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Thailand Pattaya 1991 - Nach der Wende

Iffi

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18 Oktober 2008
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Pattaya 1991 - Nach der Wende

Die damalige Situation … fortgesetzt


In der nun bald folgenden Geschichte geht es nicht um Saudis, Manager von Go Go Bars, rennfahrerisch begabten Hotelbesitzern und Paten. Hier geht es um Nit und Noi, um Gung und Pat, um Nok und Pum. Hier geht es um den Fall der Mauer und wie auch er an diesen anschaffenden Landschönheiten nicht spurlos vorübergegangen ist, während ein neu aufstrebender Deutscher
Farang, vielleicht zum letzten mal, ein Vakuum in Pattaya und über seine Grenzen hinaus ausfüllt, das von den Saudis, einem verstorbenen chinesischen Paten und einem abgehauenen Ausländer hinterlassen wurde.

Pattaya ist eine künstliche Stadt. Aber welche Stadt ist das nicht. Thailand zeigt sich hier in all seinen Möglichkeiten. Pattaya ist wie die fokussierte Kraft eines durch ein Brennglas gebündelten Lichtstrahls. Wer behauptet, Pattaya ist nicht Thailand, kennt Thailand nicht.

Pattaya ist ein Schmelztiegel aller möglichen Thai Fassetten Alleine schon deswegen, weil sehr viele Thais, besonders die Mädels, aus allen möglichen Ecken in Thailand zumindest kurzfristig, manche längerfristig, in Pattaya leben und ihre Traditionen mitbringen.

Wer Interesse hat, kann in Pattaya die ganze Bandbreite der Thailändischen Kultur(en) und Denkweise anhand der Mädels kennenlernen.

Wer nur zum „Bumm Bumm“, in verliebter Illusion schwelgen und zum Saufen kommt, ist auch OK.

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Hollywood Boulevard, Rotlichtmeile, Kneipen, Restaurants, moderne Shopping Centers, traditionelle Thaikunst, Mac Donalds, köstliche Thai Food, Absteigen und Fünf-Sterne Hotels mit angenehmem asiatischen Service, einheimische Landbevölkerung gemischt mit Grosstadtkindern, Diebesbanden und hart arbeitende Straßenverkäufer, Schneiderinnen und Bauarbeiterinnen, eine Orphanage, Kirchen und Moscheen, Golfclubs und Rotary Club, rege besuchte Schulen, Ämter, und Tempelanlagen, die zum Verweilen einladen. Mit vielen, vielen ganz normalen einheimischen Familien, die sich bemühen, ihren Kindern eine Ausbildung zu finanzieren und ihnen die traditionellen Thaiwerte vermitteln.

Mit Expatriats, die versuchen, mit dem Thaistrom mitzuschwimmen, ihr ehrliches Geld verdienen oder ausgeben und ihrem Gastland den Respekt oder die Gleichgültigkeit erweisen, die sie überleben lässt.

Das Zentrum des Vergnügungsviertels in Pattaya lag damals 1991 in der Soi Diamond inklusive der näheren Umgebung die Walking Street entlang.

Soi Diamond vor der Umgestaltung

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Hier an der Karussel Bar und Lothar's Baby Go Go

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Die Musik in den Bier Bars war noch vorwiegend rockig und in den in dieser Gegend in geballter Zahl angesiedelten Go Go Bars war immer wat los. Namentlich die drei Baby Go Gos, das Fire House und das Black Out. Weitere damalige Namen habe ich vergessen.

Die Marine Disco im ersten Stock an der Walking Street war ein beliebter Anlaufpunkt allerfrühestens ab 23 Uhr. Im Erdgeschoss wurde auf die Thaiboxer gewettet, rot oder blau. Weiter im Hintergrund, Richtung Wasser, liefen Action-Filme auf grosser Leinwand und ohrenbetäubender Lautstärke. Laufend kamen „Damen“ mit eiskalt gekühlten Frischtüchern vorbei und boten ihre schweissentfernenden Dienst an. 1991 verlangten sie dafür 5 Baht oder mehr oder weniger? Ich weiss es nicht mehr.

Marine Entertainment Komplex mit der Rolltreppe hoch in die Disco.

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Pattaya entbehrt nicht einer gewissen Faszination. Daran können auch die oft erwähnten schlimmen Begebenheiten nichts ändern. Es steht beispielhaft für die Sehnsüchte der Menschen aller Couleur. Es liegt Verzweiflung in der Luft. Eine Verzweiflung, der wir alle entrinnen möchten. Noch einmal richtig leben, noch einmal wie Kinder sein, immer wieder die leider viel zu kurze Illusion der Zuwendung erleben, auch wenn sie erkauft werden muss.

Auf der anderen Seite die hoffnungsvollen Nutznießer unserer Verzweiflung. Die Thaigirls und die vielen anderen, die um ein Stück des Kuchens kämpfen. Es ist ein Paradebeispiel für das Leid, aus dem der Buddhismus sich begründet. Das Leid, immer wieder hervorgerufen durch erneutes Verlangen, die Gier nach mehr, nach Befriedigung der Sinneslust, zu der auch Gemütlichkeit und Anerkennung bei der einheimischen Bevölkerung, nach Frieden und einem Leben im vermeintlichen Paradies gehört.

Party ohne Ende.

Pattaya! Pattaya! Pattaya!


P.S. und wer glaubt, Themen wie Stranderweiterung, Verbesserung des Fussweges entlang der Strandseite der Beach Road, Abwässergestank und Abwasserbeseitigung, Müll, Überschwemmungen der Strassen bei Regenfällen, Eindämmung oder gar Abschaffung der Prostitution etc. etc. wären moderne Themen, irrt sich gewaltig. Darüber wurde schon 1991 ausführlich in den Zeitungen geschrieben und an den Stammtischen gelabert.

Muss immer grinsen, wenn in unserm Forum eines dieser Themen hin und wieder als neuer Sachverhalt und Hoffnung auf Verbesserung, oder gar mit Angst, was die Abschaffung der Freudenmädchen betrifft, diskutiert wird.

Diese Themen sind asbach uralt...
 

Iffi

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Möchte ich stark bezweifeln.
 

Iffi

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Kommunist Buddha

Einleitung



Der Golfkrieg endete am 28 Februar 1991, aber hunderte von Ölfeldern brannten noch.

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Anfang März 1991 bin ich zuerst alleine wieder von BKK nach Saudi Arabien geflogen. Aber es gab noch keine Direktflüge von BKK nach Saudi wegen des Golf-Krieges. Die erste Airlines, die wieder nach Saudi flog war die Air France, aber nur von Paris aus. Ich war im ersten Flieger, der Saudi wieder anflog. Und zwar Paris – Jeddah. Von dort aus domestisch nach Riyadh.

Ich flog alleine um die Lage zu peilen, auch die berufliche und politische. Meine Thaifrau blieb noch in Pattaya, kam aber schon Ende April 1991 nach, als alles wieder klar war. Alles? Schon zwei Monate später, im Juni 1991, wies Saudi Arabien alle Thai Gastarbeiter aus. Um die 250,000.

Wir Saudi Expats machten uns Sorgen wg. unserer Thaiehefrauen. Besonders, was die spätere Einreiseerlaubnis von Thais nach Saudi Arabien betrifft, wenn sie einmal zwecks Besuch in ihrer Heimat ausser Landes waren.

