AW: Rückwandern auf Zeit
also so begann es 2004/2005
der Bericht wurde von Thorsten verfasst und war 2007 im TIP erschienen
Eine Lebensgrundlage in Thailand
Wer von uns, der diesen Artikel hier liest, wird nicht einmal über eine eigene Zukunft in Thailand nachgedacht haben. Einige werden diesen Schritt schon gegangen sein, einige davon werden es bereut haben.
Auch ich habe lange über ein mögliches Leben für meine thailändische Frau, meine zwei Jungs und mich in Thailand nachgedacht. Gewagt habe ich diesen Schritt indes nie.
Ein Hauptgrund dafür war das Fehlen von handfesten Möglichkeiten bzw. bezahl- und somit machbaren Ideen.
Um so interessierter war ich, als mir Thomy, ein Schweizer Eidgenosse, eines Tages von seinen Plänen berichtete.
Thomy lernte ich in einem Hotel in Pattaya, Koenig wo sonst, kennen und er fiel mir eigentlich dadurch positiv auf, dass er nicht so fertig wie manch anderer dort war, sondern dass er durchaus Verstand und Herz durchblicken ließ.
Dabei war Thomy zum damaligen Zeitpunkt noch kein Thailand-Expat, sondern genau wie ich Urlauber.
Aber seine berufliche Perspektive näherte sich in der Schweiz bereits dem Ende und so ging er seinen Plan unerschrocken an. Doch zuvor muss ich noch ein wenig zurück in die Vergangenheit gehen und Teile seines Lebenslaufes schildern, damit man seinen Mut verstehen kann. Er hatte keine einfache Kindheit, so gibt er selbst zur Auskunft. Im Jahre 1974 brach er das Schweizer Gymnasium ab, um mit dem Beginn einer Ausbildung zum Laboranten in der chemischen Industrie das erste Geld zu verdienen. Nach absolvierter Prüfung folgten noch verschiedene berufliche Stationen innerhalb des selben Unternehmens, bevor er die Chance, beim Weltkonzern Roche anzuheuern, wahrnahm. Hier war er für die Produktionsplanung von Vitaminen verantwortlich tätig. Später wurde er dann sogar Werksplaner. Im Zuge der einherziehenden EDV änderte sich auch sein Aufgabengebiet.
Doch Thomy nutze die Chance und bildete sich auf dem SAP R3-System zum Application Expert weiter. Diesen äußerst anspruchsvollen und damit stressigen Job führte er bis zu seiner "Freistellung" durch. Denn im Jahre 2004 entschloss sich sein damaliger Arbeitgeber Roche dazu, die Vitaminsparte an den holländischen Konzern DSM zu veräußern.
Bei Unternehmensübernahmen steht zumeist erst einmal das Abschöpfen von Synergiepotentialen an, die die Kosten senken und damit der Wert der Firma steigern sollen. Für Thomy als hochqualifizierten und damit nicht ganz billigen Mitarbeiter bedeutete dieses, dass für ihn bald kein Platz mehr war, da seine Aufgaben extern erheblich kostengünstiger erledigt werden konnten (Outsourcing).
Dieses geschah ausgerechnet während seines 50. Lebensjahres, das er sich sicherlich völlig anders vorgestellt hatte. So weit so gut. Privat hatte er allerdings mehr Glück.
So lernte er bei seinen vielen berufsbedingten Auslandsaufenthalten in seinem Stammhotel in Singapur ein sympathisches Zimmermädchen kennen, welches schon bald seine Frau wurde: Wan aus Korat in Thailand.
Schon damals machte er aufgrund seines aufreibenden Jobs Pläne, mit 55 nach Thailand überzusiedeln und dort eine Lebensgrundlage für sich, seine Frau und dem mittlerweile geborenen gemeinsamen Sohn aufzubauen.
Die bereits erwähnte Firmenübernahme inkl. Freistellung und Abfindung beschleunigte diese Planung jedoch um fünf Jahre in Anbetracht der jugendlichen und damit viel dynamischeren Konkurrenz auf dem heimische Arbeitsmarkt.
Für eine gemeinsame Existenz kamen die einschlägigen Touristenzentren wie Pattaya, Phuket oder Chiang Mai jedoch nicht in Frage, wenigsten einer der Ehepartner sollte im Bereich der Familie leben können.
