Versöhnung: Same procedure as every year?
Freitag, den 11. Juni 2010 um 01:08 Uhr, Mark Teufel:
Wie oft wurde den Menschen Thailands bereits gesagt, sie sollten doch der Versöhnung willen zustimmen, später könnte man ja noch Änderungen vornehmen. Mir fallen mindestens zwei Beispiele spontan ein. Als man mit dieser Begründung die Zustimmung zur Verfassung von 1991 und dann zur Verfassung von 2007 ernötigte. In beiden Fällen hatte man gesagt, dass zur Versöhnung eine Zustimmung notwendig wäre, und dass man später Verbesserungen vornehmen könnte. In beiden Fällen hatten sich dann aber reaktionäre rechte Kräfte gegen jede Veränderung gestemmt und in beiden Fällen hatte es in der Folge dann viele Tote gegeben.
Wir haben erlebt, wie in der Kampagne für die Verfassung von 2007 damit geworben wurde, dass die Verfassung für die Versöhnung wichtig wäre, und dass ja eine gewählte Regierung Änderungen einbringen könnte. Und jeder weiß was daraus geworden ist. Die Verfassung von 2007 war der Junta so wichtig, weil sie ihre Amnestie für den Coup von 2006 und evt. folgende Coups legitimieren wollte, und weil die Macht nicht mehr alleine aus den Läufen von Gewehren, sondern aus den Gerichtsentscheidungen kommen sollte. Nicht beabsichtigt war eine wirkliche und ernst gemeinte Versöhnung. Das konnte man deutlich im Jahr 2008 an den Aktionen der extremistischen Volksallianz für Demokratie (PAD) sehen, die Regierungsgebäude und Flughäfen mit der Hilfe der Armee besetzte, um Verfassungsänderungen zu verhindern. Verfassungsänderungen, die von der Regierungspartei PPP im Wahlkampf als Hauptthema gewählt worden waren und die maßgeblich zum Wahlsieg beigetragen hatten.
Es steht nicht zu erwarten, dass die Menschen, die der Regierung gegenüber kritisch eingestellt sind, positiv auf die heute bekannt gewordene „Roadmap“ zur Versöhnung eingehen werden. Zu groß ist das Misstrauen, und zu schlecht ist das Image dieser Regierung, die für die Mehrzahl der Thailänder lediglich die Fassade für eine Militärdiktatur darstellt.
Schauen wir uns einige Aspekte des vorgeschlagenen Komitees „zur Versöhnung“ und deren Aufgaben an, die der Premierminister in der Vorbereitung für sein „Neujahrsgeschenk“ an die Bürger Thailands vorbereitet hat. Ein „Neujahrsgeschenk“ werden Sie fragen? Ja sicher, Abhisit sieht sich nicht als Angestellter und rechenschaftspflichtiger Manager von Thailands Bürgern an, der die Pflicht hat ihrem Willen zu folgen, sondern er sieht sich als der Vertreter einer höheren Macht an, der den Menschen „ein Geschenk macht“. Das Geschenk eines thailändischen Reform-Plans.
Z. B. das Komitee zur Klärung der Todesfälle während der zweimonatigen Demonstrationen der UDD (Allianz für Demokratie und gegen Diktatur):
Mit der Leitung wurde eine Person beauftragt, die bereits im Jahr 2007 gezeigt hatte, dass sie das Vertrauen der Generäle hat, als sie damit beauftragt wurde, eine Untersuchung in die vermuteten Menschenrechtsvergehen der Verwaltung von Ex-Premierminister Thaksin vorzunehmen. Es war der Generalstaatsanwalt Khanit na Nakhon, der das Vertrauen der Junta hat. Das Ergebnis landete als Geheimdokument in den Schränken und genau in diesen Tagen holte es der Premierminister wieder heraus und will die noch offenen Fragen durch eine neue Kommission prüfen lassen. So offensichtlich ist der Versuch mit dieser längst überfälligen Aufarbeitung der thailändischen Geschichte von den Morden im April und Mai abzulenken, dass die Blogs voller Spott dafür sind. Selbst Sympathisanten der Regierung sehen kaum Grund zu der Annahme, dass diese Kommission etwas anderes herausfinden wird, als dass die Befehlsgeber angemessen gehandelt hätten, und allenfalls einzelnen Soldaten Vorwürfe gemacht werden, „überreagiert“ zu haben.
Auch andere Ernennungen die erwartet werden, dürften kaum überraschen. Anand Panyarachun, mehrfach vom König zum Premierminister ernannte (nicht gewählte) und Inhaber des riesigen Unternehmenskomplexes, der SAHA-Gruppe, einer der glühenden Anhänger der Monarchie. Oder Prawase Wasi, ein reformerischer Monarchist der maßgeblich bei der Gestaltung der Verfassung von 1997 mitgewirkt hat, und an seinen Fehlern zum großen Teil mitschuldig ist. Ein Erzfeind Thaksins, der ihn mit Aids verglichen hat.
Dann soll zum sechsten Mal eine Verfassungsreform in einem Komitee diskutiert werden und jeder weiß, welche Punkte dann wieder daraus hervor kommen werden, nämlich sicher keine, die eine Demokratisierung der Verfassung bedeuten werden, sondern lediglich solche, die die Verwaltung leichter machen und den Abgeordneten und Parteien gewisse Vorteile bringen werden.
Wie kann man erwarten, dass ein Versöhnungsprozess durch die Person vorgenommen wird, die von seinen Gegnern als Mörder und Schlächter von Bangkok bezeichnet werden, und der wiederum seine politischen Gegner als Terroristen bezeichnet und 50.000 Soldaten aufgebracht hat, um eine Hand voll Bewaffneter ( The Nation) zur Strecke zu bringen und dabei das Leben von ca. 100 Menschen zu opfern, über 2000 Verletzte in Kauf zu nehmen und dabei von geringen Opfern sprechend, weil es auch 200 bis 400 Tote hätten sein können?
Versöhnung bedingt eine Aufarbeitung der Geschehnisse ohne Beeinflussung. Und was hier geschieht Rechtfertigungsjustiz. Je mehr die Opposition im und vor dem Parlament kriminalisiert wird, statt sie in den Reform- und Versöhnungsprozess einzubinden desto stärker wird die Gefahr der endgültigen Spaltung des Landes. Und da dies ein allgemein bekanntes Prinzip ist, das man auch in Oxford kennt, werden die Aktionen von Premierminister Abhisit als reine Propagandaentlarvt. Und gleichzeitig werden die Anzeichen immer deutlicher, dass Abhisit noch zu keinem Zeitpunkt ernsthaft daran gedacht hatte, die Regierungsmacht mit den Wählern Thailands zu teilen, zumindest nicht so lange wie die Gefahr bestand, dass sie von ihm sein Mandat zurück fordern würden.
Aber auch die Rolle Thaksins und gewisser Anführer der UDD bedürfen dringend einer unabhängigen Aufklärung. Je stärker aber die Voreingenommenheit der Kommission zu Gunsten der Regierung, desto schwerer wird es auch sein, negative Ermittlungsergebnisse zulasten der UDD in der Gesellschaft glaubhaft darzustellen.