Ich kannte einen Italiener in Chiang Mai. Der hatte sich für ein paar Millionen Baht einen Traum von Restaurant erfüllt. Unten riesiger Restaurant- und Bar-Bereich mit Live Musik, oben I-Net-Cafe mit einem Dutzend Rechnern.
Alles ganz offiziell mit GmbH und Arbeitserlaubnis. War ein richtig schickes Teil für Yuppie-Touris, die ihre Schicksen selbst mitbringen.
Sparsam, wie er war, hat er in der besucherschwachen Zeit auch schon mal selbst hinter die Theke gegriffen, um ein Bierchen für seine Kumpels und Gäste aufzumachen. Dabei ist er von Zivil-Cops einige Male fotografiert worden.
Irgendwann standen die Cops in seinem Laden, legten ihm die Fotos vor und meinten: Du hast jetzt ein Problem. Du hast mehrfach gegen dein Arbeitsvisum verstoßen, wir haben eindeutige Beweise und der Spaß kostet dich so als Verwarnung 5.000 Baht.
An europäische Ordnung gewöhnt und wohl auch aus dem missionarischen Eifer, den Thais endlich mal ein funktionierendes Rechtssystem beibringen zu wollen, meinte der Gute zu den Cops, dass er nicht bereit sei, korrupte Polizisten zu unterstützen und überhaupt kann es doch wohl nicht verboten sein, in seinem eigenen Laden hinter die Theke zu gehen, um ein Bier zu holen. Sie mögen sich also besser schleunigst wieder verziehen, bevor er mit seinem Anwalt telefonieren würde.
Die Cops gingen dann auch. Voll Sendungsbewußtsein erzählte er in aller Bescheidenheit gerade seinen Kumpels den Vorfall, als die Cops dann wieder in seinem Laden standen. Diesmal in Mannschaftsstärke und Grüner Minna im Anhang.
Diesmal wurde nicht palavert, sondern verhaftet. Und jetzt gings nicht mehr nur um die Übertretung der Arbeitserlaubnis, sondern auch noch um Beamtenbeleidigung, Verstoß gegen das GmbH-Gesetz, der Hygiene-Verordnung, Überschreitung von Sperrzeiten und Steuerbetrug.
Der Gute wurde abgeführt - erst aufs Revier, dann in den Knast. Dem Laden wurde die Lizenz entzogen und er erst nach Zahlung von 250.000 Baht Kaution aus dem Knast entlassen. Der Pass wurde einbehalten bis zur Gerichtsverhandlung.
Nach 2 Monaten dann die Verhandlung. Schuldig in allen Punkten -was ja auch den Tatsachen entsprach- und als Strafe -welch ein Zufall- 250.000 Baht.
Seinen Pass bekam er zurück mit dem Vermerk: "Persona non Grata" für 5 Jahre.
Da kommt man doch ins Grübeln, ob der Typ so alles richtig gemacht hat. Seinen Willen hat er ja bekommen. Er musste nicht mit "korrupten" Cops verhandeln, er konnten seinen Fall einem völlig unvoreingenommenen Richter vortragen.
Aber ob das wirklich so klug war? :nix
Aber auch sowas passiert:
Ich hatte im Bar-Beer-Center in Chiang Mai eigentlich ein ganz gutes Standing. Höflich und hilfsbereit wie ich bin konnten mich auch Thai-Männer mal um Hilfe angehen, wenn es irgendwo brannte.
Eines Nachts in der Off-Season kam der hauseigene Drogendealer -nennen wir ihn mal Pom- zu mir und jammerte sein Leid, dass die Geschäfte so schlecht gehen und seine Mia-Luang ihm in den Ohren läge, weil er statt Kinderfutter zu kaufen, sein Geld versoffen hätte. So was soll ja vorkommen.
Und ob ich ihm nicht 300 Baht leihen könnte, um wenigsten den gröbsten Ärger etwas abzumildern. Ich kannte seine Mia-Luang und konnte deshalb sowohl den heraufziehenden Ärger als auch sein Saufen gut verstehen.
300 Baht ist ja auch nicht wirklich die Welt, also habe ich sie ihm rüber geschoben. Er freudestrahlend raus aus dem Bar-Beer zum 7-eleven Milchpulver für seinen Junior kaufen. Dachte ich zumindest. Freudestrahlend raus ist er jedenfalls.
Nach ner Viertelstunde kam er wieder, drückte mir ein Tütchen Gras in die Hand und meinte: Schön, dass du mir geholfen hast und nu paff dir mal schön eine.
