Um noch einmal zu der Kernfrage dieses Threads zu kommen, nämlich warum und ab wann die Einstellung mancher Leute gegenüber unserem Gastland kippt und sie fortan nicht mehr die rosarote sondern nur noch die schwarz graue Brille tragen, hätte ich folgende Erklärung anzubieten:
Wie manche von euch wissen, habe ich auch viele Jahre im Iran gelebt, bin zweisprachig und bikulturell aufgewachsen und mußte dementsprechend für mich selber die Brücken zwischen 2 Kulturen finden, was nicht immer einfach war.
Ich kann mich noch genau erinnern, als wir an der Deutschen Schule Teheran aufgefordert wurden, uns für einen Religionsunterricht anzumelden, wobei man wählen konnte zwischen katholisch, evangelisch oder islamisch.
Also rannte ich mit meinen 6 Jahren als erstes zu meiner Mutter, die zwar römisch-katholisch erzogen, aber wie das nun einmal Ende der 60er Anfang der 70er Jahre so war, sich zunehmend für fernöstliche Religionen und Philosophien interessierte, welche mir dann antwortete:
„ Mein Sohn, viele Wege führen zur spirituellen Erfüllung und du wirst den deinigen ganz sicher finden.“
Verwirrt rannte ich zu meinem Vater. Dieser war zwar islamisch aufgewachsen, hatte in Deutschland studiert, war nun Professor an der Universität, gehörte der sogenannten intellektuellen Elite des Landes an und hatte daher mehr Ahnung von edlen Spirituosen als den Lehren Mohammeds.
„Papa“ fragte ich „soll ich zu den Moslems?“, während er gerade an einem seiner geliebten Single Malts nippte. Er prostete mir zu, nahm einen Schluck und lächelte mich einfach nur an. „da fragst du wohl den Falschen.“
Das habe ich natürlich damals nicht verstanden und fragte, wo denn der richtige sei, woraufhin er noch mehr lachte und etwas murmelte wie „der kann einfach nicht von mir sein.“
Das war alles nicht immer einfach, aber ich begriff sehr schnell, daß Menschen unterschiedlicher Kultur auch bestimmte Dinge unterschiedlich empfinden oder interpretieren.
Hier in Thailand ist es beispielsweise normal in den meisten Lebenssituationen zu lächeln; ich kenne nicht wenige Deutsche, die damit ein großes Problem haben. Die einen lesen darin eine Art Unterwürfigkeit und Selbsterniedrigung, andere wiederum empfinden das als Zeichen schlechten Charakters, denn „ ein ehrlicher Mensch zeigt sein wahres Gesicht“ und ganz andere wiederum, meistens jene, die sich für Thailandkenner halten, behaupten, daß Thailänder einfach grundsätzlich gute Laune haben.
Zu den Mißinterpretationen hiesiger Gepflogenheiten kommt möglicherweise noch ein ganzer Sack voller Probleme, den manche mit sich mit hierher bringen.
Ich habe festgestellt, daß im Gegensatz zu asiatischen oder orientalischen Kulturen unsere westliche sehr stark von Einsamkeit geprägt ist.
Unsere Gesellschaft ist vom Erfolgsstreben geprägt, viele empfinden die eigenen Eltern, Geschwister, ja die ganze Verwandtschaft, als Ballast.
Als Ersatzfamilie müssen dann Wellensittiche, Katzen oder Hunde herhalten; alleine in Berlin muß die Müllabfuhr jeden Tag 5 Tonnen Hundekot aufsammeln.
Natürlich reden sich viele schön, wie interessant das Leben in der Großstadt ist, wie dem auch sei, 5000 Kilo Hundescheiße lügen nicht.
