Rückblende:
22 Stunden vorher, gleicher Ort
Ich sitze an der Bar des MBC und leichte Verzweiflung macht sich langsam breit. Es sind zwar genügend Girls anwesend aber nichts dabei, was mir richtig gut gefällt. Einige DIA-Girls texten mir und ich widme mich für die nächste Zeit meinem Smartphone.
Freitag, 4. Mai 2012
0.15 Uhr
Der Freitag beginnt vielversprechend. Als meine Chat-Girls textmäßig versorgt sind und ich um mich blicke, stehen plötzlich drei, vier attraktive Girls um mich herum. Die Schnellste setzt sich auf den freien Hocker neben mich. Ich merke aber schnell, dass sie schon gut dem Alkohol zugesprochen hat.
Von den Anderen wähle ich die, die am geilsten angezogen ist, enge Jeans, High Heels, und ihr Oberteil hat alle Mühe, ihre Titten einigermaßen im Zaum zu halten. Michelle heißt sie, sieht absolut aus wie eine Profinutte, macht aber einen äußerst netten Eindruck. Und ist sehr anhänglich, was ich besonders gerne mag. Was aber hier im MBC nicht die Regel ist. Ich bin mir sicher, dass ich eine gute Wahl getroffen habe.
1.30 Uhr
Mit einem Sandwich in der Hand verlassen wir das Lokal. Obwohl mein Hotel nur wenigen Hundert Meter entfernt ist schlage ich vor ein Taxi zu nehmen. Mit ihren ultrahohen Stöckelschuhen wird der Weg für Michelle sicher zu beschwerlich. Oh nein, sagt sie. Sie ginge gerne durch die frische Luft und ihre Schuhe sind kein Problem.
Es ist die Nacht des großen Regens. Nun hat es aufgehört, aber bis vor kurzem ging ein heftiger Monsunregen über die Stadt nieder und hat alles überschwemmt. Nach dem Regen ist die Luft nun angenehm kühl. Auf dem Gehsteig hockt ein kleiner Junge, vielleicht sechs, sieben Jahre alt. Neben ihm liegt eine große Pappe. Eigentlich stellt sie sein Bett dar. Nun aber ist sie durch den Regen nass geworden. Um ihn herum ist auch alles feucht, und so findet er heute Nacht keinen Schlaf.
Viele seiner Leidensgenossen sind offensichtlich umgezogen. Sonst waren die Bürgersteige nachts immer dicht bevölkert mit Straßenkindern. Heute ist der Kleine an diesem Straßenabschnitt der einzige.
Michelle bleibt stehen und gibt dem Jungen das nur einmal angebissene Sandwich. Der Junge nimmt es wortlos und beißt kräftig rein. Michelle hat glasige Augen und sagt: „Ich bin immer so furchtbar traurig, wenn ich die Straßenkinder sehe. Es bricht mir das Herz. Wie kann es sein, dass es niemanden gibt, der sich um sie kümmert ? Wie kann es sein, dass fünfjährige Kinder sich allein durchs Leben schlagen müssen ? Das ist alles so schrecklich ungerecht. Und ich kann so wenig helfen“. (Damit hat sie Recht. Sie tut aber was möglich ist. Im weiteren Verlauf unseres Zusammenseins gibt sie praktisch alles was sie hat, ob Essen oder ein paar Münzen, kleinen Straßenkindern.)
Ich überlege kurz. Wir haben bisher nicht über ihren Lohn gesprochen. Jeder kennt die Tarife. 1500 Peso LT. Also knapp 30 Euro. Für Eine wie Michelle können es auch schon mal 2.000 Peso werden. Ich schlage Michelle einen Deal vor. „Wenn Du auf dein Geld verzichtest lege ich das Doppelte drauf und wir kaufen den Kindern etwas zu Essen.“ Michelle macht große Augen. „Okeeyyy“ sagt sie schließlich. „Ich weiß wo wir die Kinder heute finden.“. Ich krame meine Geldscheine aus verschiedenen Hosentaschen. 5500 Peso kommen zum Vorschein. „Okey, lets go“ sagt Michelle und Hand in Hand laufen wir zum nächsten Seven Eleven und plündern den Laden. Wir kaufen alles was uns sinnvoll erscheint, Sandwiches, nahrhafte Kekse, auch etwas Süßigkeiten, Wasser, Saft, Milch. Da es nicht alles in ausreichender Menge gibt, gehen wir auch noch in einen weiteres Geschäft und besorgen dort den Rest. Ein Angestellter begleitet uns und hilft die Tüten zu tragen.
Michelle führt uns um ein paar Ecken, wir müssen gar nicht weit laufen. Etwas abseits einer Straße ist ein Platz zu erkennen, mit einigen Unterständen. Ich vermute, hier wird tagsüber Markt abgehalten. Es ist vollkommen duster. Michelle sagt ein paar Worte und nun tauchen aus dem Dunkel langsam etwa 15 Gestalten auf, Kinder im Alter von etwa 5 bis 12 Jahre, auch zwei Mädchen sind darunter.
Solche Aktionen habe ich auch in Afrika schon durchgeführt. Es begann dort immer mit einer Massenkeilerei. Aber ich lernte schnell, zog einen Strich in den Sand und begann nicht eher mit der Verteilung bis sämtliche Kinder sich in Reih und Glied hinter dem Strich versammelten und so sichergestellt war, dass jeder etwas bekam.
Hier läuft es anders, ganz ruhig und gesittet. Michelle verteilt und manche nehmen die Sachen wortlos an, manche sagen leise Danke, manche vertilgen das Essen an Ort und Stelle, manche verziehen sich damit wieder in eine dunkle Ecke. Es ist ganz gut dass es duster ist, denn es sind sehr berührende und bewegende Momente.
Zunächst wortlos gehen wir Richtung Hotel. Dann bleibt Michelle stehen, strahlt über das ganze Gesicht und gibt mir einen gaaanz langen Kuss.