Der Juwelendiebstahl eines Thais, Juni 1989, hatte zunächst keine diplomatischen oder negative Auswirkungen auf das Verhältnis Saudi Arabien und Thailand. Aber der Betrug bei der Rückgabe der Beute (alles fakes) und fast 20 im Zusammenhang mit der Aufklärung des Diebstahls der Juwelen ermordeten Saudis und Thais hatte böses Blut hinterlassen. Zusätzlich wurden auf Fotos von Thai HiSo Damen während festlicher Bankette an deren Hälsen Diamanten- und Edelsteinschmuck aus dem Juwelenraub entdeckt, den die Saudis identifizierten. Blieb aber ohne Konsequenzen.

Das führte schliesslich im Juni 1991 zur Abschiebung aller Thai-Arbeiter und den Abbruch diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern. Trotzdem gab es schon bald eine Sonderregelung für Thai-Ehefrauen von Farang Expats, die in Saudi Arabien arbeiteten.

Und übrigens. Saudi Arabien und Thailand haben bis heute nicht zu normalen diplomatischen Beziehungen zurückgefunden. Es gab im Zusammenhang mit dem Juwelenraub zu viele Tote und zu viele verlorene Gesichter.

Schon Anfang Mai 1991 kam meine Frau nach und im Juni 1991 zogen wir von Riyadh nach Jeddah am Roten Meer um. Ich war die Karriereleiter ins Saudi IBM Head Office hochgefallen und hatte nun die Verantwortung für IBM Networking Produkte in Saudi Arabien, Bahrain, VAE und Oman.

Schon im Oktober 1991 flogen wir wieder nach Thailand. Dieses mal wieder in Friedenszeiten und freiwillig. Die Lage hatte sich in Bezug auf Thaiehefrauen von Expats in Saudi Arabien inzwischen entspannt. Meine Frau konnte wieder ungehindert ein und ausreisen.

Pattaya !


Dieses Wort hatte sich schlagartig in den neuen Bundesländern herumgesprochen. Auch unsere Brüder und Schwestern aus der „ähemalschen De De äR“ wollten endlich verschärft leben.

Im Palm Garden in Pattaya erweiterte sich unser Bekanntenkreis durch zwei DDRler, die unterschiedlicher nicht sein konnten...
 

Iffi

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Kommunist Buddha

Das erweiterte Interview Ritual der Thai Bar Girls


Mal abgesehen von den jüngeren Leuten, die sich erstaunlich schnell einigermassen zurechtfanden, sind in diesem Jahr 1991 die älteren DDLer leicht zu erkennen. Die Verklemmtheit und das Misstrauen gegenüber den Eingeborenen steht der ostdeutschen Rentnerband in dieser völlig ungewohnten Umgebung ins Gesicht geschrieben. Ein Barhocker wird zum Logensitz, wenn sich unsere dazu gewonnenen Pensionisten in eine Bierbar begeben. Dann heißt es still sein, zuhören und zuschauen und die Vorstellung zu geniessen.

Bar Girl: „Where you come from ?“

DDRler: „Was? Was willst du überhaupt?“

nach Übersetzungshilfe des Nachbarn

DDRler: „Deutschland“

Bar Girl: „Häh?“

nach Übersetzungshilfe einer Thaikollegin (Jährmanie)

Bar Girl: „East or West?“

DDRler: „Ost“


nicht gefolgt vom standardmäßigen: „I like“ sondern von einer Weitergabe dieser Information an die Kolleginnen hinter der Bar. Die wissen nun, dass es kein Trinkgeld gibt, der Humor abgesagt ist, eine Frage nach dem nächsten Drink als unhöflich empfunden oder gar nicht erst verstanden wird. Farang German East spricht nämlich kein Englisch, schätzt noch die neu errungene D-Mark, ist knapp bei Kasse und sieht sich an diesem Ort von Dieben und Betrügern umstellt, was aber ihrer Geilheit keinen Abbruch bereitet.

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Es ist erstaunlich zu welch feiner Differenzierung die Mädels fähig sind, wenn es um die Einschätzung der monetären Potenz und des Geisteszustands eines Gastes geht. Keine Farang Verallgemeinerung mehr, sondern eine sehr genaue Unterscheidung der Leute aus einem sehr weit entfernten Land.

So hat der Fall der Mauer das Kennenlern-Ritual der Thaimädels um eine wesentliche Frage erweitert.

Der noch recht naive Herr Professor neben mir, zum ersten mal in Thailand, ist voll des Lobes für die unerwartete politische und geografische Bildung dieser einfachen Mädels vom Lande, die ja bekanntlich alle erst seit zwei Wochen und nur in den Sommerferien hier arbeiten. Dabei nimmt er wohlwollend in Kauf, dass einige der Mädels offensichtlich zu den Langzeitstudentinnen gehören, oder gar nach der langjährigen Bürde von zu erziehenden Kindern das Studium der Sozialpädagogik wieder aufgenommen haben und in der Bar das Praktikum leisten. Ihr überaus professioneller und zur Lebensbejahung ermutigende Umgang mit so manch völlig verkorkstem Farang lässt einfach keinen anderen Schluss zu.

Nee, den kriegste wirklich nimme hin“ singen die BAP im Angesicht dieser genialen Begabung völlig vergeblich. „Du kanns zaubere“ im selben Lied, beschreibt zu 100% diese Studentinnen. Abschlussnote: Summa cum laude. Das Land der Gelobten.

„Ist das Schulsystem wirklich so gut in Thailand?“

fragt mich der begeisterte Professor als vermeintlichen Thailandkenner.

„Eines der besten überhaupt. Erdkunde und Sozialkunde beispielhaft.“

ist meine Antwort, und er sieht ab jetzt Thailand mit anderen Augen. Fühlt sich trotz schlechten Gewissens wg. eventuell unmoralisch bezahltem Sex bestätigt, am richtigen Ort zu sein. Mit gebildeten Mädels rumvögeln ist ja schließlich standesgemäß.

Die Intelligenznummern seien ihm gegönnt. Auch er wird sich, ohne meine Hilfe, das ein oder andere fachfremde Wissen angeeignen. Dafür werden schon die von Natur aus begabten angehenden Lehrerinnen sorgen.

Dao, meine erste wirkliche „Thailiebe“ in meinem ersten jahr, 1985, in Pattaya, die aber wegen der vielen, vielen anderen Süssen keinen Bestand hatte, betrachtete uns beide mit leichtem Kopfschütteln von ihrem Platz hinter der Bar an.


Dao 1985

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Jetzt, 1991, war sie wieder zurück aus Deutschland. Sie hatte damals ein Jahr nach mir dorthin geheiratet, aber es ging total schief und sie kehrte in ihren alten Job zurück. Vorher war sie mit einem Australier verbandelt. Auch das ging schief.

Sie hat unseren Wortwechsel verstanden, da sie inzwischen neben Englisch auch ein gar nicht schlechtes Deutsch gelernt hat und das nicht zu wenig. Ja, ich bin ein Arschloch! Sie hatte wirklich Potential gehabt, aber für mich war das damals noch zu früh.

