Kapitel 9 – „Apokalyps Now“
Es war jetzt der dritte Tag im goldenen Dreieck und ich hatte meinen Horrorfilm hinter mir. Der verfluchte Gockel macht mich wieder um 0500Uhr wach, draussen stehen auch die ersten Leute schon wieder auf, heute ein bisschen später weil einige noch mit dickem Kopf von der Party.
Der Pickup kommt erst um zehn und somit kann ich weiter schlafen, denn der Gockel hält immer seinen Schnabel sobald es richtig hell ist.
Nur Vater und Mutter von meiner Maus bleiben heute hier und gehen nicht arbeiten. Ich rechne mal nach was mir das gestern abend gekostet hat und das war so wenig, dafür hätte ich in Phuket kein Hotel bekommen. Also beschloß ich ab heute jeden Abend Party. Denn viel konnten die nicht trinken, weil sie ja immer am nächsten Tag arbeiten müssen und es war auch so. Hier gab es keinen Samstag und keinen Sonntag. Die Leute arbeiten wirklich jeden Tag.
Der Pickup kommt, Mamasan ist auch da als Dolmetscherin und wir fahren los. Naürlich mussten noch ein paar Schwestern mit weil geht nich ohne das der Pickup voll ist.
Und so eine Reise geht auch nicht ohne Schnaps, denn das ist für die armen Leute da wie eine Urlaubsreise und was ganz besonderes. Bei jedem dritten Stand wird angehalten und irgendein Mist gekauft. Ob Obst, gegrillte Häncheninnereien oder diese ekelhaften Mistkäfer. Die hauen sich wirklich jeden Mist rein. Nur meine Maus nicht, zumindest ist die wenigstens keine Mistkäfer.
Ich hingegen genieße die Natur und dieses geile Geräusch von den Grillen, das wieder ganz laut zu hören war, also dieses zirben.
Die Fahrt dauerte bestimmt drei Stunden und war mehr mit einer Busfahrt von besoffenen Fussballfans zu vergleichen als wie mit einer Fahrt zum einkaufen.
Gott sei Dank kommen wir irgendwann in Chiang Rai an. Ich konnte das Gekreische von den Weibern nicht mehr hören und als erstes kommen wir an einen Markt der ist so ähnlich wie der im goldenen Dreieck, aber viel viel größer. Ich denke – jetzt bitte nicht wieder „dog al little life“ aber Mamasan gibt schon Entwarnung und erklärt mir das Hunde nur selten und in ganz bestimmten Zeiten gegessen werden. Und in Chiang Rai mit Sicherheit nicht.
Der Markt war wirklich riesig und es gab da alles. Nur nichts für mich. Ich wollte ein Stück Brot mit einem Stück Schinken oder was ähnliches – gab es alles nicht. Die Kartoffeln waren hier ein bisschen billiger und es gab auch Sojamilch. Damit kann ich doch Kartoffelbrei machen mein Gedanke und kaufe das Zeug.
Die anderen kauften nur ganz wenig, Gewürze und bestimmtes Zeug was sie eben in dem kleinen Dorf nicht bekamen.
Dann gab es da auch Kleider und vor allem gab es Unterhosen, da musste ich dann endlich mal zuschlagen weil ich wollte meine 5 Unterhosen nicht ewig anziehen. Noch ein paar T-Shirts und zwei Hemden und ein paar kurze Hosen und schon war ich bedient. Das Zeug war wirklich so billig, das ich in einen Kaufrausch verfiel und jedem ein Kleidungsstück schenkte. Meine Maus bekam natürlich die schönsten und teuersten Sachen.
Irgendwann kamen wir „rein zufällig“ auch an einem Juwelier vorbei. Ich bin kein Geizkragen, mir ging es auch nicht ums Geld. Aber Schmuck ist für mich so sinnlos und überflüssig wie die Eier vom Papst. Da meine Maus aber fordernd vor dem Schaufenster stehen blieb habe ich mich erbarmt und ihr so ein scheiß Goldkettchen gekauft.