Dazu kommt noch, daß die meisten westlichen Expats hier in Thailand eher Männer über 50 sind, die nicht selten bereits die eine oder andere gescheiterte Ehe hinter sich haben, möglicherweise daheim keine Partnerin mehr finden, die Ihnen gefallen würde und nachdem nun das moderne Woke Gedankengut ältere weiße Männer als die Wurzel allen Übels auf dieser Welt identifiziert hat, muß man schon ein sehr dickes Fell haben, um sich nicht einsam und verlassen zu fühlen.
Jetzt kommt so einer nach Thailand und egal wo er hingeht, sei es nun die Hotelrezeption, die netten Verkäufer an der Straße, die freundliche Bedienung im Restaurant, usw., es schlägt ihm nur Freundlichkeit und Zuneigung entgegen.
Und von den Damen des Gewerbes will ich gar nicht erst anfangen.
NATÜRLICH weiß er, daß das alles nur aufgesetzte Freundlichkeit ist, um das eigene Business anzukurbeln.
Meine Schwester sagte letztens zu mir: „ Die sind doch nur alle so nett zu dir, weil sie dein Geld wollen. Das ist alles oberflächlich.“
Ich sagte nur: „Und die Hotelbetreiber, die Verkäufer, die Bedienung oder die Nutten in Deutschland wollen nicht mein Geld? Wenn ich es mir aussuchen kann, dann gebe ich es lieber den oberflächlich freundlichen als den tiefgründig unfreundlichen. Ach, da fällt mir ein, ich KANN es mir ja aussuchen und habe das bereits schon.“
Einmal fragte sie mich, warum „Sawasdee Khrap/Kha“ unterschiedlich angewendet wird.
Ich sagte, daß kommt daher, daß der höfliche Thai seinem Gegenüber bereits bei der Begrüßung mitteilt, wer und wo er ist.
Wenn Du eine Frau bist, sagts Du „Sawasdee kha“
Ein Mann sagt: „Sawasdee khrap“.
Und wenn Du im kalten Deutschland bist, sagts Du „Sawasdee Kacke“
Wie bereits gesagt, natürlich weiß der Farang, daß die aufgesetzte Freundlichkeit in erster Linie zur Ankurbelung des eigenen Business dient, aber dennoch fühlt er sich hier rundum wohl, genießt seine finanzielle Überlegenheit, sucht sich eine entsprechend junge und attraktive Partnerin und genießt sein Leben.
Und irgendwann fängt er innerlich an zu hoffen und auch zu glauben, daß ein Teil dieser Freundlichkeit und Zuneigung möglicherweise doch ihm als Mensch gilt und nicht nur seinen finanziellen Zuwendungen „ Klar gebe ich meiner Kleinen und der Familie etwas Geld, aber sie liebt mich ganz bestimmt, denn sie ist sehr hübsch und hätte auch reichere als mich haben können, aber sie hat sich für mich entschieden.“
Und irgendwann knallt einem die Wahrheit doch ins Gesicht.
Auf der Immigration wird nicht gelächelt, da gelten klare Regeln und Vorschriften und manche von den bürokratischen Hürden sind so hoch, daß man sie nur mit Hilfe bestimmter Visaservices erklimmen kann.
Spätestens hier begreift jeder, daß er kein Bleiberecht hat und seine Duldung für viel Geld kaufen muß.
Und dann machen manche einen großen Fehler: sie nehmen das persönlich.
Sie denken plötzlich, daß alle Thailänder gegen sie sind, was dann eben irgendwann in so einem Leserbrief resultiert.
Ich kenne nicht wenige Expats, die das Wort Farang als Beleidigung ansehen und der festen Überzeugung sind, daß alle Thailänder verlogen, betrügerisch, rassistisch und gegen Farangs eingestellt sind.
Ich frage dann immer: „ wenn ich jeden Morgen in einem Land aufwachen würde, wo die gesamte Bevölkerung aus Lügnern, Betrügern und Rassisten besteht, die eines gemeinsam haben, nämlich ihren Haß auf mich, würde ich schleunigst zusehen, daß ich da wegkomme. Warum bist du noch hier?“
Auf eine Antwort warte ich noch heute.