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Thailand Die Strasse, die Bangkok zur Stadt machte

Iffi

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18 Oktober 2008
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Der Saphan Taksin Pier

Dieser Pier liegt direkt unter der BTS Taksin Station und ist ein sehr geschäftiger. Besonders vor und nach den Bürozeiten. Ansonsten mischen sich zu allen Tageszeiten Touristen unter die Bootspassagiere.

Vom Boot aus gesehen...

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Im Schatten unter der Brücke versammeln sich gerne Straßenhändler.

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Wie man am besten den relativ teuren Booten aus dem Wege gehen kann und die „Volksboote“ nicht verpasst, möchte ich hier als meine eigene simple Methode beschreiben, denn mit den verschiedenfarbigen Flaggen hatte ich so meine Probleme.

Manche Boote haben gleich mehrere von diesen selben gehisst und nicht auf allen teueren Touristenbooten lassen sich die Grossbuchstaben: „Tourist“ oder so ähnlich erkennen.

An den Piers, wo besonders viele „Pusher“ unterwegs sind und es nicht so ganz klar ist, wer denn nu die Tickets für die Linienboote verkauft, achte ich darauf, ob da nicht vielleicht eine Dame an einem kleinen Tisch sitzt und Fahrkarten für unter 10 Baht verkauft, wo sich halt die Einheimischen anstellen und nur mit Kleingeld bezahlen. Dann reihe ich mich ein, lege meine 6 Baht oder so auf den Tisch, merke mir ein paar Gesichter, die dies auch tun und folge denen dann einfach auf das Boot ihrer Wahl. Gerade am Sathon Pier war ich damit bisher immer erfolgreich. An anderen Piers kann es aber ein bisserl komplizierter sein, wenn dort Boote aus allen möglichen Richtungen anlegen.

Der Pier

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Diese Boote sind natürlich unverwechselbar für Individualreisende. Man kann sie heuern

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Interessante Motoren

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Es halten auch Boote der 5 Star Hotels an diesem Pier. Für Hotelgäste sind sie umsonst.

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Ansonsten halte ich es für kurzweilig, sich einfach mal das Treiben an diesem Pier anzuschauen. Dieses Kommen und Gehen, das An- und Ablegen der Boote und überhaupt den Chao Phraya direkt an seinem Ufer zu erleben. Bis 2007 gab es dort eine Getränke- und Kaffeebude mit hervorragendem Eiskaffee. 2008 war sie leider verschwunden. Vielleicht gibt es sie heute wieder.
 
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Palm

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19 März 2011
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Danke Iffi, dieser Bericht macht Lust mal wieder länger in Bangkok zu verweilen.
 
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Iffi

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18 Oktober 2008
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Khlong Sathon Mündung

Die Mündung des Khlong Sathon in den Chao Phraya Fluss befindet sich gleich am Pier und unter der BTS Taksin Station.

Wie so viele bereits zugeschüttete Khlongs wurde auch dieser Khlong von einem chinesischen Geschäftsmann finanziert und erbaut, der dadurch Landrechte entlang des Kanals erwarb und später sogar geadelt wurde.

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Die Schleuse sieht irgendwie Hi-Tech aus

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Der Khlong Sathon ist der einzig übrig gebliebene Khlong, der von der Thanon Charoen Krung in die moderne Innenstadt führt. Auch er wird heutzutage nicht mehr verkehrsmässig genutzt, so wie es einmal typisch war.

Khlong Sathon um
1950

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Folgende Khlongs auf dieser Karte sind inzwischen zugeschüttet

  • Hualampong
  • Siphaya
  • Suriwong
  • Silom
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Es waren diese „Kanal“-Strassen auf der Karte, an denen entlang die erste moderne Stadterweiterung stattfand. Besonders die Silom Road spielte mit seinen Banken, den Airline Büros, Hotels, Shopping centers, Versicherungsgebäuden und internationalen Firmensitzen anfangs eine herausragende Rolle. Aber das ist heute nur noch relativ.

Alles änderte sich in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts schlagartig. Neue noch viel modernere Brennpunkte entstanden und die Stadt wuchs nicht nur in die Breite sondern ganz besonders auch in die Höhe. Die ersten Skylines entstanden. Letztere aber nicht vor Ende der 80er. So unglaublich das klingt.

Ich weiss noch, wie enttäuscht ich 1985 war, als ich zum ersten mal vom Don Mueang Airport in die Stadt fuhr. Kein einziger Wolkenkratzer weit und breit. Ein paar wenige Hochhäuser schon, aber Wolkenkratzer waren das noch lange nicht. Auf dem gesamten Weg in die Innenstadt kam ich mir vor wie in den Vororten von Düsseldorf oder Köln, von den vielen herausragenden und bunten Wat-Giebeln mal abgesehen und fragte mich ständig, wann wir denn endlich in der Innenstadt sind, obwohl wir schon mittendrin waren.

Das alles fällt heute unter die Kategorie: Es war einmal…

Heute ist die Skyline riesig und beeindruckend und der Khlong Sathon nur noch ein schmaler Kanal, der die beiden Fahrtrichtungen der Thanon Sathon trennt. Es ist die Strasse mit den heute höchsten Property Preisen in Bangkok und den modernsten Wolkenkratzern.

Medium 412281 anzeigen

Begeben wir uns nun auf den südlichen und letzten Abschnitt der Thanon Charoen Krung. Oben die Saphan Taksin, unten die Saphan Rama III.

Medium 412294 anzeigen

über die Rama III Brücke hinaus habe ich es noch nicht geschafft. Es gibt aber noch ein kleines Teilstück der Thanon charoen Krung, welches sich heute noch Thanon Tok nennt, von der Rama III Brücke bis an das Flussufer führt und dort endet. Davon später mehr, denn alleine der Name „Tok“ ist erklärungswürdig…
 

Iffi

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Geballte History an einem Ort

Besonders über den Teil unmittelbar angrenzend an die Saphan Taksin lässt sich viel erzählen.

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Die Ruine des Unique Towers ist gleich unterm Schriftzug Soi 52 zu erkennen.

Leider sind in den letzten paar Jahren einige historische Spuren für immer getilgt worden. Namentlich die der Soi 52, auch Soi Wanglee genannt. Die gibt es seit etwa 2009 nicht mehr. Dabei war sie eine der Kernpunkte der Thanon Charoen Krung. Wir werden sehen inwiefern.