Aber darum ging es gar nicht. Mamasan erklärte mir noch im Juwelierladen dass ich den Eltern ein Geschenk machen soll. Ich verstand, also Mama gefragt ob sie denn auch ein Goldkettchen will, besser Mamasan hat das übersetzt. Ja, natürlich wollte sie und schaute mich an welches denn. Es waren einfache Goldkettchen die nach Gewicht bezahlt wurden, also mehr der Wert des Goldes bezahlt wurde als die Arbeit die dahinter steckte.
Hilfesuchend schaute ich Mamasan an und die machte auch heimlich Zeichen, bisschen Dicker, ne zu Dick und so habe ich dann die richtige Größe rausgesucht. Der Vater hat das gleiche bekommen. Ich habe an diesem Tag an die 1000,-DM in diesem scheiß Laden gelassen und innerlich gedampft, weil ich normalerweise keinen Pfennig für so einen Dreck ausgeben würde. Ich hätte der Familie lieber einen Traktor oder ein Auto gekauft und mehr dafür bezahlt, aber Goldkettchen konnte ich nicht ausstehen. Für die war das aber wie Geld auf der Bank.
Jetzt musste wieder Schnaps her, den gab es da auch und gleich mal drei Flaschen mit zurück ins kleine Dorf genommen.
Die Rückfahrt lief noch schlimmer ab wie die Hinfahrt, weil jetzt waren die Weiber total besoffen und haben ihre Klappe überhaupt nicht mehr gehalten. Ich hingegen fragte mich was ich denn noch alles schenken muss, vielleicht noch ein Haus bauen oder was?
Egal – der Schnaps tat seine Wirkung und das Gekreische der Weiber hat mich auch im Bann und so kommen wir ziemlich fröhlich zurück zum Elternhaus.
Ab unter die Dusche und das scheiß kalte Wasser hätte auch Tode wieder zum Leben erweckt, mich hat es wieder nüchtern gemacht.
Die Vorbereitungen für das Abendessen liefen wieder und ich wollte diesesmal dabei sein.
Ich wollte ja meinen Kartoffelbrei machen.
Die hatten mir auch versprochen keine lebenden Fische mehr ins heiße Wasser zu werfen und alles was da gekocht wurde war jetzt auch tod. Essen konnte ich trozdem nichts, nur der Gammelreis, der sich als Kau Nio (Klebreis) herrausstellte und jetzt mein absoluter Lieblingsreis ist, den konnte ich vorsichtig essen. Mein Kartoffelbrei ist mir mißlungen und war nicht genießbar.
Irgendwann kam Mamasan nochmal auf mich zu und erklärte mir die Eltern von der Maus wollen mit mir reden. Alles klar denke ich, jetzt wollen die ein Haus.
Also mit allen Forderungen gerechnet und hatte mir vorgenommen ruhig zu bleiben. Flüchten konnte ich jetzt ja, weil ich jetzt wusste in welcher Richtung Chiang Rai liegt.
Der Vater redete lange und machte manchmal Verbeugungen, ich verstand erst als Mamasan mir das Übersetzt hat. Er badankt sich sehr für das Geschenk, also die Goldkette und er wäre stolz wenn ich seine Tochter heiraten würde. Auch die Mutter äußerte sich so, bei ihr bemerkte ich aber das sie sehr traurig war wenn es um dieses Thema ging.
Ich frage erstaunt bei Mamasan nach: „Wie, die lumpigen Goldkettchen waren schon alles“?
Und Mamasan öffnet mir die Augen. Nichts was wir blöden Farangs in euren Büchern lest stimmt, nichts was im TV über Thailand gezeigt wird stimmt, da ist nur ein kleines bisschen Wahrheit dran und wird alles von den Medien übertrieben. Ein Strohhut als Geschenk hätte auch gereicht – das ist alles nur sympolisch und in Thailand werden keine Frauen verkauft.