Als ich zwinkernd zurück grinse, erhalte ich einen kalten, spröden Blick mit einer virtuellen Sprechblase, die sagt:

„Hab ja schon immer gewusst, dass du ein Lügner bist.“

Der Professor schaut grübelnd zwischen uns beiden hin und her, aber Daos Blick ist schon wieder neutral.

Meine inzwischen mit mir seit Ende 1988 standesamtlich in Banglamung verheiratete Holde holt gerade Chicken Legs und kriegt dat Janze nicht mit. Auf die bekam ich immer Heisshunger, wenn ich ein paar Black Nam getrunken hatte. Ich bin außer Gefahr. Thais haben für wortlose Blicke ein besonderes Gespür und die nächste eheliche Kampfszene wäre schon vorprogrammiert, falls meine damalige Göttergattin das mitbekommen hätte, denn sie weiß von Dao und mir.

Die Frage: „East or West“ büßte nach 1991 im Laufe der Jahre ihre Bedeutung ein, wurde immer seltener gestellt und schliesslich einfach vergessen.
 
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Pungparamee

Seit mehr als 20. Jahren dabei
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21 Mai 2009
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NRW und โกสุมพิสัย
Der Unterschied "East oder West" fiel in jedem Land der Welt dem Service Personal, sowie den anderen Gästen sofort auf. Ostler und Westler wurden damals vom Service auch völlig anders behandelt und bedient. Meine Erfahrungen aus dieser Zeit, stammten aus Tunesien und den Kanaren. Da war Thailand noch ein absolut unbekannter Fleck Erde für mich o_O

Schön, das du mir diese Zeit in Erinnerung gerufen hast.
 
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Reaktionen: neitmoj und Iffi

Iffi

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Ich danke @Pungparamee für seine bestätigenden Worte was Ost und West Deutsche Touristen betrifft. Es geht noch weiter hier. Bisher war es ja nur eine Einstimmung in die Zeit um 1991. Jetzt kommt die echt wahre Geschichte mit Bühne Palm Garden 1991.

All den anderen eifrigen Mitlesern und deren ermutigenden Kommentare danke ich auch. :daumen :hut

Ich möchte euch nochmal versichern, die Geschichte ist wahr.
 
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Iffi

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Alltag im Palm Garden



Auch in unserem Standardhotel, dem Palm Garden, bahnen sich im Jahre 1991 Veränderungen an. Der armlange Haifisch im runden Glasbehälter in der Lobby zieht zwar wie immer seine vergeblichen und notorisch verzweifelten Kreise, aber, obwohl einiges gewohnt, sollten sich für bislang unmöglich gehaltene Dinge ereignen. Davon bald mehr.

Es ist erstaunlich, wie sich bis heute, 2019, fast gar nichts in der Pool Gegend des Hotels geändert hat. Die aktuellen Bilder vom Palm Garden im Web könnten auch von 1991 sein und wenn ich sie mir heute anschaue, fühle ich mich in die 90er zurückgesetzt. Meine Bilder aus jener Zeit sind leider verschollen.

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Im Palm Garden verweilten wir regelmäßig, wenn unser Haus mal wieder Langzeit vermietet war. Die Chefin gehört zu unserem engsten Bekanntenkreis und unser Übernachtungspreis wird als Staatsgeheimnis gehütet. Die Gäste sind bunt gemischt. Zwar kommen fast alle aus Deutschland. Vom halbseidenen Zuhälter aus Frankfurt, über gestandene und weniger gestandene Leute jeglichen Alters, bis zur Rentnerband, ist dort alles vertreten. In diesem Herbst 1991 gehörten wir zu dem üblichen Kreis. Ein Bundesliga Schiedsrichter aus Bochum, ein Frührentner aus Bayern, ein kölsche Jung und ein Westberliner. Wir alle kannten uns schon, denn sie sind Stammgäste und kommen immer wieder. Ich bin der einzig Verheiratete, die anderen alle mit ihren Langzeit-Susis, damit die Morgennummer gesichert ist.

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Das Gastgelände ist weitläufig, der Swimming Pool hat offizielle Schwimmsportausmaße, eine kleine Bar, Pool Billard, weite runde Strohdächer spenden Schatten, bunt blühende Sträucher und Palmen erfreuen das Auge in dieser tropisch, farbenfrohen Gartenlandschaft. Einer der Kellner ist schwul mit einem recht mädchenhaften Gehabe. Die Mädels sagen: Lady Man, was aber bei ihm nicht bedeutet, sich hormonunterstützte Titten wachsen oder seine Vorhaut nach innen umstülpen zu lassen.

Er ist ein angenehmer Geselle, immer freundlich, meist humorvoll und spaßig. Die Mädels lieben ihn, reden mit ihm, wie zu einer Freundin, und wir Männer respektieren ihn. Er hat eine ganz besondere Gabe, die Stimmung aufzulockern und wird von uns deshalb geschätzt. In seiner Gegenwart fühlt man sich unausgesprochen als Gast. Er spielt seine Kellnerrolle mit viel Selbstironie und bühnenreif. Über mangelndes Trinkgeld von uns, auch manchmal heimlich zugesteckt, damit er es nicht mit der Belegschaft zu teilen braucht, kann er sich nicht beschweren.

Die Langzeiterrungenschaften des Clubs sind nicht neu. Die Männer kennen Thailand seit über 10 Jahren, kommen jährlich zwei bis drei mal hierher und haben irgendwann mal aufgehört, permanent auf die Rolle zu gehen. Die Mädels haben zwar ueber die Jahre manchmal gewechselt, aber es waren immer Langzeitverhältnisse. Ihre Mädels haben nicht mehr das Problem, sich an einen fremden Farang gewöhnen zu müssen. Es sind fast schon ehemässige Verhältnisse. Wir wollen aber nicht verschweigen, dass der gelegentliche außerparlamentarische Seitensprung nicht verachtet wird. Die Clubmitglieder sorgen dann fürs Alibi. Wir verstehen uns alle gut, die Mädels sitzen friedlich im Schatten, schnattern und häkeln, da gut versorgt. Die fehlenden Sorgen um den nächsten Tag und wie man die paar Baht für eine Nudelsuppe zusammenbekommt, geben ihnen die Muße dazu.

Eine flüchtige Bierbarbekanntschaft hat mir mal erzählt, er hätte eine ganz Besondere gefunden. Die hätte hinter der Bar gehäkelt. Die müsse ja echt anders sein. Ich habe mir verkniffen zu erwähnen, dass gerade diese Fee wohlmöglich einige Checks pro Monat erhält, die ihr die mentale Ruhe für solch kreative Tätigkeiten im hektischen Pattaya gäbe. Wahrscheinlich hat diese unbekannte Lady in ihm einen weiteren Geldgeber gefunden. Es sei ihr gegönnt. Häkeln hinter der Bar hat sich als unerwartete Geldquelle in Pattaya rumgesprochen, gestand mir mal eine Bardame während einer meiner unvermeintlichen, von Sucht nach Kommunikation getriebenen Interviewphasen, vertrauensvoll. Gewiss nicht wegen des Erlöses aus den Ergebnissen ihrer Fingerfertigkeit mit Nadel und Faden.

