Thanon Charoen Krung - Chinesische Verwandtschaften
Plötzlich standen wir vor einem kleinen Schrein. Links und rechts von den Figuren hingen chinesische Laternen mit den typisch langen und beschrifteten Fahnen.
Medium 407056 anzeigen
Auf einer Art Altar standen einige Figuren hinter Glas. Bis auf die größte oben in der Mitte stellten sie für mich Buddha dar. Besonders der fettleibige war mir vertraut. Für die Chinesen versinnbildlicht er Wohlstand und Glück. Das war mir bekannt. Lediglich die Figur mit der Krone sagte mir nichts. Stellte sie irgendeinen chinesischen Herrscher dar?
Davor eine große Schale, in der ein paar Räucherstäbchen steckten. Einige schienen gerade heruntergebrannt zu sein und verbreiteten noch den typischen Tempelduft. Auf der linken Seite standen Kisten, ziemlich unspektakulär wurde diese Nische anscheinend auch als Lagerstätte für irgendwelche Utensilien benutzt.
Medium 407057 anzeigen
Sirirat ging sehr zielstrebig vor, kramte in ihrer Handtasche, zückte ein Portemonnaie und steckte einen Schein in einen Spendenkasten, der mit mehreren Vorhängeschlössern gesichert war. Dann öffnete sie eine der länglichen Schachteln, die auf beiden Seiten des Altars lagen, entnahm neun Räucherstäbchen und zündete sie geschickt mit ebenfalls vorhanden Streichhölzern an.
Ich trat etwas zur Seite und schaute Sirirat gebannt zu. Sie ging auf die Knie, hielt die Räucherstäbchen zwischen ihren flachen Händen in Stirnhöhe, neigte leicht ihren Kopf drei mal und hielt dann etwa für eine Minute in Gedanken versunken regungslos inne.
Schon wieder erlebte ich einen intimen Moment mit Sirirat. Zuerst ihre nackte Füße auf dem Gesundheitspfad im Suan Saranrom Park und nun diesen Moment ihrer Andacht, bei dem ich mir etwas deplatziert und als Eindringling vorkam.
Sirirat erhob sich, steckte die Räucherstäbchen in die mit fester Asche gefüllten Schale und entschuldigte sich schon wieder bei mir. Dieses mal wegen ihrer einsamen Handlung und nicht wegen irgendeiner Fußmassage auf einem Steinpfad.
Wir wollten gerade zur Thanon Charoen Krung zurückkehren, als ich eine fröhliche Stimme hinter uns hörte: „Sawat di, nong Mo, bei nei?“ „Guten Tag Schwesterchen Mo, wohin gehst du?“
Soweit reichte mein Thai schon. Es ist eine oft gehörte Begrüßungsformel. „bei nei“ bedeutet zwar: „wohin gehst du?“, aber es wird keine ausführliche Antwort erwartet. Standard Antwort ist oft: „bei tiau“, „gehe spazieren“.
Ähnlich wie im englischen „how are you?“, wobei auch keine langatmige Gesundheitsgeschichte des Angesprochenen befürchtet wird, außer vielleicht von einem Deutschen, der nach dieser simplen Begrüßungsformel sein ganzes leben erzählt. Eine Antwort: „fine, thank you“ reicht da nämlich voll hin.
Eine ältere Dame fasste Sirirat freudig mit beiden Händen an ihren rechten Unterarm und streichelte sie dabei ein wenig. Hatte sie etwa „Mo“ zu Sirirat gesagt? Der Name war mir inzwischen durch ihre Erzählungen zur Genüge bekannt.
Sirirat schien auch sehr glücklich über diese Begegnung zu sein. „Sawat di, pa Pum, khun sabeidi....?“ Guten Tag, Tante Pum, wie geht es dir?
Mehr Worten konnte ich nicht folgen. Beide schienen sich sehr gut zu kennen und ein sehr herzliches Verhältnis miteinander zu haben. Nach nur wenigen Sätzen stellte mich Sirirat vor.
„Dies ist khun Hermann, ein guter Freund meines Vaters. Der hat mir aufgetragen, ihm unsere Heimat etwas näher zu bringen.“
Und an mich gerichtet: „Das ist Pa Pum, meine Lieblingstante. Sie hat mich früher immer mit Süßigkeiten, meinem geliebten kanom, versorgt.“
Mo, kanom, Pa Pum...mir kam das alles sehr bekannt vor. Hatte mir Sirirat dies alles nicht auf dem Wege bis hierhin erzählt? War diese Geschichte über Mo auf Koh Kret nicht schon über 200 Jahre alt?
