Teil 5: Zahle gefälligst deine Schulden zurück, oder...
Meine Frau und ich betraten einfach das Büro. Kein Problem, denn hier herrscht relativ offener Publikumsverkehr, falls nicht überlaufen. An diesem Tag war zu diesem Zeitpunkt kaum was los. Terminvergaben spielten sicherlich auch eine Rolle. Aber viele einfache Leute trauen sich sowas nicht. Die haben zu viel Respekt vor diesen Beamten und warten, bis sie jemand hoffentlich anspricht.
Oh Wunder. Das Ehepaar tauchte tatsächlich kurz darauf auf. Man sah ihnen an, wie verunsichert sie über das waren, was nun kommen würde. Er kam mir noch von früher bekannt vor, sie nicht. Vielleicht hatte sie sich auch inzwischen zu ihrem Nachteil verändert. Sie hatte das asozialste und verhärmteste Gesicht, welches mir je im Isan untergekommen ist.
Dieses Büro ist zweigeteilt. Ein Bereich für die Beamten mit den Schreibtischen und PCs , den Aktenschränken und Drucker und Fotokopierer. Und ein mit niedrigen Stellwänden getrennter Bereich, wo sich die Kunden an einem grossen Tisch niederlassen können und die Fälle behandelt werden.
Ein Beamter mit “Ministry of Interior” auf sein Hemd gedruckt setzte sich ans Kopfende und los ging`s. Er interviewte beide Parteien ausführlich und machte sich Notizen. Meine Frau blieb ruhig und sachlich, während man der Tussi ansah, wie sehr sie sich beherrschen musste um nicht loszupoltern. Kein Wunder, sie ist in der klassischen Situation, wo die Schuldner normalerweise den Geldverleiher anscheissen, wenn wiederholt um Rückzahlung gebeten.
Fragt mal eure Thai-Holde, was passiert, wenn sie die Schuldner wiederholt dazu auffordert, gefälligst ihre Schulden zu begleichen. Dann fliegen ihr oft die Fetzen um die Ohren in dem Sinne, was für ein Arschloch die Geldverleiherin doch sei. Vergessen das Flehen um Geld unter Tränen und herzerweichenden Stories.
Hier auf dem Amt ging das natürlich nicht. Ausserdem erwähnte meine Frau, dass die “Dame” ausgibig zockt, überall Schulden hat und sogar polizeibekannt ist. Die wurde im Laufe der Sitzung immer kleinlauter.
Interessant war, dass sie sich nicht traute, meiner Frau oder mir ins Gesicht zu schauen oder gar in die Augen. Kein einziges mal. So beschloss ich, sie ununterbrochen im Auge zu haben. Reine Provokation, denn ich weiss, dass selbst wenn sie einen nicht direkt anschaut, sie trotzdem im Blickfeld hat, dass ich sie stetig beobachte.
Mittlerweile kamen noch zwei weitere Personen hinzu, ein anderer Beamte und ein Army Officer. Man merkte gleich wie routiniert sie mit solchen Fällen umgehen. Ausserdem sorgten sie für lockere und entspannte Stimmung..
Mir war nun klar, dass dies ein spezielles Büro für solche Schuldenfälle ist. Es hat mit Polizei, Gerichten und Rechtsanwälten nichts zu tun. Der Sinn von da Janze ist, eine gemeinsame und friedliche Lösung zu finden, mit der beide Parteien leben können.
Einer der Beamten hatte mich einmal auf englisch angesprochen. Wo ich herkäme und so. Ermutigt dadurch fragte ich ihn, ob es viele solche Fälle wie unseren gäbe. Seine Antwort war: mehrere täglich.
Das Ehepaar wurde immer stiller. Ein Beamter lobte meine Frau für ihre Sachlichkeit und präziese Auskunft. Oft genug würden an diesem Tisch die Fetzen fliegen. Im übertragenen Sinne natürlich.
Das vorläufige Endresultat war ein amtliches Schreiben in dreifacher Ausführung, nämlich für die beiden Parteinen und eines für`s Amt.
In der Quintessenz steht darin, dass die Schuldner in vier Raten a 5,000 Baht monatlich ihre Schulden begleichen müssen. Besiegelt mit Unterschrift von allen Parteien, amtlichen Stempel und ergänzt mit Fotokopien der ID Cards.
Interessanterweise müssen die Schuldner die Raten persönlich monatlich in diesem Office abliefern. Die Zinsen für drei Monate an den Verleiher, insgesamt 6,000 Baht, kann meine Frau abschreiben.
Nun läuft die Uhr. Wir werden sehen wie`s weitergeht.
Ich fragte den englischsprechenden Beamten, was denn die nächste Stufe wäre, falls die Schuldner ihre Raten nicht bezahlen.
Seine Antwort: “Take a lawyer and go to court.” (Nimm dir nen Rechtsanwalt und zieh vor Gericht)
Wir wechselten noch ein paar freundliche Worte. Das ermutigte mich, ihm noch eine Frage zu stellen, denn ich wollte mal wieder was verstehen.
“Reicht eigentlich High School (insgesamt 12 Schuljahre) oder ist ein Uni-Abschluss notwendig für einen Government Job?”
Die Antwort war klar. “Nur mit Uni-Abschluss.”
Für mich hat sich wiedermal bestätigt, dass diese 12 Schuljahre in Thailand keinen besonderen Wert haben. Lächerlich, die mit unserem Abitur zu vergleichen. Sie ermöglichen lediglich, rein theoretisch, einen eventuellen Zugang zu Uni. Ansonsten kriegste damit üblicherweise nur einen Job in der 10 bis 14,000 Baht pro Monat Kategorie. Lasse mich aber gerne belehren, falls da mehr drin ist.
Ganz zum Abschluss wurde noch ein Gruppenfoto von allen Beteiligten gemacht.
Ich sagte zum Abschied “Auf Wiedersehen” und übersetzte es auf Thai gleich danach. Das fanden alle lustig und wir wurden auf`s Freundlichste verabschiedet.
Dieses Thema ist als Info besonders für Expats, die zusammen mit ihren Holden in Thailand leben, gedacht. Solch eine Schulden-Situation ist alles andere als ungewöhnlich und weit verbreitet.
Allerspätestens in ein paar Monaten gibt`s Neuigkeiten diesbezüglich.