Ich hatte meinen Verdacht, warum. Ein Mädel, dass hinter Bar häkelt oder strickt, muss ja wirklich anders sein. Das macht sie zur potentiellen Heiratskandidatin Nummer 1. :D

Wenn wir am Pool zu den Skatkarten greifen, fliegen Nadeln und Wollknäulchen ins Körbchen und die Dominosteine klickern. Unser Lieblingskellner würde uns frühzeitig genug warnen, falls die Polizei im Hause ist. Bis die bei uns am Pool wären, hätten wir schon längst alles weggeräumt.

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Aus erfrischenden weiblichen Thaigesichtern werden versteinerte Poker-Visagen beim Domino. Aller Frohsinn zusammen mit ihrer herzerweichenden natürlichen Schönheit erloschen. Das sind die Momente, wo sich der ein oder andere Farang in unserer Runde fragt, warum er um Himmels willen mit so einem hässlichen Dorftrampel den Urlaub verbringt. Zwischen dem Reizen beim Skat werden dann vorsichtig Ränkeschmiede auf Deutsch durchgespielt, wie man seine Schnecke heute Abend wegen eines geplanten Short Time Abenteuers überlisten kann. Strafe muss sein!
 

Iffi

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Ein Freund der DDR Bonzen



Plötzlich herrscht Unruhe. Jemand schnauzt ganz in der Nähe unseren Lieblingskellner an. Das geht entschieden zu weit! Wir beenden unser Spiel und der nächste Geber wartet mit dem Austeilen. Es stimmt tatsächlich. Ein in den Fünfzigern, bierbäuchiger Herr mit Metzgerstatur beschwert sich preußisch sächsisch über die „lausige“ Bedienung. Er hätte dies oder jenes nicht bestellt und dazu auch noch ewig gewartet. Alles auf Deutsch.

„Was ist dir denn über die Leber gelaufen?“ ruf ich rüber.

„Der ist zu blöd, meine Bestellung zu verstehen. Hier müsste mal der Mielke aufräumen, in diesem Scheißladen.“

kommt die empörte Antwort mit einem Augenzwinkern, wie unter Kumpels, zurück.

Die Luft knistert, als hätten die Schallwellen seiner Worte sie elektrisch aufgeladen. In einer Zehntelsekunde laufen hundert-tausende Computerinstruktionen in unseren Hirnen ab. Unsere vernetzten Rechner kommen in Rekordzeit zum gleichen Ergebnis. Der ist reif, aber ihm noch nichts verraten. Der muss ahnungslos voll ins Messer laufen. Müssen nur noch die richtige Gelegenheit abwarten.

„Na, beruhig dich mal. Wo kommste überhaupt her?“

frage ich, während die anderen schon gedanklich an allen möglichen Schweinereien arbeiten, die wir diesem Mielke Fan antun wollen. An Skatspielen ist nicht mehr zu denken. Die Mädels konzentrieren sich wieder auf ihr Dominospiel, nachdem sie festgestellt haben, dass hier keiner ausrastet.

„Aus Karl Marx Stadt (Chemnitz). Hab dort ein Restaurant mit angeschlossener Metzgerei gehabt.“

sagt der und holt schon Luft zum weiterreden.

„Haste überhaupt wat zum Schlachten jehabt, mein Juutster?

fragt unser kölsche Jung, dessen rheinländische Verarschungsstrategie langsam Gestallt annimmt.

„Mehr als genug. Bei mir ist die Stasi-Elite ein und ausgegangen. Mir hat es nie an etwas gefehlt. Die haben immer für den nötigen Nachschub gesorgt, falls es mal einen Engpass gab.“ anwortet der mit schwellender Metzgerbrust.

Oh Mann, wie kann man nur so blöd sein! In Gedanken haken wir die Schweinereien als zu gnädig ab. Der ein oder andere konzentriert sich schon auf mögliche Foltermethoden. Er interpretiert unsere Sprachlosigkeit als Interesse und fährt gleich fort:

„Ich war einer der wenigen, die bis zum Schluss der DDR Eigentum besaßen. Ich hab alles verkauft und es sind 300,000 in D-Mark dabei rausgesprungen.“

Ein Mädel mit geringen Deutschkenntnissen und Dominozahlsymbolen in ihren Augen hebt versteinert wie bekifft ihren Kopf und fragt:

„tau lai?“ (wie viel?)

„Three hundred thousand (dreihunderttausend), der ist dem Mielke in den Arsch gekrochen und hat Gold gefunden.“

sagt unser Bayer in völliger Frustration, und als ob sie die Mielke-Information verstehen würde.

„Cannot believe“

sagt sie und spielt in Gedanken versunken weiter Domino, nicht ohne gelegentlich auf unseren Mielke Fan zu schielen.
 

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Noch einer von „Drüben“



Neben dem Mielke Fan sitzt ein freundlicher älterer Herr, dem die Situation offensichtlich peinlich ist. Er sagt schüchtern:

„Prahl doch nicht so rum. Die müssen ja denken, wir wären alle Stasi-Bonzen gewesen.“

Dann erzählt er mit brandenburgischem Dialekt, der dem Berlinerischen nahe kommt, dass er mit diesem ihm vorher unbekanntem Herrn in einem Zimmer schläft. Die Reisegesellschaft hätte davon vorher nichts erwähnt. Sie wären wohl reingelegt worden. Er hätte sein Leben lang auf dem Bau gearbeitet, seine Frau sei kürzlich leider verstorben und er lebe nun von seiner bescheidenen Rente, erfülle sich einen Traum mit dieser Reise. Und übrigens, nicht alle wären bei der Stasi gewesen.

Wir bitten ihn unter unser Strohdach um ihn von der „Stasi“ zu befreien, bestellen ein Bier für ihn, lassen ihn sein nicht einfaches Leben erzählen, geben ihm das Gefühl, dass er wohlwollende Zuhörer hat. Ab jetzt gehört er fast zu unserem Club. Später wurde er einer von uns.

Der Mielke Fan wirkt leicht beleidigt, da er nicht versteht, warum ein „Weichling“ so leicht bei seinen vermutlich bewunderten imperialistischen Faschisten Anschluss findet.

„Such dir doch ein anderes Zimmer.“

ruft er rüber und macht Anstallten sich in die Sonne zu legen, fragt mich aber vorher, ob die hier gefährlich wäre.

„Mach dir mal keine Sorgen. Es ist zwar heiß, aber das trügt. Völlig harmlos, nicht schlimmer, als an der Ostsee.“

An unserem Tisch sind plötzlich alle gänzlich unmotiviert mit irgendwas beschäftigt. Einer versteckt sich hinter der gestrigen Bildzeitung. Ein anderer sucht seine Geldbörse unter dem Tisch. Unser Berliner springt mit hinter einem Jodeln versteckten Lachen ins Wasser. Unser kölsche Jung verschluckt sich an seinem Bier und fängt an, fürchterlich zu husten, was aber niemanden davon abhält, darüber nachzudenken, wie man mich strategiemässig noch übertreffen könne.

Nach schon zwanzig Minuten ist der Bauch des Mielke Fans knallrot, selbst im strahlenden Sonnenlicht, das die Farben verblassen lässt, gut zu erkennen. Der „Cannot-Believe-300,000-D-Mark-Dame“ fällt es als erste auf.

