Westafrikanischer JuJu (Teil 2)
Während es in Teil 1 noch um die harmlosen und touristisch skurrilen Erscheinungformen des westafrikanischen JuJu ging, kommen wir jetzt zu den gefährlichen Aspekten. In gewisser Weise ist die Situation vergleichbar mit dem mittelalterlichen in Europa verbreiteten Aberglauben von der 'Weissen Hexerei' und der 'Schwarzen Hexerei', von der guten und der bösen Magie.
Weisse Magie bewirkt Gutes. Sie stimmt die Naturkräfte gegenüber den hilflos ausgelieferten Menschen gnädig. Fruchtbarkeit von Menschen, Tieren und Äckern, sowie Regenzauber, Heilzauber, heilende Kräuterkunde - das alles ist weisse Magie. Schwarze Magie dagegen soll Schaden anrichten, Feinde schwächen oder sie töten. Kräuterkunde und der Umgang mit Giften gehören ebenfalls dazu.
Natürlich muss der Auftraggeber bei beiden Varianten an die Wirksamkeit glauben. Bei Anwendung weisser Magie ist es hilfreich, wenn Auftraggeber und eine zu heilende Person in einen Trance-Zustand versetzt werden. Es ist egal, ob diese Trance durch psychologische Techniken (Meditation, Mantras, Musik, Tanz) oder durch Drogen herbeigeführt wird. Die beteiligten Personen sehen dann die Geister der Ahnen oder die geisterhafte Verkörperungen der Naturkräfte leibhaftig vor sich, können mit ihnen reden und Bitten vortragen. Hölzerne Tanzmasken und angefertigte Fetische spielen dabei eine wichtige Rolle. Es werden Opfer dargebracht. Nahrung und Getränke sind dabei noch harmlos. Je schwieriger und hartnäckiger das Problem ist, desto aufwendiger sind die Maßnahmen. Eier werden aufgeschlagen und auf Masken/Fetische verteilt, das Blut geschlachteter Tiere wird ebenfalls dazu genutzt.
Ebenfalls noch recht harmlos sind einige Buschdoktoren und 'Jujupriester', die einfältigen Opfern versprechen, übergebenes Bargeld innerhalb eines Tages zu verdoppeln. Auch im amerikanischen Wilden Westen gab es Wanderheiler, die mit dem von ihnen verkauften Schlangenöl die Heilung aller Krankheiten versprachen. Wundersame Geldverdopplung und andere Beispiele weisser Magie sind in Werken einheimischer Schriftseller eindrucksvoll beschrieben:
Bei der schwarzen Magie erfordern die stärkten Zauber dann natürlich Menschenblut und menschliche Körperteile. Freiwillig wird niemand seine 'body parts' hergeben wollen, also werden diese dann gewaltsam beschafft, um danach einem Höheren Zweck zu dienen. Erfundene Horrorstories? Mitnichten, wie folgene Zeitungsausschnitte beweisen:
Nach dem Militärputsch kam heraus, dass ehemalige Regierungsmitglieder Juju betrieben hatten, um sich Vorteile zu verschaffen. Es wurden Fetische gefunden und öffentlich zur Schau gestellt.
Zoomt in den 'Heavy Juju' Artikel oben rein und lest den Text. Sehr aufschlussreich.
Wenige Jahre später versank Liberia in 2 grausamen Bürgerkriegen, mit nur einer kurzen Friedensperiode zwischendurch. Damals brachen uralte Juju Praktiken wieder durch, bis hin zum Kannibalismus. Alle Kriegsparteien machten sowas, es wurde öffentlich darüber geredet.
Wer genaueres wissen will, der google z.B. nach dem Suchbegriff 'General Butt Naked' oder suche auf Youtube nach Filmen über ihn. In mehreren Clips gibt der ehemalige Warlord offen den Kannibalismus zu: "Before going to fight, we drink the blood of innocent child". Das machte ihn unverwundbar, weshalb er und seine Kämpfer nackt ins Gefecht zogen, um mehr Schrecken zu verbreiten. Auch heute noch kann man schreckliche Szenen auf Youtube finden, das meiste ist allerdings gelöscht.
Beim Militärputsch, den ich miterlebt habe, ist ein Hauptfeldwebel S.K.Doe das neue Staatsoberhaupt geworden. Zahn Jahre später wurde er von einem der Warlords gefangen genommen. Zu allererst ließ der Wordlord seinem Gefangenen ein Ohr abschneiden, um allen Anwesenden zu beweisen, dass Doe's Unverwundbarkeitszauber nicht wirkt, dass er trotzdem verletzt werden kann. Fotos davon gingen um die Welt.
Solche Art von Juju ist kein rein westafrikanisches Problem. Es gibt glaubhafte Berichte von nigerianischen Frauen, die zur Prostition in alle Welt verkauft werden und sich nicht trauen dagegen aufzubegehren, weil sie glauben, sie oder Familienmitglieder würden dann durch Fernzauber getötet. Und der 'Weisse Mann' mischt auch mit. Die sogenannten 'Kifwebe' Masken aus dem Kongobecken erzielen bei Kunstauktionen stets höchste Sammlerpreise, weil ihnen nachgesagt wird, es seien ihnen Menschenopfer dargebracht worden.
Warum schreibe ich das hier?
Als Warnung! Normalen Touristen wird nichts passieren, die sehen nur manchmal auf lokalen Märkten seltsame Shops mit getrockneten Fledermäusen und ähnlichem Zubehör, machen Fotos davon, und finden das exotisch. Zuletzt habe ich einen solchen Marktstand vor 4 Jahren im Marktviertel von Stone Town auf Sansibar gesehen. Aber je länger man als Expatriate in afrikanischen Ländern lebt, desto mehr muss man aufpassen, nicht in sowas hineingezogen zu werden. Man verliert zwar nicht plötzlich Gesundheit oder sein Leben, aber es kann verheerende Folgen für die eigene Autorität oder die berufliche Existenz haben, wenn plötzlich viele Leute aus der eigenen Umgebung glauben, man stehe unter unter dem Einfluss eines Juju Zaubers. Solche Sachen müssen ernst genommen werden, man darf sie nicht als Aberglaube lächerlich machen.
So, Schluss mit diesem düsteren Thema. Demnächst kommen von mir noch weitere Beiträge, habe mal wieder ein paar alte Dias digitalisiert.
Stay tuned.