In den folgenden vier Berichten werden wir etwas näher auf diese vier eng beieinander liegende Örtlichkeiten eingehen.

Ein leicht zu übersehender historischer Chinesischer Tempel

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Soi 52, Soi Wanglee

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Wat Yannawa

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Ruine Unique Tower


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joleg

irtigfe pfidere
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9 April 2015
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@Iffi besten Dank für die Erzählung über die Khlong Sathon Mündung. - Wieder was dazu gelernt. :daume
 
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Iffi

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18 Oktober 2008
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Thanon charoen Krung - Ein Kleinod gleich neben der Soi 52

In einem Hinterhof befindet sich ein unscheinbarer und sehr kleiner Chinesischer Tempel ganz nahe der Taksin BTS Station.

Auf der Südseite der BTS Taksin Station befindet sich ein Kleinod, welches man leicht übersieht. Selbst der Blick von der Skytrain-Platform in diese Richtung offenbart lediglich ein altes Gebäude.

Nur das Tor mit den Verzierungen und chinesischen Schriftzeichen, in der linken unteren Ecke im Bild kaum erkennbar, lässt erahnen, dass es sich vielleicht einmal lohnt, einen Blick hinein zu werfen.

Medium 412456 anzeigen

Es ist das einzige Gebäude der Soi 52, welches noch steht und es hat auf dieser Seite eine Überraschung parat. Das Gebäude selber hat eine interessante Geschichte. Darauf kommen wir noch zurück, wenn wir die alte Soi 52 betrachten.

Verlassen wir also die BTS Taksin Station auf der Süd-Seite und damit den ältesten modernen Stadtteil Bangkoks: Bangkrak, den Bezirk der Liebe, mit der Silom Road als Herzstück.

Wir befinden uns nun im Bezirk Sathon, ehemals und bis 1989 Yannawa genannt. Auch der „Unique Tower“ und das Wat Yannawa befinden sich in diesem Stadtteil.

Wenn man die Thanon Charoen Krung entlang schlendert, läuft man leicht an diesem Kleinod vorbei. Ein Blick durch dieses Tor…

Medium 412433 anzeigen
Medium 412449 anzeigen

…offenbart lediglich ein paar Tische und Stühle einer Garküche. Der Tempel selber versteckt sich im Hinterhof dieses alten Gebäudes. In der Garküche gleich hinter dem Tor kann man seine Nudelsuppe stäbeln. Draussen die Thanon Charoen Krung

Medium 412448 anzeigen

Ich selber bin durch eine Abrissaktion in der Soi 52 darauf aufmerksam geworden, die 2007 einiges Aufsehen in Bangkok erregte. Als ich für einen Bericht über die Soi 52 recherchierte, fand ich nur noch eine völlig leergeräumte Strasse vor, kein Stein mehr auf dem anderen, ausser dem Haus an der Ecke im ersten Bild oben. Durch den Abriss der Häuser in dieser Strasse wurde von der Soi 52 aus der Blick auf die Giebel dieses chinesischen Tempels frei, den ich vorher immer übersehen hatte.

Giebel von der Soi 52 aus gesehen. Vorher waren sie durch eine Häuserreihe in der Soi 52 verdeckt.

Medium 412450 anzeigen

Chinesischer Tempel der Überseereisenden

Dieser Name ist eine Erfindung meinerseits. Den richtigen Namen kenne ich nicht. Nur so viel sei jetzt schon verraten. Er befindet sich auf historischen Grund. An einem Ort, wo unzählige Chinesen das erste mal im 19. Jahrhundert den Boden Bangkoks betraten. Hier dankten sie ihren Göttern und verstorbenen Vorfahren für ihre erfolgreiche Überfahrt und teilten ihren Ahnen mit, dass sie sicher im gelobten Land angekommen seien und sich ihrer würdig erweisen werden.

Treten wir also durch das Tor, vorbei an den Tischen und Stühlen der Garküche.

Der Tempel ist klein aber sehr künstlerisch mit Sorgfalt ausgestattet

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Teile der Dachverzierungen linke Seite

Medium 412452 anzeigen

Rechte Seite

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Die Hafenlaterne im Vorhof ist eine Reminiszenz an alte Zeiten, als hier noch das Herzstück des alten Bangkok Hafens war.

Medium 412455 anzeigen
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Als die erste grosse Chinesische Einwanderungswelle in der Ratanakosin-Ära genau hier am alten Bangkok Hafen ab 1860 zum ersten mal auf den Boden Bangkoks schwappte, befand sich an dieser Stelle wohl nur ein Schrein aus Holz, in dem die chinesen voller Dankbarkeit ihre Räucherstäbchen anzündeten, die den anheimelnden Duft ihrer verlassenen Heimat in der Fremde verströmten. Der Tempel in seiner heutigen Form wurde vermutlich erst 50 Jahre später erbaut.
 

Iffi

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Im Inneren

Nahaufnahme. Diese Figuren auf dem Hauptaltar sind recht klein. Hinter ihnen mag sich eine interessante Geschichte verbergen

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Das Innere des Tempels ist recht bunt mit den typisch vorherrschenden Farben Rot und Gold.

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Ich war der einzige Besucher, mutterseelenallein. Die Götter und die lange verstorbenen chinesischen Ahnen zogen mich in ihren Bann, mehr noch, ich fühlte mich von ihnen beobachtet und begutachtet. Seltsam.

Trotzdem schaute ich mir schamlos alles aus der Nähe an, zückte mein Kamera hier und dort, aber das Gefühl durchleuchtet zu werden, liess nicht nach. Im Gegenteil. Es nahm sogar zu. Beinahe hätte ich vor schleichendem Unbehagen ein Liedchen vor mich hingepfiffen.

