Kapitel 15 – jetzt muss ich Thai lernen
Das ganze Werkzeug das ich gekauft hatte wog so etwa 300kg. Damit zu fliegen war nicht möglich, also mussten wir den ganzen Weg von Pattaya bis nach Chiang Rai (cirka 700km) mit einem Bus fahren. Dieses mal wohl Vip Bus, aber auch in so einem Teil waren die 17 Stunden Fahrt mit Umsteigen nicht gerade lustig.
War dann doch wohl ne scheiß Idee mit dem Werkzeug dachte ich, aber wenigstens gab es eine Toilette an bord.
In Chiang Rai angekommen begann normaler Alltag, keine großen Rauschfeste mehr, na ja, zumindest nicht bei mir, aber das die Thais selbst gerne gesoffen haben ist mir auch nicht entgangen.
So kam jeden Tag einer mit einen Stecken und wollte Buddha spielen, einer der vielen Dorfalkoholiker. Er meinte, wenn man ihn einen Schnaps gibt, dann wächst der Stecken. Ich habe ihn soviel Schnapps gegeben, das der Stecken eigentlich bis zum Mond hätte reichen müssen, aber das einzige was länger wurde, waren die Augenblicke bis er seinen nächsten Schnaps runtergespült hat.
Zudem war jetzt Thaiunterricht bei mir angesagt, morgens eine Stunde mit meiner Frau, dann Mittags eine halbe Stunde mit der kleinen Sechsjährigen, die mir damals die Nase mit dem Chillipasta verbrannt hatte, und Nachmittags dann nochmal eine Stunde mit meiner Frau.
Als Hilfestellung diente mir ein „Deutsch – Thailändisches“ Wörterbuch. Das hatte nur einen Fehler. Links eine Spalte in latainischer Schrift und der Begriff in Thailändisch, in der Mitte der Begriff in Englisch und auf der rechten Spalte der Begriff in Deutsch, aber in thailändisch geschrieben. War mir also eine große Hilfe.
Am meisten hat natürlich der Unterricht mit der kleinen Sechsjährigen (ihr Name ist Jug) Spass gemacht. Die hat mich immer an der Hand durch die Gegend gezogen und auf irgendwas gedeutet, z.B. einen Baum und dann das Wort in Thai gesagt. So sollte ich verstehen wie der Baum in Thailändisch heißt. Das interessante war, dass sie das verstanden hat, auch ich und somit dann ihre Tests bestanden habe, aber die anderen 60 Millionen Thais haben das Wort vorher noch nie gehört. So wurde mein Gehirn dann doch ziemlich stark strapaziert und Thai spreche ich heute noch nicht. Gut ein paar Wörter schon. Zum Beispiel kann ich Fragen wo man die Toilette findet. Also: Phom bei hong nam, mei bei nai. Und wenn dann die Antwort kommt: roi Meter trong bei, dann weiß ich, auch damals schon, das ich jetzt 100m gerade aus laufen muss und da ist dann die Toilette.
Ist schon seltsam wie mein psychischer Drang immer zu wissen wo ich den Pinkeln kann wenn ich mal muss mir sogar die thailändische Sprache eingeflöst hat. Deswegen wusste ich schon nach wenigen Tagen in Chiang Rai wie man nach den Weg fragt und wie man den auch erklärt.
Ich wusste nach rechts, nach links, gerade aus und konnte auch die Zahlen bis 10.000 auf thailändisch zählen. Das war alles wichtig wenn man wissen wollte wo die Toilette ist.
Jetzt hatte ich ja soviel Werkzeug gekauft und wollte den Leuten auch mal erklären wie man damit umgeht. Und ich wusste wie man damit umgeht, denn ich bin eigentlich Zimmerer von Beruf. Aber wie erklärt man denen das wenn man kein Thai spricht.
Einfache Idee: Man führt es ihnen vor. Da lag ne ganze Menge Holz rum und so nahm ich das und baute kurzerhand ein Podest. Die Höhe legte ich mit einer Schlauchwaage genau so fest, dass Oberkannte vom Faß innen im Bad, welches immer mit diesem eiskalten Brunnenwasser gefüllt war, mit der Bauhöhe vom Podest aussen übereinstimmte.
Und die Leute schauten auch zu. Das hat mir gefallen, denn ich glaubte so verstehen die wie man mit diesem Werkzeug umgeht. Allerdings wussten die das schon vorher und hatten nur eine Riesenfreude weil sie mal einen Farang beim arbeiten zusehen konnten. Nur was ich da vor hatte zu bauen, dass verstanden die nicht.
Dann baute ich noch eine Treppe an das Podest damit man auch leicht darauf kommen konnte.