Sie springt auf, gefolgt von den anderen Spielerinnen. Ihre Blicke und Zeigefinger auf den roten Bauch des Stasi Freundes gerichtet:

"Communist Buddha, communist Buddha, communist Buddha“

ruft sie. Die anderen wiederholen den Spruch im Chor, lachen, hüpfen und klatschen dabei in ihre Hände. Ich bin mal wieder überwältigt. Die klaren, treffenden und oft mehrsinnigen Worterfindungen der Thaimädels sind gigantisch. Ein Professor der Sprachwissenschaften hätte seine volle Freude gehabt und wahrscheinlich einige akademische Gedanken daran verschwendet, wie er solch eine geniale Sprachschülerin ins Bett kriegen könnte. Dazu muss man verstehen, dass die fetten, dickbäuchigen, bunten, meist chinesischen Buddhafiguren, ein Synonym für Reichtum sind.

Meine Holde lacht Tränen, und ich verliebe mich aufs neue in sie.
 
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„Keine von der Strasse“



AIDS konnten wir zwar schon buchstabieren, aber es war immer noch eine Krankheit für Schwule und Junkies, dachten wir. Blank vögeln war noch keine echte Mutprobe , aber sehr bald später. Es herrschte vielmehr Schiss vor einem Bakteriencocktail, den besonders die „Freischaffenden“ an der Beach Road in der Zeit mit sich rumtrugen. Der Ausdruck: „Free lancer“ im Zusammenhang mit Freudenmädchen war unter Deutschen noch völlig ungebräuchlich.

„Keine von der Strasse!“ War das Motto in meinem Bekanntenkreis und von mir in den 80ern und Anfang der 90er. Es war eine reine Vorsichtsmassnahme, die einem Alleinreisenden in unbekannter exotischer Fremde und ganz besonders mit Alk im Hirn so manch unangenehme Überraschung ersparen konnte.

Wenn diese „Einzelgängerin“ dann auch noch ihre ID-Card verlegt, verloren, gerade beantragt hat, erhöhte sich das Risiko erheblich. Das Risiko, dass sie aus dem Nichts kam und wieder ins Nichts ging, aber nicht ohne manchmal gähnende Leere in der Brieftasche ihres Gönners zu hinterlassen, und die Chance, dass sie ihrem einzigartigen körpereigenen Bakteriencocktail einen neuen Wirt zwecks Weiterverbreitung schenkte, erhöhte sich logarithmisch. Dann ist mal wieder die medizinische Wissenschaft herausgefordert, darf versuchen, der regen Evolution dieser Winzlinge mit neuen kreativen Mixturen von Antibiotika ein Schnippchen zu schlagen.

Zwei Bekannte von mir haben es am eigenen Körper erfahren. Der eine diente der Ärztewelt im besten Mannesalter über ein ganzes Jahr lang als Versuchskaninchen für Antibiotika, dem anderen half nach sechs Monaten nur noch der chirurgische Laser.

„Der sah wie ein Schweizer Käse aus, glaubst mir.“

war sein Lieblingsspruch, wenn er nach langer Enthaltsamkeit seine „Von der Strasse Story“ mal wieder zum Besten gab.

So tragen also manche dieser „Einzelgängerinnen“ zur Weiterentwicklung der weltweiten Pharma-Industrie bei und tun so im übergeordneten Sinne ein gutes Werk. Entwicklungshilfe einmal anders rum. Es wird sich positiv auf ihr nächstes Leben auswirken. Wer weiß, vielleicht sind sie Zeitenwanderer aus einer fernen Zukunft, die uns Neandertalern die moderne Heilkunst auf diese Art und Weise nahe bringen wollen.

Auch unserem Mielke Fan sollte geholfen werden. Wir werden noch sehen, wie. Der hatte sich nämlich für zwei Tage auf sein Zimmer verkrochen, auf dem Rücken im Bett liegend, eine ein Zentimeter dicke Schicht Niveakreme auf seinem Bauch. Nur manchmal ließ er sich wohlverhangen unter den Strohdächern am Pool blicken.

„Mensch, wat häst du ne empfindliche Haut. Hast dich wohl früher nur im Dunklen rumjetrieben, wat?“ sagt unser Kölsche Jung zynisch Mitleid heuchelnd.

„Scheiß drauf! Hab nur das Sonnenöl zu Hause vergessen. An das Zeug, was die hier verkaufen, trau ich mich nicht ran. Hier funktioniert ja sowieso nichts.“

antwortet der Stasi Macho. Aber sein Bauch scheint seine Sinne nicht mehr zu sehr zu reizen, denn er fährt fort:

„Wird Zeit, dass ich hier mal was erlebe. Die laufen einem sowieso schon auf der Strasse nach. Kenn mich da aus. Ich nehm mir einfach eine mit, und lass mal richtig die Puppen tanzen. Die wird sich wundern, wozu ich fähig bin. Muss mich nur noch mit dem alten Schnarchsack einigen, damit er mir mal das Zimmer überlässt.“

Der holt gerade Luft, aber wir halten den netten älteren Herrn, der nun zu unserem Kreis gehört, davon ab, etwas zu erwidern. Nennen wir ihn Hans.

Unsere Gehirne laufen mal wieder auf Hochtouren. Aha, die Stasi kennt sich aus, schon nach drei Tagen in Pattaya, davon zwei fast nur im Bett. Seine Selbsteinschätzung ist schon mal eine gute Basis und die Mädels von der Strasse haben es ihm angetan.

Damit lässt sich arbeiten, denken wir uns. Unsere nächste Schweinerei vorbereitend.

„Hast recht! Die von der Strasse sind wirklich gut drauf.“ kommt uns allen der Bochumer Bundesligaschiedsrichter zuvor.

„Die sind meist Thai-Urlauberinnen, die nach einem Urlaubs-Abenteuer suchen.“

„Die sind nicht so wie die von den Bier und Go Go Bars. Die in den Bars Arbeitenden sind alles Professionelle Nutten. Mit nur eines im Sinn. Abzockerei und den Freier so schnell wie möglich abspritzen lassen“

Ein häkelndes Mädel schaut auf und ich zwinkere ihr heimlich zu, denn sie versteht ein gerütteltes Maß Deutsch. Sie hält sich zurück. Wir anderen arbeiten am Guinness Rekord für Gesichts-Mimik-Kontrolle. Hans schaut noch ein wenig unschlüssig aus der Wäsche.

„Brauchst du mir gar nicht zu sagen. Hab ich schon bemerkt. Ist doch klar.“ sagt unser Stasi Freund, fast empört über diese vermeintliche Belehrung.

„Ist schon in Ordnung, war nur gut gemeint. Aber nimm nicht einfach jede beliebige von der Strasse..“ werfe ich die Angelschnur aus. Der schnuppert leicht am Köder, hängt aber noch nicht am Haken.

„Wie meinst du das?“

fragt der zurück, denn auch mein Ratschlag macht ja einen viel zu offensichtlichen Sinn und ist einer Erwähnung überhaupt nicht wert, besonders, wenn sie an einen erfahrenen Mann, der sich auskennt, gerichtet ist. lol

„Such eine aus, die dich am Unterarm streichelt, sich vielleicht bei dir einhakt oder dich gar festzuhalten versucht. Untrügliche Zeichen von echter Sympathie.“ haue ich noch einen drauf.
 