Als ich mich einmal kurz Richtung Eingang umwandte, sah ich eine Gestalt in einer Ecke sitzen. Im Schummerlicht hatte ich ihn nicht bemerkt. Ein sehr alter Mann sass stumm und starr an einem Tisch auf einem bequemen Sessel. Nur seine Augen folgten meinen Bewegungen. Meine Enttäuschung, oder gar Erleichterung, darüber verbergend, dass es wohl nicht die Götter waren, deren Aufmerksamkeit ich zu spüren vermeinte, deutete ich auf meine Kamera und fragte: „OK?“

Er antwortete daraufhin mit einer Salve von „OK, OK, OK.....“ gefolgt von einem nichtendenden Redefluss in Thai mit freundlichem Gesicht. Es gelang mir nur kurzzeitig Interesse zu heucheln, denn ich habe fast nichts verstanden, ausser seinen gelegentlich eingestreuten OKs.

Hat er mir von seinem Ur-Grossvater erzählt, der hier Achtzehnhundertsowieso an Land ging? Wer weiss, vermutlich nur über das Wetter, oder ob ich etwas spenden wolle, wo ich herkäme, wie alt ich sei und ob ich denn immer noch als Weisshaariger einen hoch bekäme, etc.

Als ich mich schliesslich mit einem höflichen Kopfnicken von ihm verabschiedete, rief er mir ein begeistert grinsendes „OK, OK“ hinterher. Am Abend wird er wohl seinen Enkeln erzählt haben, welch anregendes Gespräch er mit einem Farang, sogar in dessen Sprache, geführt hat.

Dieses Wat, eigentlich mehr ein Haustempel, könnte für einen Unwissenden nicht unbedeutender sein. Damit meine ich nicht nur Touristen, sondern auch Einheimische. Nur ein unbedeutender Ort. Schön, auch mal sowas gesehen zu haben. Nicht der Rede wert. So mancher Ansässige der älteren Generation, der sich mit der Geschichte dieses Tempels auskennt, mag dem nicht unbedingt zustimmen.

Medium 412441 anzeigen
Ein paar Monate lang 2006/2007 interessierte sich sogar die Presse für diese Gegend. Die „Kardinäle“ der Sangha (buddhistische Mönchsgemeinde) fanden sich plötzlich auf der Rechtfertigungsseite. Politiker gaben Erklärungen ab. Menschen demonstrierten in der Thanon Charoen Krung und legten den Verkehr lahm. Das „Fine Arts Department“ roch Verrat an der Stadtgeschichte. Der Abt von Wat Yannawa hatte nämlich beschlossen, die Soi 52 an Investoren zu verhökern, was eine Vertreibung der Alteingesessenen bedeutete und den Abriss ihrer über 100 Jahre alten Häuser und Geschäfte.

Wenn ich in der Umgebung bin, gehe ich hin und wieder mal in diesen Tempel und lasse mir im Geiste von seinem Spirit uralte Geschichten erzählen. Den alten Mann habe ich nie wieder gesehen. Ich habe beschlossen, dass es ihm „OK“ geht.

Sein Stuhl blieb bei all meinen Folgebesuchen verweist

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So soll denn die Einkehr in diesen Chinesischen Tempel den Leser auf eine faszinierende Geschichte vorbereiten. Der Geschichte der Soi 52, auch Soi Wanglee genannt...
 

Iffi

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Thanon Charoen Krung - Soi 52

Soi 52 Strassenschild im Bezirk Sathon. Bis 1989 noch Yannawa Bezirk genannt

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Diese Nebenstrasse der Charoen Krung (New Road), eigentlich eine Sackgasse, die am Fluss endet, liegt ganz in der Nähe der BTS Station Saphan Taksin und verläuft entlang des Wat Yannawa bis hinunter zum Chao Phraya Fluss.

Auch diese Soi übersieht man leicht, da der Eingang zum Wat Yawanna eine viel imposantere Anlaufstelle ist. Wozu sich in eine schmuddelige und völlig uninteressante Gasse verdrücken, wenn gleich daneben eine Sehenswürdigkeit lockt?

Was machte diese Gasse denn so interessant? Warum ist sie überhaupt erwähnenswert?

Es ist ihr zweiter Name, der es in sich hat.

Soi Wanglee

Bevor ich auf diesen Name eingehe, möchte ich zunächst auf den historischen Hintergrund dieser Gasse eingehen. Dazu müssen wir uns ins 19. Jahrhundert begeben. In eine Zeit der Dschunken und chinesischer Einwanderer. Völlig ungehindert von irgendwelchen Visumbestimmungen gingen genau hier am Fluss bis ungefähr 1930 jährlich Tausende von Chinesen von Bord und suchten ihr Glück in der aufstrebenden Königsstadt. In der Zeit zwischen 1870 und 1890 waren es 10-Tausende pro Jahr. Das, was man zu jener Zeit Bangkok-Stadt nennen konnte, nämlich die unmittelbare Umgebung der Thanon Charoen Krung, platzte aus allen Nähten.

Bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts hinein machten die Chinesen knapp 50% der Bevölkerung Bangkoks aus, wie unter König Chulalongkorn, Rama V, erstellte Bevölkerungsstatistiken zeigen.

Genau hier an der Soi 52 wurden sie von Verwandten, Bekannten oder zwielichten Gestalten empfangen oder verabschiedet. Hier zündeten sie im Vorgänger-Schrein des kleinen Chinesischen Tempels, den wir im vorherigen Bericht besucht haben, ihre ersten Räucherstäbchen in der Fremde an.

Ein Foto von vor dem 2.Weltkrieg, als schon grössere Passagierdampfer zwischen China, Hongkong, Singapur und Thailand verkehrten und der Bangkokhafen noch nicht nach Khlong Toy verlegt war, vermittelt eine leise Ahnung, wie lebendig es hier einmal war.

Passagierhafen an der Soi 52 etwa 1920

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Ab 1870 lag hier ein typisches Hafenviertel mit all seinen Begleiterscheinungen. Bordelle, Spielhöllen und Opium Dens. Eine Chinesische Gang hielt die Gegend und deren Einwohner fest im Griff. Des nachts für Fremde eine sehr gefährlicher Ort.

Ein Bild von etwa 1930 zeigt die Soi 52 nach ihrer Erneuerung mit Steingebäuden. und ermöglicht uns gleichzeitig einen Blick auf die Umgebung.

1930

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Von links nach rechts:

  • Mündung des Khlong Sathon in den Chao Phraya. Dort wo heute die Saphan Taksin den Fluss überspannt und die BTS Station Taksin liegt.
  • Genau in der Bildmitte die Soi 52 mit den geschlossenen Häuserreihen auf beiden Seiten
  • Lagerhallen drumherum
  • Rechts am Bildrand ist gerade noch der Haupttempel von Wat Yannawa zu erkennen
  • Im Vordergrund eine Anlegestelle des ehemaligen Bangkok Ports.