Jetzt wollte ich noch eine schwarze Regentonne, am besten mit einen Deckel drauf, dann noch einen zwei Zoll Schlauch und einen Stöbsel, der in den Schlauch passte. Die Idee war einfach draussen einen Wasserbehälter zu haben, der durch die Sonne das eiskalte Brunnenwasser aufwärmt und es dann in die blaue Regentonne im Bad zu lassen. Somit hätte ich wenigstens ein bisschen Kompfort in der Hölle von Chiang Rai.
Nur wie erklärt man das in thailändisch, wenn man kein Thailändisch spricht und selbst die Begriffe nicht in Englisch kann.
Gar nicht, man versucht es einfach zu finden. Und so suchte ich zu Fuss nach einen Baumarkt.
Da gab es natürlich keinen. Aber so zwei Kilomieter vom Elternhaus entfernt hatte ich so eine Art Baustoffhändler gesehen, der hatte vor seinem Haus so Behälter stehen. Also ich dahin und einen gekauft. Was der kostete weiß ich nicht mehr, aber der war so groß und unhandlich, dass ich den unmöglich die zwei Kilometer zurück tragen konnte.
Der Baustoffhändler selbst war ein Einmannunternehmen und konnte mir den nicht liefern. Zudem hatte ich riesen Probleme dem überhaupt zu erklären das ich den Behälter nicht tragen kann. Ich musste Jesus spielen, bin mit dem Teil fünf Meter gelaufen und dann absichtlich zusammen gebrochen, damit der Trottel verstand ich brauche ein Transportfahrzeug.
Jetzt kamen meine thailändischen Sprachfähigkeiten voll zur Geltung. Er fragte: Bei nei? Ich sagte: song pan meter trong bei, also zweitausend Meter gerade aus. Seine Antwort: Öh.
Klasse Antwort: Er wieder: Bei nei – ich: Trottel! Bei pan pha trong bei song pan meter. Seine Antwort: Öh. Ich war schon leicht sauer, weil es war damals Mitte April und extrem heiß. Wenn der jetzt nochmal Öh sagt, dann stecke ich den Trottel in die Tonne – dachte ich mir.
Irgendwie hatte er schon verstanden was ich wollte, aber er konnte mir gar nicht helfen, weil er in seinem Laden bleiben musste und auch kein eigenes Fahrzeug hatte. Armer Kleinunternehmer eben.
Zufällig kommt einer mit so ner Art selbstfahrenden Mistwagen vorbei. Also vier Räder, eine Ladebrücke, ein Lenkrad und neben dem Lenkrad ein Motor. Das war ein Einzylinder Dieselmotor, der so alle 5 Sekunden mal Puff gemacht hat. Wie ich das Ding gesehen hatte wurde meine Stimmung schon wieder besser, weil ich fand das Teil einfach nur lustig.
Den hält der Ladenbesitzer an und fragt ihn, ob der mir nicht helfen kann. Der schaut mich an, ich winke mit nem Hunderter, er bekommt das Grinsen ins Gesicht und sagt: Ööh
Also irgendwie war ich da im Öh-Dorf gelandet. Die sagten nicht Krab, sondern immer Öh.
Der Ladenbesitzer hilft mir beim Aufladen des Behälters, der Fahrer fragt: Bei nei? Ich antworte: Bei pan pha... Eigentlich hatte ich gehofft die würden wissen wo Pha wohnt, müssten sich ja alle gegenseitig kennen in den kleinen Dörfern. Aber Pha bedeutet ja eigentlich nur Vater und seinen richtigen Namen habe ich nicht gewusst.
Also er wieder: Bei nei? Ich: „trong bei song pan meter“. Er: „Öh“!
Jetzt fährt er los, auch in die richtige Richtung, aber so nach 200 Metern hälte er wieder an. Scheiße denke ich, habe ich was falsch verstanden und heißt pan nur 100? Aber nein, der Kerl geht in den nächsten Laden mit meinem Hunderter und kauft sich erst mal eine Flasche Schnaps. Das war eine Literflasche Selbstgebrannter (Schwarzbrenner gibt es heute noch in der Gegend) und haut ein viertel der Flasche auf ex in den Kopf.
In dem Moment war ich froh, daß der selbstfahrende Mistwagen (oder Ladewagen) nicht schneller als 20km/h fuhr. Dann machte der Einzylinder Rennmotor von Diesel alle zwei Sekunden mal Puff. Zudem hatte das Gefährt ein Schwungrad neben dem Motor, das hätte man auch als LKW-Reifen nutzen können, zumindest von der Größe her.
Er setzt sich wieder auf seinen Ladewagen, reicht mir die Flasche und will das ich auch trinke. Aber ich lehne ab und sage: „öh öh“, schüttle aber mit dem Kopf. Hat der jetzt nicht verstanden, weil wie kann man den ja ja sagen und dann den Kopf schütteln. Komischer Farang und hält mir die Flasche wieder hin. Ich sage: „no“, erstens wollte ich nicht trinken und zweitens wusste ich wie grausam das brühwarme Zeug schmeckt.