Iffi

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Wilhelm und Hans



Wir kennen nun unsere beiden hinzugewonnenen Bundesbürger. Wilhelm, den grossschnäuzigen Stasifreund mit 300,000 DM auf der Bank und Hans, ein sehr netter Anfang 60er mit bescheidener Rente, den wir von allen Fallen hier in Pattaya beschützen wollen.

An Wilhelm gerichtet sage ich: „Es gibt da eine Stelle in Süd-Pattaya, wo du die Besten findest. Die sehen sexy aus, angeln sich nur die gut aussehenden gestandenen Typen. Wenn dich eine von denen anspricht, kannste sicher sein, dass sie echt scharf auf dich ist und mal wieder einen echten Mann braucht. Du machst ja was her, so wie du aussiehst.“ Perfekter Thaistil (Bauchpinseln) und ich sehe, wie der Haken zuckt.

Unser bayrischer Frührentner hatte schon vorher in die Schatulle für Angelhaken gegriffen und geht in Bereitschaftsstellung, seine Augen aufs Wasser gerichtet, dort wo die Schnur in den unergründlichen Tiefen der menschlichen Schwächen versinkt.

„Hört sich gut an. Genau das Richtige für mich. Wo ist das genau?“

fragt die Stasi mit dem Angelhaken fest durch die Oberlippe und einem Teil der Nase gezogen, ohne es überhaupt bemerkt zu haben. Es funktioniert. Einfach sagen, was er hören will. Eine neue Geschäftsidee nimmt Formen an. Eine Schule für die vielen osteuropäischen Service Damen, die neuerdings zum Straßenbild in Pattaya gehören. Die beherrschen die Kunst des Lobhudelns nämlich noch nicht. Da sind ihnen ihre einheimischen Kolleginnen weit voraus.

„Kennst die Marine Bar, wo abends Thai Boxing ist?

fragt unser Bayer und übernimmt unseren Stasi Fisch in seinem Köcher endgültig aufs lebensfeindliche Trockene, nachdem ich schnell die Schnur aufgerollt habe.

„Glaub schon. Bin dort mal am ersten Abend vorbei gegangen. Hab ja einen hervorragenden Ortssinn.“

sagt er stolz, aber noch nicht nach Luft schnappend. Der hat Sauerstoff getankt.

Hans kann sich aus all diesem noch keinen Reim machen, beobachtet alles mit unsicherem, zweifelnden Blick. Wir haben ihn während der zwei vorangegangenen Nächte unter unsere Fittiche genommen. Haben mit ihm an einigen Bier Bars so manches Bier gehoben und ihm dabei erzählt, wie das hier abläuft, worauf er besser achten soll. Da er einer von der lieben, zurückhaltenden Sorte ist, erhielt er so manch freundliches Lächeln, sogar Streicheleinheiten von den Mädels. Er wurde zunehmend lockerer, legte einen Teil seiner Schüchternheit und Unsicherheit ab.

Wir mögen daran nicht ganz unschuldig gewesen sein. Zum einen gaben wir ihm Sicherheit, denn wir hätten nicht erlaubt, dass ihm irgendein Ungemach geschieht. Zum anderen dolmetschte eine unserer deutschsprechenden Thaidamen mit sichtlicher Freude für ihn. Eine Bier-Bar-Fee durfte sich neben ihn setzen, ihre „Lady Drinks“ heimlich von uns bezahlt. Sie war eingeweiht und himmelte Hans mit vornehmer mädchenhafter Zurückhaltung an, nicht ohne ab und zu ihre Hand auf seinen Unterarm oder Oberschenkel zu legen. Uns kamen fast die Tränen. Hans gewann sein Lächeln wieder zurück, erzählte immer weniger von seiner verstorbenen Frau und begann sichtlich seinen Urlaub zu genießen.

Und das, obwohl sein Zimmergenosse ein Freund der Mächtigen der ehemaligen DDR ist. Der ist noch dazu wegen seines angeglühten Bauches kurz vor der Selbstentzündung schlecht gelaunt. Hans ist seelisch noch nicht bereit, sich eine ganze Nacht und einen Teil des nächsten Tages von einer dieser herrlich sanften Feen betütteln zu lassen. Short Time käme für ihn sowieso nicht in Frage. Das wäre ihm zu nuttig und entspräche nicht seinem Bild einer „Beziehung“. Außerdem teilt er ja das Bett mit der Stasi. Einen solch tiefen Einblick in sein Privatleben will er ihr nun doch nicht gewähren. Er ist froh, deren Akten kürzlich entronnen zu sein.
 

Iffi

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Letzte Vorbereitungen



Mir kommt plötzlich eine Idee. Vielleicht können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. In der absoluten Unberechenbarkeit des Lebens wurden es mehr als zwei, von den unerwarteten später mehr. Also frage ich unseren Stasimetzger einfach mal ins Blaue:

„Wie ich dich kenne, willste bestimmt nicht die ganze Nacht mit einer Susi verbringen, stimmts?“

„Wo kämen wir denn da hin! Ein, zwei Stunden, falls der Schnarchsack einverstanden ist.“

antwortet der Stasi Fan ganz in meinem Sinne. Hans weiß noch nicht, wie er darauf reagieren soll.

„Na komm Hans. Das muss ja mal drin sein. Gehst halt in der Zeit mit uns ein Bier in angenehmer Gesellschaft trinken“

stürzen sich die anderen in froher Erwartung auf ihn. Der lässt sich überreden, nicht ganz ohne ein fernes Leuchten in seinen Augen, wegen der Erinnerungen an die letzten zwei Abende.

Wir wissen nun, dass wir nur noch an den Feinheiten unseres gemeinen Planes für die „Stasi“ arbeiten müssen.

Zwischendurch übersetze ich alles für meine Holde ins Englische. Sie spricht nämlich kein Wort Deutsch. Sie lebt schon seit über zwei Jahren mit mir in Saudi Arabien. Unsere Nachbarn und Freunde dort kommen aus aller Herren Länder. Da bietet sich automatisch eine einzige Sprache zur Verständigung an. Englisch. Meine Muttersprache wäre dort reine Verschwendung für sie. Dafür hat sich ihr typisch sprachlich unvollkommenes Thai-Schulenglisch, das hauptsächlich aus Schreib- und Stumm-Leseübungen besteht, in Rekordzeit so verbessert, dass sie schon nach einem halben Jahr nicht mehr in thailändisch vordenken musste, sondern spontan in Englisch heraussprudelt. Well, Gentlemen, das hört sich vielversprechend an, aber ich bin mir immer noch nicht sicher, ob das meiner Gesundheit auf die Dauer gut tut. Durch ihren permanenten Umgang mit nachbarschaftlichen Ehefrauen, darunter manche aus USA oder UK, während Koch- Häkel- Stick- Schneider- Kosmetik und Tennisübungen beeindruckte sie schließlich nach zwei Jahren einige Urlaubsbekanntschaften, denen Englisch in die Wiege gelegt wird.

Sie kennt mich gut und merkt bald, wo der Hase lang läuft. Sie wird ganz zappelig, denn die Aussicht auf einen wenigsten mittleren Skandal, hautnah erlebt, ist die Krönung des Sanuk für eine Thailänderin mit Sinn für die Stolpersteine des Lebens.