Gerade für Kinder kann es ja sehr schön sein, im Rahmen einer thailändischen Großfamilie aufwachsen zu können. So war die Standortwahl geklärt: Die Heimat seiner Frau, Nakhon Ratchasima, dem alten Korat.
Ein wesentliches Merkmal seiner Planungen waren zu jeder Zeit, auch die engsten Verwandten seiner Frau mit in das Geschäft einzubauen. Entsprechende Vorkehrungen wie das Erstellen von entsprechendem Wohnraum wurden getroffen. Darüber sollte das Geschäft weitgehend krisensicher konzipiert sein, in dem es sowohl die einheimischen Thais als auch Touristen ansprechen sollte. Im Jahre 2005 erfolgte dann ein Riesenschritt in die gewünschte Richtung, es wurde ein acht Rai großes Grundstück mit einem ca. zwei Rai großen Altgewässer, 10 km vom Elternhaus der Ehefrau entfernt gefunden und gekauft.
Nun stand die Geschäftsidee: Fischpark für die "sanukliebenden" Thais mit ein paar Bungalows für die pattayamüden Touristen dabei. Es folgten somit noch überschaubare Investitionen in einige Bungalows sowie die benötigten Betriebsgebäude. Eine Internetseite "http://www.sawadee-resort.com"]www.sawadee-resort.com[/URL] sorgte für die nötige Werbung und schon ging es los.
Wer die "fischverrückten" Thais kennt, der kann erahnen, dass der Erfolg nicht lange auf sich warten ließ. Nach kurzer Zeit hatte sich der Fischpark herumgesprochen und sowohl echte "Angelprofis" wie auch "Hobbangler", die das Ganze bei Essen und Bier etwas lockerer angehen, stehen bereits ab 06.00 Uhr morgens Schlange.
Auch die Bungalow-Anlage wird bereits gut frequentiert, wenn es derzeit zumeist auch noch Bekannte von Thomy aus Thailand oder der Schweiz sind. Eigentlich könnte die Story nun schon enden, doch das wäre für einen Ausstieg nach Thailand wohl zu einfach gewesen.
Natürlich gab und gibt es massive Probleme, die sich aber in einer völlig unerwarteten Art und Weise offenbart haben: Akuter Personalmangel. So waren gleich zu Beginn eine Schwester seiner Frau und ihr Mann als Servicekraft bzw. Koch eingestiegen. Doch den Schwager zog es schnell wieder als Mopedtaxifahrer nach Pattaya zurück, wo er vorher entsprechend gearbeitet hatte. Die vermisste Freiheit mit 24-Stunden "Vollüberwachung" durch die Familie engten ihn wohl so sehr ein, dass ihn das Verlangen nach den kleinen "Mia Nois" in Pattaya schnell das Weite suchen ließ.
Es versuchte sich dann ein weiteres Pärchen aus dem Verwandtenkreis, die sich jedoch als wenig belastbar entpuppten. Denn eines sonntags um die Mittagszeit, als ca. 60 Gäste auf Essen und kühle Getränke warteten, suchten sie einfach kommentarlos ihr Heil in der Flucht.
Nun standen Wan und Thomy mit noch einer Aushilfe alleine da und mussten Wohl oder Übel improvisieren und den Tag retten. Doch das paradoxe ist: Dieser Zustand hält bis heute an! Selbst bei überdurchschnittlicher Bezahlung, freier Unterkunft und freier Verpflegung konnten bislang keine dauerhaften Arbeitskräfte gefunden werden, wobei auch mittlerweile schon lange außerhalb der Familie gesucht wurde und noch wird.
Entweder die Frauen gehen gleich nach Pattaya, Bangkok oder Phuket, um dort im horizontalen Gewerbe richtig Geld zu machen oder sie gehen im nahe gelegenen Hardware-Werk, Seagate, der Arbeit nach. Dort werden fast 10.000 Mitarbeiter beschäftigt und ebenfalls sehr gut entlohnt. Dieser Zustand weitgehend ohne qualifizierte Mitarbeiter kann natürlich kein Dauerzustand sein
Die Idee und der Mut der Ausführung verdienen Anerkennung. Aber danach geht es in Thailand leider viel zu selten.
TW
Und zu dieser Zeit waren wir noch frohen Mutes das war 2007.
weiter gehts mit ein paar Bildern aus dieser Zeit