Kapitel 7 – “Dog a little live”
Mamasan beruihgte mich aber mit dem Verspechen dafür zu sorgen das alles so schnell wie möglich abläuft, also die Papiere und alles was dazu gehört. Und das mit dem Brautkauf sollte ich nicht so ernst nehmen, ist nicht mehr wie eine Geste und halt ein Brauch. Ich sagte darauf, „das mit dem arbeiten für die Familie finde ich gut und damit fange ich auch gleich mal an.“
Ich schnappe mir einen Besen und fange an sauber zu machen, den Müll vor dem Haus zumindest in eine Ecke zu schaffen, kaufe in einem kleinen Laden schräg gegenüber Spülmittel und will auch das Geschirr erst mal entkeimen.
Aber spätestens jetzt wird meine Maus sauer, weil so verliert sie, bzw. die ganze Familie ja ihr Gesicht. Also gespült wird, aber das muss jetzt die jüngste Tochter übernehmen. Die Müllentsorgung wird später von ihrem Mann übernommen. Die jüngste Tochter ist übrigens sowieso für die ganze Hausarbeit zuständig. Sie ist gerade 19 Jahre alt und hat schon ihr erstes (auch letztes) Kind.
Der kleine Junge ist etwa 2 bis 3 Monate alt.
Dann sollte ich was essen, aber das ging gar nicht, das ging fast eine ganze Woche lang nicht, den erstens konnte ich in dem Dreck nichts essen und das was es zu essen gab war für mich nur eklig. Die Leute waren echt arm.
Nachmittags kamen auch die Kinder von der Schule, auch die Kleine die mir die Nase verbrannt hatte war dabei. Also war die doch was älter, dann vielleicht sechs oder sieben Jahre, ich wusste es nicht. Und die hatte irgendwie einen Narren an mir gefressen, glaube die war in mich verliebt. Die kam sofort wieder zu mir, hat sich auf meinen Schoß gesetzt und wieder an mir rumgefummelt. Ich habe dieses mal aber peinlich darauf geachtet das sie mir nicht wieder irgendeinen Finger in die Nase oder sonst wo hinsteckt.
Die kamen nur zum Essen und mussten dann wieder in die Schule. Damals zumindest hatten die Kinder den ganzen Tag Schule.
Meine Maus wollte mir dann die Umgebung zeigen. Der Weg war jetzt soweit von Müll befreit, daß ich mich auch mit Sandalen raus traute. Gut, um diese komischen Krabben musste ich immer einen Bogen machen, weil ich fürchtet das die mir vielleicht in den Fuß beisen.
Etwa 10m vor dem Haus war der Dorfbrunnen, hier holten die Leute damals noch ihr Wasser und mussten das von Hand aus der Erde pumpen. Das fand ich interessant und deshalb musste ich es auch gleich mal ausprobieren, echte Knochenarbeit.
Danach ein weiteres Haus, da wohnte schon die zweitälteste Schwester, die nannte ich im späteren dann immer Chang (Elefant), weil groß und echt schwer, ein richtiger Bumbui.
Rechts daneben ein richtiger Bretterverschlag, also ein Haus so wie ich es mir eigentlich vorgestellt hatte und darin wohnte die nächste Schwester, daneben das Haus von Ihrem Bruder usw. Und irgendwann fragte ich, sind deine Schwestern denn alles verheiratet?
Ja die Antwort nur sie nicht – da hatte ich ja richtig glück gehabt was..... Und so wurde ich dann auch wieder ein bisschen lockerer.
Und alle bis auf zwei wohnten in der unmittelbaren Nähe vom Elternhaus – maximal zwei Kilometer weg.
Und überall, vor jedem Haus der gleiche Dreck, eine Müllbfuhr gab es damals nicht, die wurde erst 2013 eingeführt. Der Müll wurde einfach in den Vorgarten geworfen und irgendwann mal verbrannt. Deswegen auch der Gestank.