Hier noch ein Bild von der Höhe des Oriental Hotels aufgenommen, aus Zeiten, als es noch keine Taksin Brücke gab, vom Shangrila Hotel noch niemand träumte und immer noch Reis-Bargen an der Soi 52 ankerten.

Blick auf die noch nicht existierende Taksin Brücke, weit vor deren Einweihung im Jahre 1982

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Links unten die verzierte Giebelspitze des East Asiatic Company (EAC) Gebäudes

Heute erinnert nichts mehr an diese turbulenten Zeiten. Es sei denn, man stolpert über versteckte Zeugnisse aus dieser Epoche und weiß sie zu deuten. Vorbei die Hafenzeiten an der Soi 52. Vorbei das ständige Kommen und Gehen chinesischer Glückssucher. Vorbei das Beladen der Reisbarken mit Tonnen von Reis aus den einst nahegelegenen Reismühlen für den Export. Vorbei die Gefahr am Qualm unzähliger Räucherstäbchen in dem kleinen chinesischen Haustempel des alten Hafens zu ersticken.

Die 80 Jahre alten Steinhäuser im Gründerstil, die 1927 die ursprünglichen Holzhütten ersetzten, gibt es seit Ende 2007 nicht mehr. Nur das Eckhaus steht noch. 140 Jahre Bangkok-Geschichte ausgelöscht. Oder vielleicht doch nicht?

Im nächsten Teil widmen wir uns den letzten Tagen der Soi 52, begeben uns auf Spurensuche, werfen einen Blick auf die Schlagzeilen in den Medien und erfahren endlich, was es mit ihrem zweiten Namen auf sich hat...

...dem Namen: Soi Wanglee
 

Iffi

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Thanon Charoen Krung - Soi 52 - Die Wanglees

Die Soi 52 ist eng mit der Familie Wanglee verbunden. Ihr Gründervater betrat hier um 1871 zum ersten male festen Boden in Thailand.

Sein Name war Chen Cihon, 1843 - 1921. Wie so viele chinesische Einwanderer übernahm auch die cihon Familie im Laufe der Zeit siamesische Namen. In diesem Falle: Wanglee.

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Es war die Wanglee Familie, die 1927 die uralten Holzgebäude in der Soi 52 durch eine Doppelreihe von zweistöckigen Steinhäusern ersetzte. Ab dann bekam die Soi 52 den Beinamen: Soi Wanglee. Das Design stammt von einem französischen Architekten. Die vier Gebäude an den Enden der zwei Häuserreihen waren jedoch dreistöckig, also im Vergleich erhöht, was der Strasse symbolisch das Aussehen einer chinesischen Dschunke verleiht, wie man nachträglich hineininterpretierte.

Derzeit war Reishandel das Hauptgeschäft der Familie. Sie besassen mehrere Reismühlen am anderen Ufer des Flusses.

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Diese Geschichte der chinesischen Einwanderer Familie Wanglee ist nicht ungewöhnlich für Bangkok. Es fing mit Reishandel an. Heutzutage beherrschen die Wanglees ein riesiges Wirtschafts-Imperium. Genauso wie andere china-stämmige Familien Bangkoks auch. So sind zum Beispiel die central Kaufhauskette und einige Banken fest in den Familien-Händen von Nachfahren chinesischer Einwanderer. Auch in vielen hochrangigen Familien in der „Elite“ Bangkoks fliesst chinesisches Blut. Seien es Militärs, Royals oder im Vorstand renommierter staatlicher oder privater Grossfirmen.

Das heute sichtbarste „Wanglee" Zeichen ist der 32 Stockwerke hohe Sathorn Thani Komplex. Er gehört den Wanglees und steht auf familieneigenem Grund und Boden. Auf dem Dach prangen nun die blauen und grünen Farben der Bank Standard Charter PLC, früher Nakornthon Bank

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Viele Stockwerke des Gebäudes sind von den unterschiedlichsten Firmen der Wanglees belegt. Dieser Sathon Thani Tower ist sozusagen ihr Arbeitsplatz.

Vorawee Wanglee, CEO der früheren Nakornthon Bank, in der Chef-Etage des Sathon Thani Towers. Eine goldene Dschunke in seinem Büro soll an alte Zeiten erinern.

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An diesem Ort, dort wo die Skytrain in die Thanon Sathon abbiegt, befand sich einmal eine ihrer ersten Privatresidenzen, damals noch im Grünen, als es geschäftlich noch ausschliesslich um Reis ging.

Als die Familie 1927 die Soi 52 an der Thanon Charoen Krung mit Steinhäusern modernisierte, fand eine Umbenennung statt, nämlich in Wanglee Hafen und Soi Wanglee. Es war aber lediglich Betriebsgelände. Gewohnt haben die Wanglees dort nie.

Stattdessen bauten sie eine Wohnanlage im chinesischen Stil auf der anderen Flussseite.

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Sie ist dem alten Familienstammsitz in China nachempfunden. Die Wanglees kamen nämlich nicht als verarmte Kulis nach Bangkok, sondern als bereits wohlhabende überseehändler mit der vollen Absicht, den Handel mit Siam zu intensivieren. Den alten Bangkok Hafen an der Soi 52 erkoren sie zu ihrem Handelsknotenpunkt mit Siam.

Nach vielen Jahren der Vernachlässigung des ursprünglichen Handels mit Reis besann sich die 1988 gegründete Chaitip Company Ltd. wieder auf das Kerngeschäft mit Reis. In eigenen Labors wird ständig die Qualität überprüft und wissenschaftlich nach Verbesserungsmöglichkeiten geforscht. Renommierte Hotels, Restaurants und Catering Firmen werden von dieser Firma mit Agrarprodukten höchsten Standards beliefert. Das Reis-Exportgeschäft dieser Firma blüht wieder.

Der älteste Firmenzweig, nämlich die Wanglee Company, hatte früher den Reis aufgegeben und ist in das Real Estate Geschäft eingestiegen. Das Sathon Thani Hochhaus nennt er sein eigen. Riesige und sauteuere Grundstücke entlang des chao Phraya Flusses sowie entlang der Thanon Sathon gehören dieser Familie.

