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T H A I L A N D
„Ich bin wie eine Ratte“
Ex-Premier Thaksin Shinawatra, 59, über den Aufstand seiner Anhänger
gegen die Regierung in Bangkok und die Rolle des Königs
Proteste von Regierungsgegnern in Pattaya
„Wir sind nach wie vor mächtig“
RUNGROJ YONGRIT / DPA
Thaksin Shinawatra
entstammt einer chinesischen
Seiden- und Reishändlerfamilie.
Er wurde im Computerhandel
reich und mit Hilfe eines eigenen
Fernsehsenders bei den Ärmeren
populär. Nach dem Wahlsieg
seiner Partei übernahm Thaksin
2001 die Regierung. Ein Militärputsch
brachte den Premier, der
selbst für Menschenrechtsverletzungen
verantwortlich sein soll,
2006 zu Fall. Thaksin ging ins
Exil, er hält sich seither in Dubai
und Hongkong auf. 2007 siegten
seine Anhänger erneut; die von
einem Vertrauten geführte Regierung
wurde aber auf Druck Tausender
gelbgekleideter Demonstranten
der Bangkoker Elite entmachtet.
Vorvorige Woche nun
zettelten Thaksins rotgekleidete
Anhänger einen Aufstand an, sie
mussten sich aber zurückziehen.
NOUSHA SALIMI / DER SPIEGEL
SPIEGEL: Dr. Thaksin, eben kam aus Bangkok
die Nachricht, dass Sondhi Limthongkul,
Anführer der regierungstreuen Gelbhemden,
Freitagmorgen ein Attentat nur
knapp überlebt hat. Er war immerhin einer
Ihrer entschiedensten Gegner.
Thaksin: Es war die Regierung, die den Ausnahmezustand
verhängt hat. Obwohl es
Wahlen gab, nutzt sie ihre Macht in einer
noch schlimmeren Weise als eine Putsch-
Regierung. Sie kontrolliert jeden Platz, sie
kann Razzien ohne Durchsuchungsbefehl
durchführen, sie kümmert sich überhaupt
nicht um die Menschenrechte. Es ist eine
Regierung, die buchstäblich die Lizenz zum
Töten hat. Und ich habe den Eindruck, dass
jetzt die Phase der „cut-off killings“ begonnen
hat – der Beseitigung jener, die zu
viel wissen über die Verschwörungen der
Machthaber gegen mich.
SPIEGEL: Offiziell kamen bei den jüngsten
Ausschreitungen zwei Menschen ums Leben,
123 wurden verletzt. Bestreiten Sie
diese Zahlen?
Thaksin: Das ist eine absolute Lüge.
SPIEGEL: Haben Sie Beweise dafür?
Thaksin: Nachdem sie von nur zwei Toten
sprachen, fanden wir außerdem zwei am
Rücken gefesselte Rothemden im Chao-
Phraya-Fluss. Wir suchen noch nach weiteren
Leuten.
SPIEGEL: Die Welt ist sehr beunruhigt wegen
der Vorgänge in Ihrem Land. Was ist
der Grund für die anhaltende Krise?
Thaksin: Die politischen Eliten sind extrem
besorgt, weil ich und meine Verbündeten
nach wie vor so populär und mächtig sind.
Sie wollen diese Macht dem anderen Lager,
den „Demokraten“, zuschanzen, aber
das bekommen sie auf demokratische Weise
nicht hin. Also nutzen sie andere Mittel:
Sie versuchten, mich zu töten – ohne Erfolg.
Sie brachen Proteste vom Zaun –
ohne Erfolg, aber immerhin reichte es als
Vorwand für einen Staatsstreich. Nach dem
Putsch haben sie die Justiz politisiert und
mich und meine Familie verurteilt. Dann
haben sie eine undemokratische Verfassung
geschrieben. Trotzdem unterstützen
die Leute nach wie vor mein Lager. Das
stört Bangkok ungemein. Deshalb kam es
zu den jüngsten Ausschreitungen.
SPIEGEL: Wie kommt Thailand aus dieser
Misere wieder heraus?
Thaksin: Solange dieser Machtkampf nicht
transparent und nach demokratischen Regeln
abläuft, stecken wir fest, nichts wird
sich bewegen. Das Justizsystem misst mit
zweierlei Maß, es übt Nachsicht mit der
einen Seite und ist brutal zur anderen.
Der einzige Ausweg ist ein Prozess der
Versöhnung.
SPIEGEL: Sie drängen König Bhumibol einzugreifen.
Warum hat er das bis heute
nicht getan?
Thaksin: Ich weiß es nicht. Ich kann über
die Monarchie nichts sagen.
SPIEGEL: Aber das Wort des Königs ist doch
offenbar entscheidend.
Thaksin: Ich kann nur eines sagen: Er ist
der Einzige, der versöhnen kann. Niemand
sonst. Ich sehe meinem Land jetzt seit fast
drei Jahren von außen her zu. Nichts hat
sich verbessert.
SPIEGEL: Die Krise Thailands ist auch eine
Krise der Monarchie?
Thaksin: Seine Majestät ist 81 Jahre alt. Wir
wünschen ihm ein langes Leben. Wir wünschen,
dass der König weiterhin den Respekt
aller genießt. Ich tue mich schwer, als
Thai mehr dazu zu sagen. Wir haben nicht
die Freiheit, über alles zu sprechen.
SPIEGEL: Sie haben diese Freiheit. Wir sind
hier in Dubai, nicht in Thailand …
Thaksin: Ich muss sehr vorsichtig sein, als
Thai und ehemaliger Ministerpräsident. Ich
habe großen Respekt vor Seiner Majestät.
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