wie die Einrichtung: sehr schlicht. Viel mehr Männer, die sich an ihrem Bier festhalten und dummes Zeug labern. Die Girls sind überwiegend unterste Schublade. Nur eine sticht heraus. Groß, schlank, hübsch, gut gekleidet. Da sie meine Blicke ignoriert, lasse ich ihr einen Zettel mit meiner Telefonnummer zukommen. Aber ich werde gewarnt. Pezo wäre verheiratet. Zum Dank für ihre Dienste verspreche ich Jackiren, der Überbringerin des Zettels und die Gespielin von gestern Nacht, sie demnächst noch mal zu buchen.
Es ist schon spät, bzw. früh, 2 Uhr. Um 2.30 Uhr soll der Nachtbus aus Lusaka eintreffen. Mit meiner Chileshe.
Ich sprinte in der Dunkelheit zum Busbahnhof. Der Bus ist tatsächlich pünktlich. Ein paar übermüdete Gestalten steigen aus und irgendwann auch Chileshe. Sie schaut in die Runde der Wartenden, erblickt mich, rennt auf mich zu, fällt mir in die Arme, wir umarmen uns lange und innig und küssen uns, völlig unafrikanisch und sicherlich unter den argwöhnischen Blicken der Umstehenden.
Wiedersehensfreude pur. Es ist schon komisch und lustig zugleich. Ohne irgendein ein Wort zu sagen oder vorher besprochen zu haben ist von der ersten Sekunde an klar, wie unsere Beziehung hier, weit weg von Chileshes Heimat, verlaufen wird. Während wir uns in Lusaka ja noch wie schüchterne Teenager benommen haben mit lediglich einem flüchtigen Küsschen gehen wir nun eng umschlungen die wenige Hundert Meter zum Hotel, küssen uns im Zimmer angekommen ausgiebig, ziehen uns aus, springen wie selbstverständlich nackt ins Bett.
Chileshe will mich zunächst kurz auf den neuesten Stand bringen. Sie weiß ja nicht dass ich schon alles weiß. Chii beendete gestern ihre Klausuren mit einem guten Gefühl, es gab einen Streit mit ihren Eltern. Aber ihre Schwester stand ihr bei, meinte ich wäre ein ganz Netter (!!!) und schließlich durfte sie doch fahren. Für 3 Tage. Immerhin. Sie musste versprechen, am Montag zur Oma ins sambischen Nirwana zu kommen.
So werde ich die letzten Urlaubsstunden allein verbringen, aber das macht nichts und ist wohl auch besser als wenn mich Chileshe zum Airport begleitet hätte. Das wäre kein schöner Abschied geworden.
Wir kuscheln und küssen uns, mehr nicht für den Anfang. Chileshe ist müde von der Busfahrt und ich muss kurze Zeit später auch schon wieder aufstehen – zum nächsten tierischen Abenteuer – einfach nur etwas Gassi gehen, allerdings mit Löwen …