Bin ich etwa in eine Zeitschleife geraten, die vor mehr als 200 Jahre vorher begann? Ist Zeit nur eine Illusion? Womöglich würde mich gleich diese Gasse verschlingen und mich für Jahrhunderte in die Anfangszeiten dieser Familie entführen?
Nachdem wir uns von Tante Pum verabschiedet hatten, stellte sich heraus, dass dies der Hausschrein eines Teiles von Sirirats Familie ist. Ihre Ur-Großmutter väterlicherseits lebte einst dort und als Kind hatte Sirirat sie oft besucht und in dieser Gasse und den Schleichwegen bis hin zur Thanon Yaowarat gespielt.
Auch eine kleinere Figur in diesem Schrein offenbarte ihr Geheimnis. Diese sei ein Bodhisattva, ein Heiliger und Erleuchteter im Mahayana-Buddhismus, der den leidenden Menschen hilfsbereit zur Seite steht, damit auch sie in den erlösenden Genuss der Erkenntnis kommen. Er verzichtet damit auf das Nirvana, die endgültige Auslöschung seiner selbst und wird wiedergeboren werden.
Medium 407058 anzeigen
„Diese Richtung des Buddhismus haben die chinesischen Einwanderer mitgebracht. Sie ist weitaus bunter als die traditionelle Thai-Richtung.
Wir folgen dem Theravada-Buddhismus, dem Weg der Älteren.
Ich langweile sie, ja?“ schloss Sirirat ihren Kurzvortrag ab.
„Ich könnte ihnen stundenlang zuhören. Alleine hätte ich diese Gasse wohl übersehen und nie erfahren, was es mit diesem Schrein auf sich hat. Ich bin absolut begeistert von ihrem charmanten und informativen Vortrag.“
Auf Sirirats Stirn stand bag wahn, (Süssholz raspeln), geschrieben, aber sie bedankte sich höflich lächelnd mit einem Anflug von Schelm:
„kop khun ka.“
Ich nahm mir vor, meine Komplimente etwas rationaler zu verkleiden. Aber geht das überhaupt?
Auf unserem weiteren Wege behielt die Strasse ihr chinesisches Flair noch eine Weile. Wir befanden uns nämlich am Rande von China Town, wie Sirirat mir erklärte. Die Thanon Charoen Krung ist hier recht eng, schattig und eine Einbahnstrasse. Und dann wird der Blick auf einen Platz frei, dessen Mitte mit einem großen chinesisch anmutendem Tor geschmückt ist...
Medium 400075 anzeigen
Plötzlich standen wir vor einem kleinen Schrein. Links und rechts von den Figuren hingen chinesische Laternen mit den typisch langen und beschrifteten Fahnen.
Medium 407056 anzeigen
Auf einer Art Altar standen einige Figuren hinter Glas. Bis auf die größte oben in der Mitte stellten sie für mich Buddha dar. Besonders der fettleibige war mir vertraut. Für die Chinesen versinnbildlicht er Wohlstand und Glück. Das war mir bekannt. Lediglich die Figur mit der Krone sagte mir nichts. Stellte sie irgendeinen chinesischen Herrscher dar?
Davor eine große Schale, in der ein paar Räucherstäbchen steckten. Einige schienen gerade heruntergebrannt zu sein und verbreiteten noch den typischen Tempelduft. Auf der linken Seite standen Kisten, ziemlich unspektakulär wurde diese Nische anscheinend auch als Lagerstätte für irgendwelche Utensilien benutzt.
Medium 407057 anzeigen
Sirirat ging sehr zielstrebig vor, kramte in ihrer Handtasche, zückte ein Portemonnaie und steckte einen Schein in einen Spendenkasten, der mit mehreren Vorhängeschlössern gesichert war. Dann öffnete sie eine der länglichen Schachteln, die auf beiden Seiten des Altars lagen, entnahm neun Räucherstäbchen und zündete sie geschickt mit ebenfalls vorhanden Streichhölzern an.
Ich trat etwas zur Seite und schaute Sirirat gebannt zu. Sie ging auf die Knie, hielt die Räucherstäbchen zwischen ihren flachen Händen in Stirnhöhe, neigte leicht ihren Kopf drei mal und hielt dann etwa für eine Minute in Gedanken versunken regungslos inne.
Schon wieder erlebte ich einen intimen Moment mit Sirirat. Zuerst ihre nackte Füße auf dem Gesundheitspfad im Suan Saranrom Park und nun diesen Moment ihrer Andacht, bei dem ich mir etwas deplatziert und als Eindringling vorkam.
Sirirat erhob sich, steckte die Räucherstäbchen in die mit fester Asche gefüllten Schale und entschuldigte sich schon wieder bei mir. Dieses mal wegen ihrer einsamen Handlung und nicht wegen irgendeiner Fußmassage auf einem Steinpfad.