Das Marriott Resort und Spa auf der anderen Seite des Flusses gehört ihm gemeinsam mit der Royal Garden Resort PLC. Der riesige Komplex der Future Rangsit Shopping Mall in Bangkoks Norden wurde von den Wanglees gebaut und wird von ihnen auf höchster Management Ebene geleitet. Apartment und Bürohochhäuser sind im Bau oder schon fertiggestellt. Auch Versicherungsfirmen gehören zu ihrem Imperium.

Hinzukommen unzählige Firmen, die von den Familienmitgliedern gegründet wurden und ein relatives Eigenleben führen.

Ein gewisser Vuttichai Wanglee ist Hans Dampf in allen Gassen des riesigen Wanglee Konzerns. Die Wanglees wurden von der Presse des westlichen Auslandes einmal die Rockefellers Thailands genannt.

Medium 412725 anzeigen

1995-Present

SATHORN NAKORN CO., LTD. - Bangkok, Thailand

Director


1988-Present

CHAITIP CO., LTD. - Bangkok, Thailand

Managing Director


1988-Present

CHAO PHAYA RESORT (HOTEL & PLAZA) CO., LTD.

- Bangkok, Thailand

Director


1969-Present

WANGLEE CO., LTD. - Bangkok, Thailand

Managing Director


1969-Present

NAVAKIJ INSURANCE PUBLIC CO., LTD.

- Bangkok, Thailand

Director


Andere Rollen

Director, The Rice Exporters Association


Rice Inspection Committee, Board of Trade of Thailand

President of The Rotary Club of Dhonburi (1993/1994)

Rotary Club District Governor 3350 (1999/2000)


Seit 2016 ist Plakom Wanglee der CEO der Standard Charter Bank.

Medium 412723 anzeigen

Die Wanglees haben bisher alle Wirtschaftskrisen unbeschadet überstanden und wie es aussieht, wird das wohl auch so bleiben…
 
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Iffi

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Die einstige Tanzbar an der Soi 52

Die Soi 52 Wanglee war über viele Jahre eine sehr lebendige Hafenstrasse mit Geschäften, Nudelshops und einigen Vergnügungsstätten.

Eine damals sehr beliebte Tanzbar befand sich im 1. Obergeschoss dieses Gebäudes, gleich an der Ecke Thanon charoen Krung. Es steht heute noch. War allerdings ein paar Jahre nicht mehr dort. Auf jeden Fall stand es noch, als die Häuser der Soi 52 schon längst Jahre vorher abgerissen waren


Medium 412727 anzeigen

1951 vergab das Gesundheitsministerium die erste Alkoholausschank-Lizenz für eine Nachtbar überhaupt, nämlich für eine Gaststätte und Tanzbar in diesem Haus.

Ihr Name: Prasitiphon oder Prasitipol Bar

Bis dahin unterlagen solche Stätten wenigen bis keinen staatlichen Kontrollen oder Auflagen. Hier trafen sich nicht etwa heruntergekommene Seeleute und Hafenarbeiter, sondern die vergnügungssüchtige Mittelschicht. Stewardessen und Stewards der Airlines, Geschäftsleute und Offizielle der Stadtverwaltung. Auch Farangs und Expats fanden hier endlich ihr sogar staatlich abgesegnetes Nachtvergnügen. Ala „Private Dancer“ konnte man sich eine Tanzpartnerin für ein paar Münzen mieten und mit ihr über die Tanzfläche schwofen. Eventuelles gemeinsames Nach-Hause-Schwofen nach Dienstschluss oder private Verabredungen zwecks intensivem Kultur- und Saftaustausch nicht ausgeschlossen.

Heute ist dort ein Nudel und Alkohol Shop. Nur die Flaschen in den Regalen erinnern noch an den ursprünglichen Zweck dieser Örtlichkeit. Alkohol im Überfluss.

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Die Tanzbar ist längst geschlossen. Über der Eingangstüre zum 1. Stockwerk steht noch „Please Entertain...Here“. Dahinter führt eine Treppe hinauf. Unten gab man sich konservativ. Oben ging der Affe ab.

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Die Englische Beschriftung deutet auf die Beliebtheit unter den Ausländern hin. Die ehemaligen Besitzer wussten schon, welche Art von Kunden sie ansprechen wollten. Diese Nachtbar könnte ohne weiteres als bescheidenes Vorbild für die spätere Entwicklung in Patpong gelten.

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Wer mag den letzten Drink aus diesen Flaschen getrunken haben? Wie lange ist es her, bevor sie für immer noch halb gefüllt im Regal ihre letzte Ruhe fanden?

 

Iffi

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Thanon Charoen Krung - Soi 52 - Die letzten Tage

Man könnte es fast Ironie des Schicksals nennen, wenn da nicht ein bitterer Beigeschmack wäre. Die Familie Wanglee spendete nämlich bald nach der Fertigstellung der modernen Soi Wanglee, den Grund und Boden der Soi 52 dem gleich nebenan liegenden Wat Yawanna. Die Anwohner blieben davon unberührt. Nach dem zweiten Weltkrieg waren sie es, die mit finanziellen Mitteln diesem Wat wieder neuen Glanz verliehen. Es war zwischenzeitlich recht runtergekommen. Die sich gegenseitig unterstützende Gemeinschaft von Sangha (buddhistische Mönchsgemeinde) und Nachbarschaft funktionierte noch. Aber es sollte anders kommen.

Im Jahre 2003 kündigte die Sangha auf Betreiben des Abtes im Wat Yannawa die Pachtverträge mit den Bewohnern der Soi 52. Ihm lagen schon länger Pläne für eine Umgestaltung und Modernisierung vor und nicht etwa, wie man meinen möchte, eine Erweiterung des Tempelgeländes.

Die Bewohner hatten ein Jahr Zeit, etwas neues zu finden. So manche lebten hier schon in der 3. Generation, wenn nicht noch länger. Die Vorfahren so vieler waren hier einmal an Land gegangen.