„Hans, we take care of you tonight. Don’t worry. You will be in good hands. Remember yesterday?“

sagt sie lachend, ohne das der was versteht. Aber ich weiß jetzt, dass sie Feuer und Flamme ist und ausnahmsweise heute mal auf ihr Skandal-Rainbow-Press-Magazin verzichten wird.

„Darauf kannste dir verlassen.“

fügt unser Berliner noch hinzu. Kurz vorher beim gemeinsamen Pinkeln haben wir ein paar Einzelheiten besprochen. Radio freies Berlin setzt nun die Theorie in die Praxis um:

„Tschuldigung, muss dir noch wat sajen. Det kannste eijentlich nich wissen, da ene Thaispezialität.“

wendet er sich an unseren Stasi Fan namens Wilhelm. Der ist froh, dass wir alle so nett zu ihm sind, die Sache mit dem Zimmer als temporär sturmfreie Bude geregelt haben und ist deshalb bereit, auch mal einen Rat anzunehmen. Er nickt wohlwollend.

„Ja stimmt!“ mischt sich die Bundesliga ein. „Die baggern dich nicht so an, wie die ständig animierenden Barmädels. Die lächeln nur. Dann kannste einfach hingehen, oder sie zu dir rüberwinken. Wenn sie dann noch sagt: handsome man, I like you, haste se schon am Wickel.“

Währendessen schreib ich das schon mal in Lautschrift auf einen Bierdeckel: „händzam män, ei leik ju“, damit er es sich besser einprägen kann und mach gleich weiter:

„Wenn se dat zu dir sagt, haste ne gute Chance, dass se nur ganz ganz wenig Geld will. Dann steht se auf dich. Sagst einfach was von Hotel, das Wort versteht sie, und bringse hier her. Glänz bloß nich mit deinem Russisch! Das iss liebestötend in diesen Breitengraden. Außerdem müssen wir noch ne ungefähre Zeit ausmachen, damit du ungestört auf dem Zimmer bist.“

und ich schreibe zusätzlich auf den Deckel, was er sagen soll, damit auch sie happy ist: „ju ah werri bjutifull lädie“

Wilhelm ist ganz Ohr und übt sogar mit uns. Für eine billige Nummer mit den unzivilisierten Eingeborenen würde der Eroberer aus dem Deutschen Osten sogar wieder in die Schule gehen. Wir erzählen ihm, dass vor 23 Uhr dort kaum was läuft, aber er solle ruhig früher dort hingehen, sich mit der Ecke vertraut machen und sich den strategischen Überblick verschaffen. Wir warnen ihn noch einmal vor den Barmädels, damit nur ja nichts schief geht.

Nach unserer Kalkulation dürfte Wilhelm schon ab 21:00 Uhr zwecks Mutantrinken unterwegs sein und dann spätestens um 24:00 Uhr wieder im Hotel sein. Hans käme spätestens um 3:00 Uhr morgens ins Bettchen. Solange hat unser Coffee Shop manchmal auf. Falls Hans seine letzte Zurückhaltung wg. zwischenzeitlich sturmfreier Bude überwindet, darf auch er seine ersten exotischen Erfahrungen machen, bevor Wilhelm beweibt zurückkehrt. Das Schicksal dieser einen Fliege ist im Prinzip schon vorbestimmt. Dafür werden wir schon sorgen.

Das mit der zweiten Fliege ist noch unberechenbar, aber der Dünnschiss für sie ist schon ausgelegt. Sie wird bald unentrinnbar in der Sosse kleben, falls Wilhelm der Stasi Knecht in unserem Sinne mitspielt.
 

Iffi

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Kriegsgeschichten



Es ist Wochenende. Heute spielt wieder eine Live Band im Coffee Shop. Personal und Gäste werden eine lange Schicht haben. Wir sind alle ein wenig von den letzten Nächten geschafft. Permanenter Suff und trotz weicher Birne seine Holde clever ausserparlamentarisch zu hintergehen, kostet ne Menge Nerven, die der nachträgliche Kater normalerweise nicht hergibt.

So beschliessen wir unausgesprochen, es ruhig anzugehen. Wir werden uns hauptsächlich im Hotel aufhalten, dort am Abend was essen, dann nur zehn Minuten zu Fuß zum Bierbarbereich am Sabai Land, 2nd Road pattern, damit der Hans unter die Haube kommt, falls ihn die laue Nacht, das Lächeln und Streicheln endgültig überzeugt. Und vor allen Dingen werden wir uns ab 23:00 Uhr im Coffee Shop unseres Hotels treffen und dort der Dinge harren, die sich entwickeln werden.

Der Nachmittag am Pool wird noch ganz gemütlich. Ich werde aufgefordert, meine Erlebnisse während des Golfkrieges in Saudi Arabien zu schildern, denn es gäbe ja sicher viel zu erzählen, da man den Nachrichten sowieso nicht trauen könne. Das meiste wäre sowieso nur Propaganda und sowieso manipuliert um die Leute dumm zu halten.

Stimmt!

Ich nehme unbewusst die Haltung meines Großvaters ein, der reinen Gewissens vom I. Weltkrieg erzählte, was meinem Vater bei seinen Anekdoten vom II. Weltkrieg nie genauso gelang.

Nachdem in der Nacht zum 2. August 1990 die Irakis in Kuwait einmarschierten, ließen sich die meisten Expatriates in Saudi Arabien von ihren Arbeitgebern und ihrer Botschaft in Riyadh beschwichtigen. Es wäre nicht nötig, Frauen und Kinder nach Hause zu schicken, weil natürlich nicht die geringste Gefahr bestehe. Es wäre aber jedem freigestellt und auch bezahlt, wenn er sich anderweitig entschiede.

Jeder erfahrene Expatriate weiß, dass die Militärattachés der Botschaften eine Spezialausbildung im Beschwichtigen haben und an Selbstüberschätzung leiden. Die Phrase: „Keine Gefahr“ gehört zu dieser Kategorie: keine Panik aufkommen lassen, auch wenn es schon brennt. Ich gönne keinem, auf die Hilfe von diesen selbstüberschätzenden, geistig umnachteten Karrieristen im Krisenfall angewiesen zu sein. Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund.

Sie sind nicht das, was sie vorgeben. Besonders deutsche Militärattachés in den Botschaften damals befanden sich am allerletzten Ende der Informationskette. Da haben wir beim Saufen in den US Marines Compounds der Amerikaner in Saudi mehr erfahren als diese Hansel. Wenn wir aus Versehen nüchtern wurden, hatten wir Angst.

Dabei möchte ich nicht verschweigen, dass einige wenige Ausnahmen den Service-Gedanken für ihre Landsleute in Not tatsächlich verinnerlicht haben. Aber die waren nicht im militärischen Bereich tätig. Wir kamen zur Überzeugung, dass nur Selbsthilfe angesagt ist, z.B. gefüllte und bereite Reserve-Benzin- und Wasserkanistern im Garten um jederzeit mit seinem Fahrzeug abhauen zu können. Ich bin gerne unterwegs, genieße mein Leben als unpatriotischer Expatriate mit einem Pass von zehnjähriger Gültigkeit.