Mit der Größe des Geschenks zeigt der Mann nur seinen sozialen Status und ich hätte heute bewiesen das ich Millionär bin.
Dann wollte ich noch wissen warum dann der Ehemann von der jüngsten Tochter hier lebt und für die Familie arbeitet. Sie erklärte der ist 23 Jahre alt, hat kein Geld und kann sich keine eigene Wohnung leisten, deswegen wohnt der hier.
Also hast du mich verarscht meine Frage. Nein ihre Antwort, ich habe dich nur glauben lassen was du glauben wolltest.
Gut verarscht aber auch erleichtert begebe ich mich zurück zu meiner Maus und feiere glücklich bis in die Nacht.
Am vierten und fünften Tag waren keine besonderen Vorkommnisse, ich gewöhnte mich langsam an den Dreck, der scheiß Gockel (Hahn) weckte mich wie jeden Morgen punkt vier Uhr und ich beschloss den irgendwann mal zu erwürgen.
Alles was mir auffiel war das sich die eine Schwester am fünften Tag ein Schwein und eine kleine Kuh gekauft hatten. Aber war nichts aussergewöhnliches weil da liefen massenweise Kühe und auch Wasserbüffel durch die gegend. Wir sind auf einem Dorf.
Nur diese ständigen Hinweise ich sollte mal zum Friseur waren irgendwie nervig.
Die kleine Kuh fand ich irgendwie interessant, weil die war ausgewachsen aber so klein, daß sie mehr wie ein Kalb aussah – Stockmaß so um die 120cm. Aber in Thailand war alles ein bisschen kleiner. So auch das kleine Mädel das mir die Nase verbrannt hat, die war wirklich schon 7 Jahre alt, hat sich aber benommen und ausgesehen wie 4 und konnte einfach nie die Finger von mir lassen. Auch die Stimme von der war wie von einem Baby und ich musste immer grinsen wenn sie mir Geschichten erzählt hat die ich überhaupt nicht verstand.
Es war der sechste Tag, der Hurenvogel von scheiß Gockel weckt mich wieder um vier Uhr. Der hatte seinen Käfig auch gleich hinter der Wand von unserem Schlafzimmer. Der machte mich langsam wütend und ich wollte ihn wirklich umbringen. So gegen 0500Uhr hat er mich soweit, daß ich raus gehe und zumindest seinen Käfig irgendwo anders entsorgen will. Am besten irgendwo auf einem Müllhaufen.
Also raus da in Unterhose vor das Haus und indem Moment sehe ich wie die kleine Kuh mit der Nase an einem Pflock vor dem Haus der ältesten Schwester angebunden ist. Der Bruder von meiner Maus auf der einen Seite, der Mann von der großen Schwester auf der anderen Seite und hauen dem armen Viech mit ihren stumpfen Macheten den Kopf ab.
Die Kuh war bei vollem Bewusstsein, die schrie, weil die hackten von oben nach unten und die Kehle, somit auch die Stimmbänder waren noch in Ordnung. Die haben bestimmt eine Minute gebaucht bis der Kopf weg war.
Wer den Film „Apokalypse Now“ kennt und sich an die Szene mit dem Wasserbüffel erinnert, so war das. Aber schlimmer, denn das war real, live und unzensiert. Und vor allem war es für mich Sensibelchen einfach unerträglich. Trotzdem stand ich da, konnte mich vor Schreck kaum bewegen und habe mir das Schauspiel angesehen. Bis zum Schluß!! Der Kopf hängt noch am Seil mit dem die Kuh angebunden war und der Körber fällt. Soviel Blut habe ich mein Leben lang noch nicht gesehen.
Fortsetzung folgt!
PS: Der Horror war damit vorbei, jetzt wird’s wieder lustiger