Vereinzelte Hauptpächter hatten sich schon vorher abgesetzt und die Unterkünfte und kleinen Geschäfte weitervermietet. Die Häuser verkamen, weil sich die Besitzer im Wissen um den baldigen Abriss kaum mehr zuständig fühlten. Einige unentwegte Mieter kratzten ihre letzten Satangs für einen neuen Farbanstrich und äusserliche Renovierungen zusammen, klammerten sich verzweifelt an ihre Heimstätten seit Generationen.



Nach Protesten der Anwohner wurde die Frist um ein weiteres Jahr bis 2005 verlängert. Während dieser Zeit wurde die Pacht und Miete an die Sangha ausgesetzt. Aber ich bin mir sicher, dass die Weitervermieter weiterhin ihre Untermieter abkassierten. Money for nothing.

Währenddessen verfiel die Soi immer mehr. Wer konnte, verliess diesen Ort.

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Es sollte aber noch weitere 2 Jahre dauern, bis die Bulldozer und Abrissglocken der Soi 52 den Garaus machten. Gegen Ende 2007 begannen sie ihr Werk. Vorher kam es zu mehreren tumultartigen Demonstration auf der Thanon Charoen Krung. Nicht wenige Leute in Bangkok zeigten ihre Solidarität mit den Anwohnern und gesellten sich zu ihnen. Einige protestierten auch gegen die Vernichtung eines historischen Erbes. Sie kämpften umsonst. Gerade mal 1927 erbaut, erfüllten diese Häuser noch nicht das Kriterium eines Alters von 100 Jahren. Eine Voraussetzung um in Bangkok eventuell als schützenswerte Bausubstanz zu gelten.

Während des Abrisses. Im Hintergrund das Wat Yannawa

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Ende Dezember 2007 sah es dort so aus. Alles platt.

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2010

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2012 - Auf diese 49 Stockwerke hohe Bauruine kommen wir noch zurück…

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Nur ein einziges Eckhaus steht noch an der Thanon Charoen Krung - Soi 52. Nämlich genau das, welches wir schon von der BTS Station Taksin aus gesehen haben, in dessen innerem sich einmal eine der ersten lizensierten Nachtbars befand und in dessen Hinterhof sich der kleine Chinesische Tempel befindet.

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Man beachte das Protest-Plakat an diesem Eckhaus. Laut Plänen, die dem Abt vorlagen, sollten hier zwei riesige Hoteltürme hingesetzt werden.

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Iffi

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Thanon Charoen Krung - Soi 52 - Die Zukunft?

Seit Mitte 2006 genoss die Soi 52 rege Aufmerksamkeit in der Presse. Die Bewohner, unterstützt durch so einige Bangkok-Bürger, gingen protestierend auf die Strasse und sorgten für Schlagzeilen. Das Thema wurde und wird kontrovers diskutiert.

Für die ärmsten der Bewohner und besonders für die ausländischen Romantiker ist es die Geldgier der Äbte von Wat Yannawa, die, konträr zur Buddhistischen Lehre, nach Profit gieren und sich gegen die Menschen richten, denen sie eigentlich Trost spenden sollen.

Dies ist zwar sicherlich eine zulässige Betrachtungsweise, und wer die wirklichen Machtverhältnisse innerhalb und hinter der Sangha kennt, wundert sich nicht darüber. Im demnächst folgenden Bericht über das Wat Yawanna werden wir in diesem Zusammenhang etwas Licht hinter die Kulissen werfen.

Für das Department of Fine Arts ist es in gespielter Empörung ein Frevel, diese historischen Häuser abzureißen, anstatt sie zu renovieren. Als einzig zuständige Institution konnte sie sich allerdings nicht dazu durchringen, die Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen.

Der BMA (Bangkok Metropolitan Administration) scheint es völlig egal zu sein. Im Gegensatz zu anderen Straßenschildern, die neben der Nummer oft auch den gebräuchlichen Namen der Soi erwähnen, hält sie es nicht für nötig, die Bezeichnung Wanglee neben der 52 zu erwähnen.

Für die “Faculty of Architecture” der Silpakorn Universtät war es mehr als bedauerlich, dass die historischen Spuren des einstigen Bangkok-Hafens auf solch ignorante Art und Weise getilgt werden sollten. Sie machte wenigsten einen Vorschlag für eine sinnvolle Erneuerung dieses Viertels.

Dieser ausgearbeitete Vorschlag zeigt, wie es einmal aussehen könnte, wenn nicht doch, wie gemunkelt, eine riesige Hotelanlage hier entsteht.

Nach diesem Vorschlag wird der alte Stil beibehalten. Demnach könnte es eine Flaniermeile bis hinunter zum Fluss werden, vielleicht noch ergänzt mit einer Uferpromenade von der Saphan Taksin bis hinter das Wat Yannawa. Mit Geschäften und Restaurants auf ebener Erde, Wohnungen in den Obergeschossen und einem Museum, welches an die lebendigen Hafenzeiten erinnert. Wir werden sehen, ob die Vernunft und Lebensqualität an diesem Ort wieder einkehren.

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Irgendwelche Bauarbeiten haben, so viel ich weiss, bis heute nicht begonnen.

Als nächstes besuchen wir das Wat Yannawah…
 

Iffi

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Das Wat Yannawa

Blick von der Platform der BTS Station Taksin

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Neben anderen Indizien und Fakten gibt auch dieses Wat Anlass, die Geschichte Bangkoks nicht erst mit 1782 beginnen zu lassen. Bangkok vorher war eben nicht nur eine „Chinesen-Siedlung“, wo wilde Pflaumen wuchsen, sondern ein Handelsstützpunkt mit Befestigungsanlagen und Hafen. Neben weiteren buddhistischen Tempelanlagen im Stadtgebiet ist das Wat Yannawa älter als die Königsstadt und existierte schon zu Ayutthaya-Zeiten. (wie z.B. auch das Wat Suwannaram am Khlong Noi) Deren Alter reicht mindestens in die Zeiten von König Narai, Regierungszeit 1656 – 1688, zurück. Ihr Aussehen hat sich über die Jahrhunderte mehrere male geändert, es gab auch Zeiten, wo sie dem Verfall anheim fielen.

