Als ich zur Lobby laufe, springt Carla auf und fällt mir um den Hals. Diese Begrüssungsform war ich von ihr bisher nicht gewohnt. Entweder ging es gesittet zu oder sie ging gleich an meinen Schwanz. Hier direkt gegenüber von der Rezeption wäre letzteres allerdings auch keine gute Idee.
Im Fahrstuhl erhalte ich die dringlichsten Informationen:
- Am Strand geschlafen.
- Keine Lust auf die Heimfahrt.
- Sehnsucht nach mir (oder nach den Bequemlichkeiten meiner Wohnung).
- Und eigentlich das wichtigste: Gutes Geld verdient.
Carla legt sich gleich aufs Sofa. Ich hole eine Decke, die Fernbedienung hat sie sich bereits geschnappt. Dann bringe ich ihr eine Guaraná Antarctica (Guaraná-Limo), sonst hätte ich nur Bier. Kaffee lehnt sie ab.
Dann muss ich bis ins kleinste Detail Rechenschaft über die eigentlich belanglose Nacht ablegen.
Der Rest ist ein gemütlicher Nachmittag, natürlich zwischendurch Sex, räusper, und das ist im Prinzip Routine.
Carla fragt, ob wir eine Kleinigkeit essen gehen wollen.
- Ich bejahe, weil ich selber Hunger habe.
Carla fragt, ob sie die Nacht hier verbringen dürfe.
- Ich bejahe und freue mich.
Carla fragt, ob sie mal zu Hause anrufen kann.
- Ich bejahe und hoffe, dass es nicht zu lange dauert. Mein Credito neigt sich auch zu Ende.
Carla fragt, ob ich etwas dagegen hätte, wenn sie koksen würde. Sie hätte Lust darauf.
- Ich bejahe, ich habe etwas dagegen, weil ich keine Böcke auf einen Ausflug in die Rocinha habe.
Carla fragt, ob ich etwas dagegen hätte, wenn sie koksen würde. Sie hätte es doch schon in der Tasche stecken
- Ich verneine. Meinetwegen ...
Ich hätte sie vorher noch mal ficxxxken sollen. Nach der ersten Fuhre langt´s nur noch für BJ. Nach der zweiten oder dritten geht in dieser Hinsicht gar nichts mehr. Carla ist zu sehr beschäftigt.
Nicht, dass es grundsätzlich kein netter Abend wäre, aber das Thema Sex ist abgehakt. Zumindest im praktischen Vollzug.
Als ich dann endlich schläfrig werde, wird sie erst richtig aufgedreht, legt sich aber aus Höflichkeit mit mir ins Bett. Im Endeffekt sitzt sie aufrecht darin. Zappelt und macht und tut. Jammert, dass sie sich langweilen würde. Spielt mit meinem Mobilfunktelefon. Rüttelt mich. Hadert. Fragt, ob sie an den Strand gehen solle. Mittlerweile ist es 3 Uhr nachts.
Irgendwann platzt mir der Kragen:
"Ey, Carla, ich muss schlafen, habe morgen wichtige Termine. Mach was Du willst, aber in Gottes Namen, lass mich in Ruhe. Geh ins Wohnzimmer, auf die Terrasse, an den Strand, zur Haltestelle, Geld verdienen oder quatsch dort mit Deinen Freundinnen ..."
Carla seufzt, hadert wieder, aber nur kurz, gibt sich einen Ruck und verschwindet auf die Strasse. Gott sei Dank! Ich kann endlich in Ruhe schlafen.
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Mich weckt das Klingeln meines Mobile. Auf dem Display steht 9:40. Scheisse, um 10 Uhr hab ich den Termin. Carla ist natürlich dran, sie ruft von einem öffentlichen Telefon aus an. Ich soll zum Posto 5 (oder so) kommen, die Strandabschnitte sind in Rio nummeriert. Sie hätte meinen Autoschlüssel in ihrer Handtasche gefunden ...
Na, super! Diese Schlampe!
Ich rufe meinen Kunden an, um ihm meine Verspätung mitzuteilen. Kein Credit mehr. Scheisse.! Stimmt, Carla hatte nachts mit Kelly telefoniert. Diese blöde Nuss!
Also Dusche, Sachen schnappen, an den Strand. Mein Termin ist nicht weit weg, aber man fasste eine gemeinsame Fahrt zu einem Folgetermin ins Auge. Ohne Autoschlüssel wäre das peinlich. Doch am Posto 6 ist keine Carla weit und breit. Ich tobe endgültig. Dumme Fotxxxze!
Wohin jetzt. In Richtung Posto 4 oder 6? Ich schlage halt irgendeine Richtung ein, offenbar die falsche. Also laufe ich wieder zurück. Endlich, Carla kommt mir entgegen. Diesmal mache ich "RATATATA ©"
"Aber es ist doch erst kurz nach 9?", antwortet Carla erstaunt.
Aufgrund des Stresses hatte ich auf die Digitalanzeigen auf der Strandavenida keinen Blick geworfen. Tatsächlich: 9:08 Uhr. Aber meine Uhr sagte doch ...
Carla wird leicht verlegen: "Ähm, ja, ich hatte gestern aus Langeweile mit Deinem Telefon gespielt und ein paar Sachen verstellt ..."
Ich sag Euch, es gibt nichts Schlimmeres als koksende Weiber. Ausser koksenden Kathösen.
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Der Tag selbst und die kommenden verlaufen ohne weiteren Aufreger. Der Termin Dienstags wurde überflüssig und somit abgesagt. So kann ich mich auf den Report konzentrieren. Carla kommt, mal kommt sie nicht, mal vor, mal zwischen, mal nach dem Anschaffen. Ab und an spielt sie, zu meiner grossen Freude, unaufgefordert Dienstmagd. An einem Abend treffe ich mich mit einem meiner wenigen Freunde, der zuvor nie Zeit fand. Drang nach Abenteuern und Eskapaden verspüre ich Dank Carla kaum. Priorität hat sowieso derzeit die Arbeit und weder Steuerungssystem noch Teufelchen, das mich sonst minütlich auf dumme Gedanken bringt. Ich hätte zwar zwischenzeitlich auch mal Appetit auf Larissa, aber Carla weicht aus und so dringend ist es nicht. Obwohl ...
Meine Auftraggaber haben mir nach meinem Zwischenbericht signalisiert, dass ich mir mit der Endfassung Zeit lassen könne, aber das Apartment ab Sonntag, wie vereinbart, nicht mehr zur Verfügung stünde. Aber ich liege so gut in der Zeit, dass ich auch bis dahin fertig werde. Ich will den Kopf freikriegen. Oder, ja nach Betrachtungsweise, voll. Teufelchen´s Urlaub soll zu Ende gehen.
Ich möchte noch eine Woche in der Stadt bleiben, es endlich knallen lassen, dann geht es auf eine Rundreise. Drei Wochen darauf komme ich wieder zurück.
Somit habe ich zwei Probleme:
1. Ich brauche ein neues Apartment.
2. Wie geht es mit Carla weiter?
Punkt 1 lässt sich schnell lösen, ist nur ein bisschen Aufwand und eine Kostenfrage.
Punkt 2 erledigt sich von selbst. Carla fährt Anfang nächster Woche zu ihrer Schwester nach Belo Horizonte. Über die relativ kurzfristige Entscheidung werde ich zwar vorbereitend informiert, aber die genauen Gründe sollte ich erst viel später erfahren ...