Vielleicht 100m vom Elterhaus entfernt kamen wir an einem Holzhaus vorbei, ziemlich gammelig, davor saß eine alte Oma, geschätzt 120 Jahre alt, zumindest dem furchigem Gesicht nach zu urteilen. Die hatte keine Zähne mehr, griff immer in einen Beutel, zog einen Klumpen alten, mit irgendwelchen schwarzen Punkten versetzten Reis raus, formte den zu einem Ball, dunkte in in eine ekelhafte rote Paste die sogar von weiten stank und lutschte genüsslich daran rum. Ich tippte bei den shwarzen Punkten auf Insekten die darin vergehrt waren.
Sie kam mit meiner Maus ins Gespräch, wir setzten uns, sie formt wieder so einen Klumpen von dem Moderreis zusammen und reicht ihn mir. In den Moment musst ich fast kotzen, lehnte aber dankend ab. Sie lachte, weil die sich schon dachte das ich sowas nicht essen werde und ich konnte dabei sehen; die hatte wirklich keinen einzigen Zahn mehr im Mund.
Ein paar Häuser weiter das gleiche Spiel, nur gab es da zum Gammelreis noch kleine Vögel, sowas wie Spatzen im saurem Wasser. Stank auch wieder ekelhaft und ich erklärte meiner Maus, das sie den Gastgebern bitte immer sagen sollte ich wäre krank und könnte nichts essen, bzw. ich hätte gestern zuviel Schnaps getrunken...., den überall sollte ich mitessen.
Und das wurde irgenwie von Haus zu Haus schlimmer, die haben sogar so eine Art Mistkäfer gefressen. Für die eine Delikatesse, für mich ein Alptraum.
So machten wir das halbe Dorf durch und alles was es zu kaufen gab und für mich genießbar war: Mekong und Cola.
Damit ausgerüstet kamen wir dann auch Abends wieder zum Elternhaus zurück. Da wurde schon fleißig gekocht und es war wieder ein riesen Gezeder, die Schwestern und Schwäger alle da und ich dachte schon an Party. Aber das war ganz normal, denn die haben sich jeden Tag abends im Elternhaus getroffen, zusammen gegessen, Fernsehen geschaut und ihre Kinder abgeholt. Fernseher und Stereoanage war auch eine gemeinschaftliche Anschaffung der ganzen Familienmitglieder. Nur was es da zu essen gab war für mich wieder nicht genießbar, trotz sauberem Geschirr. Und vor allem saßen die alle auf den Boden, jeder hat mit seinen Drecksgriffeln über all und in jeder Schüssel rumgelangt und sowas geht für mich einfach nicht.
Alles was mir half war Schnaps und davon reichlich. Meine Maus hat aber diesen ekelhaften Fras auch gegessen. Und vor allem hat die auch diesen grausamen Gammelreis genüsslich in sich rein gestopft. Ich dachte, die küsse ich nie wieder.
Aber der Schnaps tat seine Wirkung und ich hatte jetzt schon 30 Stunden lang nichts mehr gegessen so dachte ich mir, wenn die das essen kann, dann kann ich es zumindest mal versuchen – wird mich ja nicht gleich umbringen.
Sie formt mir so einen Klumpen, ich schaue ob der Weg zur Toilette frei ist (falls ich kotzen muss) und stopf das Zeug rein, kaue ein paar mal wiederwillig darauf rum und bemerke, das schmeckt ja fast wie normaler Reis, eigentlich sogar besser. Trotzdem habe ich dem ganzen nicht so richtig getraut und nach dem dritten Klumpen damit aufgehört. Ich wollte erst mal sehen ob ich die Nacht überlebe.
Und um meinen Magen vorsichtshalber zu desinfiezieren wurde auch ein ganzes Glas Mekong pur hinterher gekippt. Das machte mich schläfrig und ich kann mich nur noch an diese kleinen Eiddechsen erinnern, die sich gegenseitig oben an der Decke zofften und auch manchmal runterfielen.