So auch während der Regentschaft der ersten Chakri Könige. Erst Rama III, Regierungszeit von 1824 – 1851, liess dieses Wat von Grund auf renovieren und fügte eine Besonderheit hinzu, die man recht selten in Thailand findet. Nämlich einen Viharn in der Form einer Chinesischen Dschunke. Diese sind ein Symbol für Bangkoks Wachstum und Reichtum. Als die ersten Dampfschiffe eine neue Zeit einläuteten, die Dschunken immer seltener wurden und die aus Übersee völlig verschwanden, beschloss Rama III, ihnen ein Denkmal zu setzen.

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Von nun an hieß dieses Wat: Yannawa

Yan = Fahrzeug

Na wa = in Bezug aufs Meer, wassertauglich oder so ähnlich

Man mag es als „seetüchtiges Fahrzeug“ übersetzen.

Eine Inschrift mit den königlichen Worten von Rama III besagt frei übersetzt:

„Diejenigen, die wissen möchten, wie eine Dschunke aussieht, denen sei hiermit ein Blick gewährt.“

Im Volksmund wird dieses Gebilde gerne Sampao Chedi genannt

Sampao Chedi = Dschunken Chedi

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Innen

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Der alte und vermutlich ursprüngliche Name des Wats lautete: „Wat Kok Kwai“, was soviel wie „Tempel am Büffelstall“ bedeutet. Mit dem Ausbau Rattanakosins als Königssitz klang diese Bezeichnung aber zu volkstümlich und gewöhnlich. Die ersten Chakris benannten dieses Wat in „Wat Kok Krabue“ um, was zwar das gleiche bedeutet, aber der Hochsprache des Königshauses entliehen ist.

Das Uboso oder Bhot, der älteste Teil der Anlage und der Haupttempel. Links im Bild die Mönchsbehausungen

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Innen

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Iffi

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Das Wat Yannawa und die Sangha als Instrument der Reichen und Mächtigen

Nach der Zerstörung der Soi 52 (Wanglee) Ende 2007 finden wir hier vorläufig mit dem Sampao Chedi eine letzte Reminiszenz an die Zeiten, als die Chinesen in Scharen an dieser Stelle Bangkoks Boden zum ersten mal betraten, an der alten Sandpiste entlang der späteren Thanon Charoen Krung die Stadt bevölkerten, den Handel in ungeahnte Höhen trieben und sich auch anderweitig um die Stadt verdient machten.

Die Glanzbroschüren berichten zwar durchgängig, dass dieser oder jener König dieses Wat renovieren ließ und, wie in diesem Fall, einen Viharn in Form einer Dschunke baute, zum größten Teil finanziert wurde die Angelegenheit allerdings von den Chinesen selber. Tatsache ist aber, dass Rama III eine Rieseninitiative startete, die alten, vernachlässigten und meist verfallenen Wats in der Umgebung Rattankosins und auch in Thonburi auf der anderen Flussseite zu neuem Glanz zu verhelfen. Diese wurde von Monkut und Chulalongkorn eifrig fortgesetzt.

Der Sampao Chedi mit dem Unique Tower im Hintergrund

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Der Sampao Chedi mit dem State Tower im Hintergrund

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Rama VI führte 1913 eine hierarchische Klassifizierung der Tempel ein. Sie besteht aus zwei Hauptgruppen, den Royal Tempeln und den Volks-Tempeln. Innerhalb der Royal Tempel gibt es drei Kategorien: die Klassen 1, 2 und 3. Es sind diejenigen Tempel, die auf Initiative des Königshauses wieder hergerichtet, bzw. neu erbaut wurden, oder die das Volk und reiche Spender dem Königshaus geweiht haben. Ihrem Namen hinzugefügt findet man dann Begriffe wie:

  • Ratcha vora maha vihan
  • Ratcha vora vihan
  • Vora maha vihan
Ratcha = König

vora = erhaben

maha = gross

vihan = Gebetshalle (nicht zu verwechseln mit dem Ubosot oder Bot, dem Heiligtum der Tempelanlage)

Das Wat Yannawa ist ein Royal Tempel der 3. Klasse und ziemlich HiSo. Was auch durch diese generöse Versammlungshalle (Sala) zum Ausdruck kommt. Dort finden zuweilen Ausstellungen, Verkaufs Shows und Veranstaltungen mit hochrangigen Vertretern der Sangha und anderen statt.

Die Sala des Wat Yannawa


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Innen


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Man mag sich wundern, wieso die Sangha und besonders ein Abt nach Belieben über solchen Grundbesitz und den dazugehörigen Gebäuden verfügen kann, besonders wenn es nicht um eine Erweiterung der Tempelanlage geht, sondern wie hier, Pläne für ein 5*-Hotel in der Schublade des Abtes liegen. Diese Tempelanlagen sind ja oberflächlich betrachtet Allgemeingut. Oder etwa nicht? Im Prinzip schon, aber...

Wenden wir uns nun dieser Ruine gleich nebenan zu.

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Sathon Unique Tower

Er war mal als der etwas kürzere Zwillingsbruder des State Towers, Ecke Thanon Charoen Krung - Thanon Silom, angedacht. Nur wenige 100 Meter voneinander entfernt hätten sie mal die Royal Charoen Krung Towers geheißen und Zeugnis von der zweiten Bangkoker Bauwelle in den 90ern abgegeben.

Die zum Teil gewaschenen Drogengelder wurden bereits in den 80ern verbaut, jetzt ging es darum, der Welt zu zeigen, dass Thailand zu ausserordentlichen Taten im Rahmen des globalen Aufschwungs fähig war. Ein echter Tiger halt. Das Geld lag auf der Strasse. Die Banken verschleuderten es in der Hoffnung, dass der Höhenflug der Immobilienwerte für immer aufwärts ginge. Selbst die Kleinanleger kratzten ihre letzten Satangs zusammen, begnügten sich temporär mit Nudelsuppe und träumten von Reichtum und besseren Zeiten.

So sollte der kleinere Bruder mal aussehen. 49 Stockwerke. Ein Dom auf dem Dach wie sein Zwilling, drumherum Geschäfte und eine zum Wandeln ermutigende Umgebung. Ein „Turm des aufstrebenden Wohlstandes“ halt. Der Thanon Charoen Krung alle Ehre machend.

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Doch es sollte anders kommen. Ikarus flog zu hoch. Beflügelt durch Übermut und Grössenwahnsinn stieg er in unerlaubte Höhen. Seine Flügelsicherungen aus Wachs kamen der Sonne zu nahe und schmolzen in deren Nähe dahin. Er stürzte ins Meer und starb. Sein Vater Daedalus nannte daraufhin die heutige Insel Sizilien in Gedenken an seinen Sohn, Ikaria. Auch Bangkok hat sein Ikaria.