Aber no hat der auch nicht verstanden. Er hält mir wieder die Flasche vor die Nase und sagt; Öh!
Ja wie zum Teufel heißt den Nein auf Thailändisch denke ich mir, grüble in meinem Gehirn nach, finde das Wort aber nicht. Also es gab nur eine Möglichkeit, ich musste mal einen Schluck von der Flasche nehmen damit der Chaot dann weiter fährt.
Er ist zufrieden und gibt Gas. Das Schwungrad macht mir Angst und ich hoffe, daß das Teil auch wirklich fest mit dem Motor verbunden ist und sich nicht irgendwann mal selbstständig macht. Und wie er Gas gibt und der Motor dann so alle zwei Sekunden puff macht, habe ich auch die Befürchtung das mein Wasserbehälter von der Ladefläche hüpft. Denn die Erschütterungen sind so extrem, mann könnte glauben man sei in Berlin während des zweiten Weltkriegs. Einen Auspuff gab es auch nicht und auch die Geräuschkulisse war dementsprechend.
Alle hundert Meter fragte er wieder: Bei nei? Ich sagte dann immer: Trong bei nüng Pan ha roi meter. Ich musste mir aber immer an den Fingern abzählen damit ich auch die richtige Zahl erwische. Ein finger Nüng, zwei Finger song, drei Finger sam und so weiter.
Etwa 500m gefahren hält er mir wieder die Flasche Schnaps hin und sagt: Öh. Da mir immer noch nicht eingefallen ist wie nein auf Thailändisch heißt trinke ich halt das warme Zeug. Und das hatt echt Spuren in meinem Kopf hinterlassen.
Irgendwie findet der Fahrer seinen Tag super schön, gut, ich hatte ihn 100 Bath gegeben und das war ein Tageslohn für den. Also fängt der an zu singen und säuft seinen Schnaps und ich muss jetzt schon alle hundert Meter mittrinken.
Jetzt sind wir gerade mal zwei Kilometer gefahren und ich bin leicht angetrunken. Dann kommt eine Kreuzung. Da müssen wir links ab fahren. Ich weiß wie das heißt: „bei qua“.
Scheiße! Jetzt fährt der nach rechts. Also hatte ich doch rechts und links verwechselt. Aber was nun. Wir fahren etwa 300m weiter, da sehe ich eine Straße die nach links mündet. Die Möglichkeit zu wenden denke ich. Also zum Fahrer gesagt „bei sei“. Gott sei dank, jetzt fährt er in die Richtung die ich wollte.
Er singt weiter und hält mir wieder die Flasche hin mit den gewohnten Wort: Öh
Ok, so nach weiteren 100m wieder eine Strasse links und dann nochmal eine links und dann wieder rechts, so waren wir wieder auf dem richtigen Weg. Jetzt war ich mir auch sicher: qua heißt rechts und sei heißt links.
Wir sind nach einigen Umwegen fast am Ziel, nur noch hundert Meter trennen mich von dem Ort wo ich eigentlich hin will.
Wir sind auf der Hauptstraße die nur knapp 30m am Haus von meiner Frau vorbei führt.
Ich sage: Stop! Doch vergebens. Der singt weiter sein Liedchen und nuggelt an seiner Flasche. Ich wieder Stopp. Das interessiert den gar nicht, weil der denkt ich kann Thai sprechen und das Wort Stop ist dem nicht geläufig. Er hält mir wieder die Flasche vors Gesicht und sagt: „Öh“
Ich fange an nach zu denken wie Stop auf Thai heißt. Aber das wusste ich gar nicht. Denn mein Thailändisch war auf die Frage: Wo finde ich die Toilette und die Wegbeschreibung dahin beschränkt. Und das Wort Stop oder Halt gab es dabei gar nicht. Denn wenn man die Toilette gefunden hatte ließ man es laufen und hat nicht Halt oder Stop gesagt.
Gut, bis ich das alles verstanden hatte war der schon wieder 100m weiter gefahren. So weit wollte ich das Gefäß, also die schwarze unhandliche Tonne dann nicht tragen.
Deswegen ließ ich ihn weiterfahren und habe ihn mit bei qua und bei sei so eie halbe Stunde später wieder an meinem Ziel. Der merkt in seinem Suff gar nicht mehr das wir im Kreis fahren und weil mir immer noch nicht eingefallen ist wie Stop in thailändisch heißt, schmeiße ich meinen Behälter einfach vom Ladewagen und springe hinter her.
Ich glaube der hat das erst bemerkt als er mir wieder die Flasche Schnaps hinhalten wollte und ich gar nicht mehr da war. „Ööh?“