Exkurs:
Ich steh nicht wirklich auf zu viel Alk und rauch mir lieber mal einen. Dürfen auch gern zwei oder drei sein
Exkurs Ende
Ich dachte so bei mir: Is ja nett der Typ. Und jetzt gehste schön gemütlich nach hause und drehst dir noch nen dicken fetten.
Ich also raus aus dem Bar-Beer und schlapp so völlig entspannt auf meine Behausung zu, als hinter mir zwei Thais im Laufschritt antrabten und mich anhielten. Sie seien Kriminalpolizisten in Zivil und was ich denn so in meiner Tasche hätte?
Holy Shit, denk ich mir. Da schenkt dir schon mal einer ne gute Prise und grad an dem Tag is ne Razzia angesagt.
Ich solle hier mal mit dem einen Cop warten, während der andere das Auto holt, um mich dann aufs Revier zu bringen. Das Auto kam auch gleich. Ne uralte Mühle ohne Kennzeichen, dafür aber mit einem weiteren Cop.
Jetzt wirds lustig, dachte ich so bei mir. Mit leicht erhöhtem Puls meinerseits fuhr mich das Trio durch Chiang Mai spazieren. Erst an der Hauptwache vorbei, dann am Knast -nicht ganz so berühmt wie das Bangkok Hilton, aber genau beliebt-, an diversen kleineren Polizeiposten vorbei bis zum Zollamt. Von außen sieht das Gebäude aus wie eine Polizeistation, nur am Schild an der Einfahrt steht eben "Zollamt" auf thai.
Ständig untermalt vom Gequassel des Typen, der ein bischen englisch konnte. Ob ich denn kein thai verstehen könnte? Weil, dann könnte man mir das alles viel besser erklären. Wollte ich aber jetzt nicht können. Also wieder von vorn die Leier.
"Böse Sache mit den Drogen. Geldstrafe, Gefängnis, Ausweisung" - das volle Programm zum Weichkochen eben.
Zwischendurch unterhielten sich die drei auf thai. Irgendwie konnten sie mit meiner Reaktion nichts anfangen und sie fingen an sich zu fragen, ob besagter Pom sie angeschissen hätte. Wie ich heraus hörte, musste Pom seinen monatlichen Falang abliefern, den man gehörig zur Ader lassen konnte, damit er, Pom, ungestört seinen Geschäften nachgehen kann. Man hatte wohl jemand erwartet, der sich vor Angst ins Höschen macht und darum bettelt, sein Geld los zu werden. Soviel hatte ich aber schon spitz gekriegt: die Typen waren nicht offiziell unterwegs und würden jetzt nie mit mir auf einer Wache aufkreuzen.
Auf dem Hof des Zollamtes kam man dann auch zur Sache. Man würde noch mal Gnade vor Recht ergehen lassen und mich laufen lassen. Aber ich müßte mich auch erkenntlich zeigen und meinen Anteil am vergurkten Sprit abdrücken und überhaupt ihrer Mühen in irgendeiner Weise honorieren. So 20.000 Baht hielten sie für angemessen. Wieviel ich denn jetzt bei mir hätte?
Ich sach, mehr wie 2.000 werden es nicht sein.
No Problem. Wir fahren dich an die nächste ATM.
I no have ATM.
Ach, und wie kommst du an dein Geld?
Sparbuch. (Zu der Zeit ließ ich mir das Geld überweisen)
Tja, dann müssen wir dich doch in den Knast bringen.
Ich könnte mir ja was leihen. Ich kenn da eine Barbesitzerin im Bar-Beer-Center. Die leiht mir sicher was.
Och nee, lass man. 2.000 sind ja auch genug. Aber erzähl das nicht weiter.
Und schon stand ich allein vor diesem Zollamt. Ich schnurstraks zurück ins Bar-Beer und der Barbesitzerin -keine Mamasan- die Story erzählt. Der entgleisten sämtliche Gesichtszüge, dass ihr Hausdealer mich in ihrem Laden verladen hat.
Zwei Wochen später lud sie mich auf eine Sight-Seeing-Tour ein. Mit Drogen-Cops als Begleitschutz. Wir haben eine Hanfplantage in vollem Saft besichtigt. Die sollte abgefackelt werden. So was tut richtig weh als bekennender Kiffer. Das ist so, als wenn man als Whisky-Freund zusehen muss, wie Fässer voller bestem Single-Malt in den Gulli rauschen. Nicht wirklich erhebend, solch ein Anblick.
Aber vorher durfte ich mir noch zwei Aldi-Tüten voll vom Feinsten pflücken.
k
Die drei Pseudo-Cops mussten die Stadt etwas überstürzt verlassen und wurden in meiner Zeit dort nicht wieder gesehen.
Pom habe ich erst Jahre später wieder in Chiang Mai gesichtet.