Dieser Fred scheint mir eine gute Gelegenheit zu sein, meine ersten Erfahrungen mit LOS zum Besten zu geben.
Ich kam nach LOS wie die Jungfrau zum Kind. Hatte keine, aber auch nicht die geringsten Ambitionen, meinen Arsch nach LOS zu bewegen. Meine Vorstellungen von LOS beschränkten sich auf: Prostitution, Kriminalität und dumpftrottelige Pauschal-Touris, die es in D nicht zum Stich brachten und zu blöd waren, in D einen Puff zu besuchen. Um so härter traf mich die Aussage eines nepalesischen Geschäftsfreundes, dass ich, wenn ich denn unbedingt sterile Haken für meine bestellten hand-made Ohrhänger haben wollte, ich mich gefälligst selbst darum kümmern müsse. Und die einzigste Möglichkeit, diese Dinger zu besorgen, wäre eine Reise nach LOS.
Schweren Herzen akzeptierte ich das und machte mich auf den Weg. Eine nepalesische Freundin gab mir ihre Einkaufsliste und ihre Hotel-Empfehlung mit auf den Weg und ich begab mich auf den Flug nach Bangkok. Wohl wissend, dass mich das Sünden-Babel der Neuzeit erwartet und an -fast- jeder Ecke mein Verderben lauert. Aber ich war ja gewappnet. Einerseits durch diverse Reiseführer und andererseits durch eindringliche Warnungen von erprobten Freunden.
Beim Betreten des Fliegers -Thai-Airways- war ich schon etwas irritiert. Ich fand dort in der Auslage den neuesten Spiegel. Ein erfreuliches Versehen, dachte ich mir. Der nächste Schock ereilte mich bei der Menü-Auswahl. Bisher war ich innerhalb SOA eine Auswahl zwischen Erbrechen und Durchfall gewöhnt und konnte deshalb mein Glück nicht richtig einordnen. Die Prozedur am Don Muang erinnerte mich dann eher wieder an meine Ankunft in Neu Delhi mit frei fliegenden Kolonnen von Spatzen im Flughafen-Gebäude und ich fühlte mich schon fast wieder heimisch im asiatischen Schlendrian.
Leider nicht für lange Zeit. Der Tritt aus dem Flughafen beförderte mich in eine neue Welt mitten in Asien. Keine Autos, die aussahen wie aus dem Anfang motorisierter Fortbewegung, Straßen, die an Autobahnen erinnerten, kein Gefeilsche um den Fahrpreis und vor allem: eine Berechenbarkeit der Dinge, die man anstößt.
Für mich als SOA-Freak war das eine völlig neue Erfahrung. Geradezu Outer-Space-mäßig. Und ich dachte mir: Na wenn das so ist, kann dir hier ja überhaupt nix passieren. Du hast Indien gemeistert, Nepal ganz locker abgehagt, was soll dir denn hier passieren. Ist doch alles fast wie bei uns in D.
Ein paar Slums hier und da, was soll's. Die sind halt noch nicht so weit wie wir, aber das wird schon noch. Man sieht doch aber, dass alles sehr ähnlich ist. Ergo muss auch die Musi hier so laufen, wie ich es gewohnt war.
Ich achte die Ratschläge meiner Freunde. Deshalb nistete ich mich auch im Hotel Burapa ein, auch wenn das beim Taxifahrer ein unverständliches Lächeln auslöste. Gleichwohl fühlte ich mich stark genug, diesen Sündenpfuhl "Patpong" etwas näher zu inspizieren. Ich betrachtete das als eine rein investitave Operation ohne jeglichen eigenen Nutzen.
Ich schlappe also in diese Straße rein und denke so bei mir: Is ja alles Nepp hier, als mich son Typ anlabert: Hey, hier kannste was besonderes erleben und ich mir denke: Was soll das schon sein.
Eh ich mich versehe, werde ich eine Treppe hoch geschoben und stehe plötzlich in einem Laden, den ich eigentlich nie betreten hätte. Anstatt die Reißleine zu ziehen und schnellstens wieder zu verschwinden, schalte ich auf cool und denke mir: Hey, du hast hier den Durchblick, bist kein Nuttenficker und überhaupt geht dir das Ganze am Arsch vorbei.
Sekunden später war ich von den anwesenden Ladys umringt und ich fühlte mich ganz herzlich zu meiner außergewöhnlich guten Wahl beglückwünscht, gerade hier meinen Abend zu verbringen und ob es nicht möglich wäre, dem dürstenden weiblichen Personal einen Drink zu spendieren.
Ich dachte mir noch, was für ein Arsch muss hier Chef sein, dass er sein Personal um Flüssigkeit betteln lässt. Wie auch immer - ich bin ein großzügiger Mensch und lasse niemanden dürsten oder hungern. Die Ladys bekamen, wonach sie verlangten und ich mein Bier.
Kurze, wirklich sehr kurze, Zeit später fragte mich die Lady mit den dicksten Ohren, ob ich es als angenehm empfinden würde, wenn sie einen Salome-Tanz zum Besten geben würde. Ich empfand das als angenehm und als angemessene Entschädigung für die Flüssigkeit von meinerseits. Die Performance war unterirdisch. Störte mich aber nicht, weil ich das Ganze eh nicht mochte.