Wir wollten gerade zur Thanon Charoen Krung zurückkehren, als ich eine fröhliche Stimme hinter uns hörte: „Sawat di, nong Mo, bei nei?“ „Guten Tag Schwesterchen Mo, wohin gehst du?“
Soweit reichte mein Thai schon. Es ist eine oft gehörte Begrüßungsformel. „bei nei“ bedeutet zwar: „wohin gehst du?“, aber es wird keine ausführliche Antwort erwartet. Standard Antwort ist oft: „bei tiau“, „gehe spazieren“.
Ähnlich wie im englischen „how are you?“, wobei auch keine langatmige Gesundheitsgeschichte des Angesprochenen befürchtet wird, außer vielleicht von einem Deutschen, der nach dieser simplen Begrüßungsformel sein ganzes leben erzählt. Eine Antwort: „fine, thank you“ reicht da nämlich voll hin.
Eine ältere Dame fasste Sirirat freudig mit beiden Händen an ihren rechten Unterarm und streichelte sie dabei ein wenig. Hatte sie etwa „Mo“ zu Sirirat gesagt? Der Name war mir inzwischen durch ihre Erzählungen zur Genüge bekannt.
Sirirat schien auch sehr glücklich über diese Begegnung zu sein. „Sawat di, pa Pum, khun sabeidi....?“ Guten Tag, Tante Pum, wie geht es dir?
Mehr Worten konnte ich nicht folgen. Beide schienen sich sehr gut zu kennen und ein sehr herzliches Verhältnis miteinander zu haben. Nach nur wenigen Sätzen stellte mich Sirirat vor.
„Dies ist khun Hermann, ein guter Freund meines Vaters. Der hat mir aufgetragen, ihm unsere Heimat etwas näher zu bringen.“
Und an mich gerichtet: „Das ist Pa Pum, meine Lieblingstante. Sie hat mich früher immer mit Süßigkeiten, meinem geliebten kanom, versorgt.“
Mo, kanom, Pa Pum...mir kam das alles sehr bekannt vor. Hatte mir Sirirat dies alles nicht auf dem Wege bis hierhin erzählt? War diese Geschichte über Mo auf Koh Kret nicht schon über 200 Jahre alt?
Bin ich etwa in eine Zeitschleife geraten, die vor mehr als 200 Jahre vorher begann? Ist Zeit nur eine Illusion? Womöglich würde mich gleich diese Gasse verschlingen und mich für Jahrhunderte in die Anfangszeiten dieser Familie entführen?
Nachdem wir uns von Tante Pum verabschiedet hatten, stellte sich heraus, dass dies der Hausschrein eines Teiles von Sirirats Familie ist. Ihre Ur-Großmutter väterlicherseits lebte einst dort und als Kind hatte Sirirat sie oft besucht und in dieser Gasse und den Schleichwegen bis hin zur Thanon Yaowarat gespielt.
Auch eine kleinere Figur in diesem Schrein offenbarte ihr Geheimnis. Diese sei ein Bodhisattva, ein Heiliger und Erleuchteter im Mahayana-Buddhismus, der den leidenden Menschen hilfsbereit zur Seite steht, damit auch sie in den erlösenden Genuss der Erkenntnis kommen. Er verzichtet damit auf das Nirvana, die endgültige Auslöschung seiner selbst und wird wiedergeboren werden.
Medium 407058 anzeigen
„Diese Richtung des Buddhismus haben die chinesischen Einwanderer mitgebracht. Sie ist weitaus bunter als die traditionelle Thai-Richtung.
Wir folgen dem Theravada-Buddhismus, dem Weg der Älteren.
Ich langweile sie, ja?“ schloss Sirirat ihren Kurzvortrag ab.
„Ich könnte ihnen stundenlang zuhören. Alleine hätte ich diese Gasse wohl übersehen und nie erfahren, was es mit diesem Schrein auf sich hat. Ich bin absolut begeistert von ihrem charmanten und informativen Vortrag.“
Auf Sirirats Stirn stand bag wahn, (Süssholz raspeln), geschrieben, aber sie bedankte sich höflich lächelnd mit einem Anflug von Schelm:
„kop khun ka.“
Ich nahm mir vor, meine Komplimente etwas rationaler zu verkleiden. Aber geht das überhaupt?
Auf unserem weiteren Wege behielt die Strasse ihr chinesisches Flair noch eine Weile. Wir befanden uns nämlich am Rande von China Town, wie Sirirat mir erklärte. Die Thanon Charoen Krung ist hier recht eng, schattig und eine Einbahnstrasse. Und dann wird der Blick auf einen Platz frei, dessen Mitte mit einem großen chinesisch anmutendem Tor geschmückt ist...
Medium 400075 anzeigen