Am nächsten Morgen aufgewacht und ich hatte nur einen Gedanken. Die Leute sind echt alle bettelarm hier und ich liege denen noch auf der Tasche. Gut, die drei Klumpen Reis hatten die jetzt nicht in den Ruin getrieben aber ich wollte leben und Party machen.
Der verfluchte Gockel (Hahn) drausen hat natürlich wieder um vier Uhr so laut gekräht das ich spätestens ab 0500 Uhr kein Auge mehr zu machen konnte. Ich dachte mir irgendwann erwürge ich das scheiß Vieh. Aber ich bin so sensibel in dieser Hinsicht, hätte ich sowieso nie gemacht.
Aber ich will einkaufen und heute Party machen, den Leuten mal was vernünftiges zu Essen kaufen und wecke deshalb meine Kleine neben mir (die konnte damals schon gut schlafen) und sage ihr, heute machen wir Party und jetzt will ich ein Taxi, in einen Supermarkt und dafür einkaufen.
Das mit der Party fand sie wohl gut, aber Taxi und Supermarkt gibt es hier nicht. Ich sage, aber irgendwo muss man doch was zu essen kaufen können. Sie sagte ja, das gibt es, aber da sollte ich besser nicht hingehen – sie geht alleine. Nein, ich gehe damit und bestehe darauf.
Bis die sich fertig gamacht hat, irgendwas mit der jüngsten Schwester abgeklärt hat ist es fast 0700Uhr. Die kleinste Schwester geht und kommt irgendwann mit einem klapprigen alten Moped zurück. Das Ding hat so geeiert, das ich es schon wieder lustig fand damit zum Markt zu fahren. Die Pickups mit denen wir aus Chiang Rai hier her gekommen sind gehörten nicht der Familie, das waren Privattaxis und die musste ich irgendwann später noch bezahlen.
Wir kommen am Markt an, schlendern so ein bisschen darin rum und solangsam verstehe ich warum ich nicht mitkommen sollte. Das Fleisch hängt in dieser Bruthitze frei am Haken, Schweißmücken legen da ungestört ihre Eier rein. Die Fische sind lebendig und zappeln sich manchmal von den Verkaufstischen, Schlangen hängen geheutet am Haken und bluten noch.
So wie man sich das Grauen nur vorstellen kann – für mich ist die Party schon wieder gelaufen.
Aber es gibt auch Eier, Tomaten und für Europäer erträgliche Waren, kein Brot aber es gibt Kartoffeln. Davon will ich natürlich gleich einen Sack kaufen, aber die sind so teuer, daß ich verstanden habe weshalb es in Phuket zu jedem Steak nur sechs Pommes gab. Trotzdem so zwei Kilo nehme ich mit.
Ich kaufe das was ich will und überlasse das mit dem Fleisch und dem Fisch mal lieber meiner Maus, die ist diesen Anblick gewohnt und kann damit auch besser umgehen.
Irgendwo am Ende des Marktes sehe ich einen Stand mit Hunden, da sind sogar deutsche Schäferhunde dabei. Einer verhandelt gerade über den Preis und ich denke noch, ja so ein deutscher Schäferhund ist eben ein guter Wachhund. Der Typ bezahlt und bekommt seinen Hund. Der Händler nimmt einen Knüppel, haut dem Hund damit eine über den Schädel, dann nochmal einen auf die Schnauze, dann bekommt der Hund noch eine Plastiktüte über den Kopf gezogen und wird halb lebendig auf ein Moped gepackt.
Ja, wir sind hier im Dreiländereck von Thailand, Laos und Birma, also im goldenen Dreieck und hier nennt man diese Spezialität
„dog a little life“.
Mir ist jetzt alles Vergangen und ich fange an die Menschen da zu hassen. Wo bin ich hier nur gelandet?
Fortsetzung folgt