Mittlerweile wurde mir eine Lady zugeordnet, die vorher nicht wirklich in meinem Blickfeld war. Frühes Mittelalter in einem Bademantel gehüllt und angepriesen als mittellose Mutter von zwei Kindern, die kurz vor dem finanziellen Ruin steht und dringend einen Sponsor braucht.
Gutmensch wie ich war, ließ ich mich darauf ein, die Bedürftige ins Burapa mitzunehmen, nicht ohne vorher die Kleinigkeit -Mitte der 70ger- von über 100 DM für 10 Minuten unterirdischer Unterhaltung abzulatzen.
Meine Barschaft in thailändischer Währung nach Verlassen der Bar reichte gerade noch, um das Taxi zurück ins Hotel zu bezahlen. Macht ja nix, dachte ich mir. Wenn die Tante am nächsten Morgen geht, haben die Banken offen und alles ist paletti.
Ich wurde eines Besseren belehrt. Mal abgesehen davon, dass sich die Tante als körperliche Ruine herausstellte, die ich in D aus Mitleid gevögelt , aber auf gar keinen Fall fürs Hinhalten bezahlt hätte, wollte sie auch noch direkt nach dem Abschuss verschwinden und verlangte ihren Lohn in Baht. Hatte ich aber nicht, sondern nur in ausländischer Währung. Eine peinliche Diskussion am Hotel-Counter nachts um 2 Uhr über den Wert ausländischer Währung schloss sich unserem Intermezzo an.
Es war peinlich, mega-peinlich für einen Typen wie mich, der in D keine Probs hat, Mädels jeder Art, Größe oder Haarfarbe ins Bett zu locken, um eine für beide Seiten angenehme Nacht zu verbringen. Dieses Erlebnis war das schlimmste und erniedrigendste, was ich bisher mit Frauen erlebt hatte. Die volle Bestätigung dessen, was ich bis dato über LOS gehört und gelesen hatte. Ich hätte es wissen können, aber ich fühlte mich stark genug, den Dingen ins Auge sehen zu können. Ich wurde eines besseren belehrt.
Am beginnenden Tag ging ich meinen Geschäften nach. Gegen Abend überwog wieder einmal die Neugier. Ich las in meinem Reiseführer von der Suk und den Beer-Bars dort. Von meinem ersten und wie ich dachte letztem Abenteuer gestählt machte ich mich auf in den Biergarten, von dem es hieß, es sei die ultimative Gelegenheit, thailändische Frauen kennen zu lernen.
Ich schlappte da so ein, setzte mich an die große Bar und trank einen Tee nach dem anderen, mal unterbrochen von einem O-Saft, langweilte mich zu Tode, wechselte auch immer wieder zu dem Laden in der Soi 3 und zurück und fand die ganze Hype um BKK eigentlich nur noch zum Kotzen.
Irgendwann, es mag so gegen 10 gewesen sein, setzte sich eine Frau in dem Laden in der Soi 3 neben mich und sprach mich an. Einfach so. Wer ich denn sei und wo ich denn herkomme und was ich hier denn so mache. Einfach so, als wäre ich in good old Germany in einer ix-beliebigen Kneipe und irgendeine Schnecke findet mein Face irgendwie bedeutend und fängt an zu labern, weil sie mich nicht aus den Augen verlieren will.
Fand ich irgendwie bedeutend. Hab ich mich auch drauf eingelassen und ihr erzählt, warum es mich in ihr Land verschlagen hat und was ich da so suche. Meine erste Erfahrung mit der thailändischen Weiblichkeit habe ich ihr allerdings verschwiegen. Das war mir dann doch zu peinlich.
Gegen 2 Uhr schloß der Laden, mittlerweile legte ich ihr 2 Kissen auf den Barhocker, um Face-to-Face mit ihr sprechen zu können. Bis dahin gab es für mich keinen Zweifel, dass ich, wenn auch verspätet und unerwartet, eine Frau kennen gelernt hatte, die meinen Erfahrungen in D mit Frauen entsprach. Ganz Gentleman, war es für mich selbstverständlich, dass ich ihr anbot, die nach hause zu begleiten.
Sie erwiderte, dass sie den nächsten Tag frei habe und deshalb lieber die Nacht mit mir verbringen würde. Ich muss gestehen, dass ich dem Gedanken nicht abgeneigt war, obwohl ich doch in der Nacht vorher erfahren hatte, was Prostitution ist.
Aber: Dieses Erleben von Weiblichkeit ist etwas ganz was anderes als das Anbiedern von körperlicher Befriedigung wie in den Bars. Dieses zwanglose Gespräch über Buddha und die Welt konnte nichts zu tun haben mit schnödem Mannon und einer zielgerichteten Suche nach einem finanziell potenten Lover.
Jungs - nennt mich einen Idioten oder Träumer oder sonst irgendwas. Ich glaube heute noch daran, dass Kratai -Häschen- auf der Suche war nach einem potenziell solventen Sponsor ihrer Wünsche. Und bis heute kann ich nichts verwerfliches daran finden.
Was ich aber bedaure ist, dass ich nie wieder eine Frau in LOS fand, die sich so um mich sorgte, wie es Kratai tat. Vielleicht eine Erscheinung der Zeit, vielleicht war sie aber auch eine außergewöhnliche Frau, die ich an einen anderen verloren habe.