AW: Die Schlacht hat begonnen - unbemerkt von der Masse
Kommentar zu Protesten in Thailand
Thailands Opposition ist Herr im Land
Von Bernd Musch-Borowska, ARD-Hörfunkstudio Südostasien
Thailands Premierminister Abhisit Vejjajiva hat keine andere Wahl mehr, als die Forderungen der Rothemden zu erfüllen, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Der Regierungschef hat nicht nur das Gesicht verloren. Die Rothemden haben gezeigt, dass sie die eigentlichen Herren im Land sind.
Seit dem Amtsantritt Abhisits vor rund 15 Monaten tanzen die Rothemden dem Regierungschef auf der Nase herum. Sie haben vor einem Jahr dafür gesorgt, dass ein ASEAN-Gipfeltreffen abgebrochen werden musste. Sie haben Parlamentssitzungen aufgelöst und nun mit dem Sturm auf die Satellitenstation von "ThaiCom" dafür gesorgt, dass ihr Fernsehsender wieder ans Netz ging - der "Peoples Channel", den Abhisit abschalten ließ, um den Regierungsgegnern ihr wichtigstes Medium zu entziehen.
Mit friedlichen Mitteln für demokratische Rechte
Mit dem Schlachtruf "Wir sind das Volk", der auch schon woanders zum Sturz einer undemokratischen Regierung geführt hat, fordern sie seit Monaten ihre demokratischen Rechte ein. Sie verlangen Neuwahlen, um das Volk entscheiden zu lassen, wer es regieren soll. Und das alles mit friedlichen Mitteln. Allein durch ihre große Zahl und ihre Entschlossenheit konnten die Rothemden an diesem Tag die Sicherheitskräfte zurückdrängen.
Abhisit und sein Innenminister Suthep Thaugsaban haben zwar von Amts wegen die Befehlsgewalt über die Sicherheitskräfte. Doch die Durchsetzungskraft für einen wirkungsvollen Einsatz von Armee und Polizei gegen die Demonstranten haben sie nicht. Armeechef Anupong Paojinda hat immer wieder deutlich gemacht, dass er keine Gewalteinsätze gegen die einfachen Leute aus der Provinz befehlen werde. Und die Soldaten selbst, die mit Schlagstöcken bewaffnet gegen die Thailänder in den roten Hemden vorgehen sollen, sind fast alle, so heißt es, sogenannte Wassermelonen. Außen grün, innen rot.
Keine Unterstützung der einfachen Leute
Die Regierung von Abhisit hat zwar die Unterstützung der Aristokratie und der Elite von Bangkok. Doch das thailändische Volk, die einfachen Leute aus den ärmeren Provinzen im Norden und Nordosten des Landes, konnte der junge, in Oxford ausgebildete Premierminister nicht für sich gewinnen.
Seit Wochen regiert Abhisit aus einer Militärkaserne heraus. Abgeschirmt von der Armee, mit deren Hilfe er ins Amt gekommen ist. Für die Anhänger der sogenannten Vereinigten Front für Demokratie und gegen Diktatur UDD ist dies ein klarer Beweis dafür, dass diese Regierung an der langen Leine der Generäle ist, die vor fast vier Jahren den vom Volk gewählten Premierminister Thaksin Shinawatra mit einem Militärputsch des Amtes enthoben hatte.
Abhisit kann sich nicht mehr im Amt halten
Die Rothemden gehen aus diesem Tag als Sieger hervor. Vielleicht haben sie nur einen Zwischensieg erreicht. Doch Abhisit kann sich auf länger Sicht nicht mehr im Amt halten.
Thaksin Shinawatra hatte während seiner Amtszeit ganz offensichtlich kräftig in die eigene Tasche gewirtschaftet. Doch dabei war er wohl der beste und effektivste Regierungschef, den Thailand in den vergangenen zehn Jahren hatte. Nicht nur in den Augen der Rothemden.