Der Unique Tower heute

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Davor die nun völlig leergeräumte Soi 52, Wanglee

Eine Betonleiche, unbeliebt bei den Bangkokern und ein Schandfleck in dieser sich ständig erneuernden Stadt. Was war geschehen?

Wir wissen es. Nicht nur der Flügelwachs diese Turmes schmolz dahin. Ganz Thailand stürzte ab. 1997 stellte sich heraus, dass zu viele zu hoch geflogen waren, die Hoffnungen der verführerisch aufgeheizten Wirtschaft nicht standhalten konnten und nur wenige an Fallschirme gedacht hatten.

Der große Bruder State Tower kam mit einem blauen Auge davon. Er wurde zwar erst 2001 eingeweiht, litt aber über zwei Jahre danach unter „Nichtbelegung“. Der kleinere wurde endgültig geopfert.

Heute hat der Name „Unique Tower“ für diese Ruine einen zynischen Beigeschmack. Unique = einzigartig. In der Tat, einzigartig in seiner Hässlichkeit. Im Volksmund wird er „Ghost Tower“ genannt. Es ranken sich so einige Geistergeschichten um diesen Turm, die immer wieder neue Nahrung finden. Besonders nachdem sich einmal ein Farang im Inneren erhängt hatte.

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Wie folgende Bilder schon erahnen lassen, ist der Tower hin.

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Er wurde nie eingemottet, wie z.B. der CentralWord Tower damals während der Krise. Der ist nach langjähriger Pause von der Central Group fertig gestellt worden. Das war nur möglich, weil besonders die freiliegenden Stahlteile einigermaßen konserviert wurden.

Nicht so in dieser Ruine. Hier rostet alles vor sich hin.

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Jeder Bauingenieur wird bestätigen, dass, wenn sich einmal der Rost jahrelang an den aus dem Beton herausragenden Stahlteilen entlanggefressen hat, Schluss mit lustig ist. Der Beton leidet kolossal darunter. Meines Wissens ist das irreparabel. Dieses Ding zu entsorgen, wird eine teure und arbeitsaufwendige Übung sein. Wird wohl nicht auf der Prioritätenliste der BMA stehen.

So wird Bangkok wohl noch viele Jahre lang sein für alle Welt sichtbares Ikaria haben. Ist es ein Mahnmal? Nein. Hat irgendjemand etwas daraus gelernt? Nein. Wird sich die Geschichte von Ikarus ewig wiederholen? Ja, solange es Menschen gibt.

Die Ewigkeit wird eines Tages ohne uns Menschen auskommen müssen. Bedauern wird sie es sicher nicht. Wir sind ja nur ein Augenzwinkern im Weltenlauf. Die Dreier-Gang Lord Brahma der Schöpfer, Vishnu der Erhalter und Shiva der Zerstörer lassen grüssen und grinsen sich einen ob der Einbildung der Menschen, ewig zu sein.

Anmerkung: Es geht das Gerücht, dass dieses Gebäude wegen seiner Höhe gegen die Bangkoker Bauvorschriften verstoßen hätte. Demnach läge es 5 Meter zu nahe am Chao Phraya, woraufhin die BMA nach sorgfältigem Nachmessen einen Baustopp verfügt hätte. Dieser zu vernachlässigende Fehler bedeutet auf jeden Fall weniger Gesichtsverlust als ein völlig depperter Finanzplan, wenn ich mich nicht irre.

BMA = Bangkok Metropolitan Administration, also die Stadtverwaltung.

Lange Zeit war der Tower frei zugänglich. Heute ist es verboten. Das hält allerdings einige Abenteurer nicht davon ab, heimlich über die Treppen im Innern hoch zu pattern. Ungefährlich ist das nicht, denn der Beton beginnt, brüchig zu werden. In manchen Etagendecken befinden sich Löcher.

Von ganz oben werden dann die tollsten Fotos geschossen.

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Blick auf die Taksin Brücke

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Blick hinüber zum State Tower

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Ich gestehe. Das Bild ist "geliehen"

Genauso wie meine eigenen Bilder, in diversen Foren gepostet, sich mittlerweile auf diversen Webseiten über Thailand tummeln, habe ich mir einfach die Freiheit genommen.

Bei eventuellen Beschwerden können die ja wieder entfernt werden.
 
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Iffi

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Thanon Charoen Krung - südlicher Abschnitt - Strassenbilder

Legen wir also gemeinsam das letzte Teilstück zurück. Zu Fuß sind es etwa 30 Minuten vom Wat Yannawa bis zu dem Ort, wo meine Erzählung über die Thanon Charoen Krung ein vorläufiges Ende finden wird.....

Die meisten Bilder habe ich 2008 gemacht. Inzwischen mag sich so einiges verändert haben, auch die Verkehrslage

Nachdem wir das Wat Yannawa verlassen haben und uns rechts halten, empfängt uns wieder eine Strasse ähnlich, wie wir sie von ihrem Abschnitt parallel zur Thanon Yaowarat im Herzen China Town’s kennen. Nur der Betrieb lässt hier merklich nach. Bäume auf beiden Seiten spenden angenehmen Schatten.

Blick von einer Fussgängerbrücke nach Norden, zurück zur Innenstadt

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Von rechts nach links:

Wat Suthiwararam

Unique Tower Ruine

State Tower



Blick nach Süden

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Zu dem Wat Suthiwararam gehört eine Schule gleich auf der gegenüberliegenden Strassenseite. Diese ist für ihre Musikerausbildung bekannt. Die Strassenkapelle dieser Schule ist in ganz Thailand recht beliebt.

Kaum Verkehr am Vormittag


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Auch hier, weit im Süden der Strasse, ist China Town. Zu Zeiten, als die Soi 52 mit dem Hafen ihre Hoch-Zeit hatte, liessen sich viele Chinesen in diesem bis kurz nach dem 2. Weltkrieg recht lebendigen Viertel nieder. Der Wanglee Port, die Reismühlen, die vielen Gemüse und Obstplantagen und die Büffelfarmen sorgten für Arbeitsplätze.

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