Aber es ist alles relativ. Amis im Ausland werden von ihrer eigenen Botschaft zum Teil förmlich verachtet. Diese US Expats sind Verräter, alleine auf Grund der Tatsache, dass sie nicht zu Hause patriotisch ihren Rasen mähen. Die deutschen Botschaften tun wenigstens so, als ob der Aufenthalt im Ausland als Expatriate nicht als Landesverrat zu bewerten ist, und der ein oder andere Botschaftsangestellte ist echt in Ordnung um gerecht zu sein.

Der von der Firma bezahlte Rückzug unserer Frauen in die Etappe, d.h. nach Thailand, lief ab September 1990 reibungslos ab. Der Genuss von verbotenen und selbstgebrannten Feuerwassers für uns an der Front Verbliebenen nahm an den Wochenenden bisher unerreichte Ausmaße an, obwohl Peitschenhiebe als Strafe darauf standen.

Wir, mit Thailadies verheirateten Männer, genossen die Abwesenheit des nicht weniger schmerzhaften innerfamiliären Strafgerichts wg. Saufens. Besonders die Abwesenheit von der Bemerkung, wenn wir zur Flasche griffen: „schon wieder?“ Wir vermissten aber bekocht zu werden. Jede unserer Frauen beherrscht eine bestimmte Spezialität ganz besonders und ein gemeinsames Treffen an den Wochenenden wurde immer ein Gaumenschmaus. Asia Geschäfte gibt es in Saudi wegen der vielen Gastarbeiter so viele, wie früher Tante Emma Läden bei uns, was nicht heißt, dass es dort billiger ist.

In nüchternen Momenten versiegelten wir vorsichtshalber unsere Badezimmer. Die Fenster mit Klebestreifen, die Türen mit speziellem Dichtungsmaterial. Die Badewanne war stets mit Wasser gefüllt. Im Garten standen die gefüllten Benzinkanister im Schatten, die uns erlaubten, non-stop nach Westen, den unerwartenden Reichweiten von gefährlichen Flugkörpern zu entrinnen. Nicht etwa über die eventuell chaotisch verstopfte und „ich bin mir der Nächste, du im Gegensatz zu mir nicht lebenswertes Arschloch“ Autobahn, sondern quer durch die Wüste mit unseren Four Wheel Drives. Es kam nämlich das Gerücht auf, Saddam hätte mit Giftgas-Raketen gedroht. Auch in diesem Zusammenhang beruhigte uns unser deutscher Militärattache in Riyadh: „Keine Sorge“

„Die kommen nicht bis hierher. Die Reichweite ist viel zu kurz. Falls doch, schießen wir die einfach aus der Luft. Alles im Griff!“

Da wussten wir noch nicht, dass die Scuds mit deutscher Stabilisierungs-Kreisel-Steuer-Technik aufgerüstet waren, Dhahran und sogar Riyadh ganz locker erreichen konnten.

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Auch die irakischen Beduinen trugen ihren Teil bei, lol

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Die damalige Version der Patriot-Abwehr-Raketen der US Firma Raytheon waren noch auf relativ langsam fliegende Flugzeuge geeicht. Ihre angebliche Fähigkeit, auch Raketen abwehren zu können war eine einzige Propagandashow. So gut wie keine Scud haben die aus dem Himmel geschossen. Propaganda und öffentliche Verarschung in den Medien behauptete anfangs es wären 80% gewesen. Das wurde dann auf 50% und sogar 30% reduziert. Viele Jahre später kam die ganze Wahrheit raus. Gerade mal 3 oder 4 Scuds, von insgesamt über 80, haben die Patriots erwischt.

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Super, die Scud zum Teil deutsche Technik. Was für ein Bullshit! Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein, auch wenn es mich eventuell umbringt.

Die Jungs unter dem Strohdach am Palm Garden Pool lauschen fasziniert. Oh Mann! Abenteuer! Adrenalin.

„Haste keine Angst gehabt? Oder haste dich erfolgreich geweigert, je nüchtern zu werden?“ werde ich gefragt.

Tja, der Job lief weiter wie zuvor. Seine Herausforderung, die immer absolute Präzision verlangte, ließ nie Promille während der Arbeitszeit zu. Aber genug für „ununterbrochen unter Strom stehen“ hätte es schon gegeben. Im an den Wochenenden geschätzten Holzmann Compound gab es zwei Schnapsfabriken. Zwei große Schlafzimmer in zwei verschiedenen Bungalows waren als Brennerei umgerüstet. Dort tropfte 24 Stunden am Tag 96 prozentiger, reiner, von eventuellen Schadstoffen freier Alkohol aus dem dritten Durchlauf. Und das nicht nur aus einem einzigen Kessel. Ein Wunder, dass die nie in die Luft geflogen sind.

Während einer der vielen wilden Parties dort hörte ich einmal wie ein Amerikaner in typischer Art antwortete, als er von einer schwedischen Krankenschwester am Swimming Pool gefragt wurde, ob es denn hier auch vielleicht was zu saufen gäbe:

„Lady, there is more Alkohol in this Compound than in some small cities in the western world.“

“Lady, es gibt mehr Alkohol in dieser Wohnanlage, als in manchen Kleinstädten in der westlichen Welt.”

Ja stimmt. Auch das ist Saudi Arabien. Alles, was verboten ist, macht auch erwachsenen Männern Spass. Habe noch nie so viele Pornos gesehen wie dort und guten Afgahnen gab es auch nicht selten. Peitschenhiebe hin oder her.

Der Holzmann ist nicht nur aufs Bauen spezialisiert. Nach der Pleite gab es neben arbeitslosen Konstrukteuren, Maurern, usw. sicher auch einige arbeitslose Schnapsbrenner.

Der Golfkrieg begann am 2. August 1990 mit dem Einmarsch Saddams in Kuwait. Schon bald darauf flogen uns in Saudi Arabien die Scuds um die Ohren. Die Saudis flohen in Scharen aus der Golfregion Richtung Riyadh und Jeddah am Roten Meer, weil sie befürchteten, Saddam wurde gleich bis zum Herzen Saudi Arabiens vorstossen, nämlich der weltgrössten Erdölfirma ARAMCO.

Schon am 7. August 1990 begann der Aufmarsch von riesigen Truppenkontinenten unter dem Namen: „Operation Desert Shield“ in Saudi Arabien. Es war ein bis dahin ungesehener Aufmarsch von ausländischen Truppen, hauptsächlich Amis, in der Eastern Region. Als die Kampfhandlungen dann begannen waren es mehr als 500,000 Soldaten.

Desert Storm 17 Januar - 28 February 1991

Kurz vor Beginn der „Operation Desert Storm“ (Beginn der Kampfhandlungen am 17. Januar 1991) haben wir Expats fast alle Saudi Arabien verlassen. So auch ich im Dezember des Vorjahres, nämlich Richtung Thailand. Während des „Desert Storms“ wäre es so gut wie unmöglich gewesen, denn alle Flughäfen wurden schon vorher geschlossen.

Die Rückeroberung Kuwaits dauerte vom 17. Januar 1991 bis zum 28 Februar 1991. Knapp einen Monat später war ich wieder in Saudi Arabien.

Die Kuwaiti Ölfelder sollten noch ein Weilchen brennen...

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