Zum Thema staatliche Krankenhäuser hier ein kleiner Ausschnitt den wir erlebt haben:
So gegen Abend verschlechterte sich ihr Zustand und sie bekam hohes Fieber mit Schüttelfrost. Es war klar, sie musste in medizinische Obhut. Da Kosum Phisai über ein eigenes Krankenhaus mit mehreren Krankenwagen verfügt und sie so nicht für den Transport im PKW geeignet war, riefen wir kurzer Hand einen Krankenwagen. Ca. 10 Minuten später war der KTW auch vor Ort. Nach einigen Anweisungen meinerseits (komme vom Fach) war die Mutter vernünftig auf der Trage gelagert und ins Fahrzeug verbracht. Mit Blaulicht und Sirene ging’s dann zum staatlichen Krankenhaus von Kosum Phisai. Wir, meine Frau und eine Tante folgten per PKW, die anderen zwei Tanten per Moped und das Drama nahm seinen Lauf. Nach einigen Untersuchungen war klar, die Mutter musste stationär aufgenommen werden und ein Angehöriger musste da bleiben, um weitere Hilfe zu leisten. Die älteste Tante entschied sich für diesen Dienst und wir fuhren erst mal nach Hause um sie am nächsten Morgen abzulösen.
Donnerstag, Tag 4. Nach der Versorgung ihres Bruders, fuhren meine Frau und ich direkt ins Krankenhaus um ihre Tante (von der Nachtschicht) abzulösen.(In staatlichen Krankenhäusern muss immer ein Angehöriger vor Ort bleiben, wenn der Patient nicht selbst in der Lage ist sich zu helfen) Im Krankenhaus angekommen, konnte ich mir mal ein eigenständiges Bild machen, was es bedeutet per 30. Baht-Versicherung in Thailand versichert zu sein. In jeder deutschen Hundehütte sind die Hygieneverhältnisse wesentlich besser. Da liegen teils bis zu 12 Patienten in einem Zimmer, dazu kommen noch deren Angehörige die neben oder unter dem Bett wachen oder schlafen um im Bedarfsfall zu helfen. Dreckige Fussböden, schmutzige Betten, versiffte Stellen überall. Katzen und anderes Getier gehören ebenso zu den ständigen Mitbewohnern. Makaberer Weise hängen an allen Wänden Plakate mit Hinweisen zur Hygienemaßnamen. Doch die Realität sieht nun mal völlig anders aus. Gut, einfache Menschen kennen das nicht anders und sind froh, überhaupt Hilfe zu bekommen. Andere Länder, andere Sitten denn ohne, oder mit wenig Geld kann man nun mal keine optimalen Verhältnisse schaffen. Wenn ich jedoch mitbekomme wie stolz einige Farang erzählen, durch ihre Frauen in der 30. Baht-Versicherung mitversichert zu sein, dann gehen mir die Nackenhaare hoch. Ich habe sogar selbst einen solchen Typen in Kosum Phisai getroffen. Naja, jeder wie er will und kann, oder eher nicht kann. Für mich jedenfalls niemals eine Option.
Gut, wir lösten die Tante ab und die war froh, endlich nach Hause zu dürfen. Meine Frau wusch erst mal ihre Mutter. Ich leerte den Urinbeutel und schrieb die abgeführte Flüssigkeitsmenge auf (solche Tätigkeiten haben prinzipiell Angehörige in einfachen KH zu leisten) Der Zustand der Mutter deutet einwandfrei auf eine akute Lungenentzündung und das blubbern des angesammelten Wassers in ihren Lungen war kaum zu überhören. Sie lag an 3 Liter Sauerstoff (bei einer Sättigung von 70-75%)den ich darauf hin eigenständig auf die doppelte Menge erhöht hatte, was ihr sogleich etwas zu Gute kam da sich die Lippenfarbe schon mal deutlich besserte und der Wert sich auf immerhin 90% Sättigung erhöhte. Da das Personal mittlerweile mit bekommen hatte, das ich schon etwas Basiswissen hatte, lies man mich diese und auch noch andere Maßnahmen gewähren. Dann kam irgendwann ein Bettenschieber der Mutter per Trage zum Röntgen bringen sollte. Ich half ihm beim Umlagern per Brett (Rutschbrett) zum einfachen Umlagern vom Bett auf die Trage (zeigte im Tricks zur besseren und einfacheren Umlagerung) und wir brachten sie gemeinsam zum Röntgen und wieder zurück. Der Tag zog sich so hin und eine Verbesserung ihres Zustands war auch nicht in Sicht. Zum Abend hin kam dann wieder eine Schwester der Mutter und löste uns ab.
Freitag, Tag 5. Gleicher Ort, gleiche Situation. Nur an diesem Tag hatte niemand Zeit uns abzulösen und wir verbrachten volle 24 Stunden abwechselnd im Krankenhaus. Keine Verbesserung in Sicht. Da uns allen klar war, dass sie nicht mehr lange zu leben hat, kam das Gespräch auf, wie die Bestattung ablaufen sollte. Die Schwestern waren dafür sie wie Ortsüblich in dem Fall zu Hause aufzubahren. Meine Frau war davon nicht begeistert, da es die Platzverhältnisse durch den Bruder in dem Bereich nicht zulassen. Außerdem musste dann das halbe Haus geräumt werden und wer sollte diese Aufgabe bewerkstelligen? Nach langem Hin und Her und nach Absprache mit dem Wat wurde beschlossen, dass sie im Falle des Falles die komplette Zeremonie (3 Tage, plus 1 Tag für die Verbrennung) im Wat verbleibt.
Samstag, Tag 6. Am frühen Morgen kam eine Tante und löste uns ab. Meine Frau konnte endlich etwas schlafen. Ich selbst hatte einen Zahnarzttermin im ca. 60 KM entfernten Baan Phai und machte mich auf den Weg dorthin. Immer den Gedanken im Hinterkopf hoffentlich keinen Unfall, oder sonstigen Zwischenfall zu haben, der uns noch zusätzlich mit Aufgaben beschäftigen würde. Doch es ging zum Glück alles klar. Am Abend übernahmen wir dann wieder die Nachtwache. Zustand unverändert schlecht.
Sonntag, Tag 7. Morgens wieder die Ablösung durch eine Tante, am Abend wieder wir. Der Allgemeinzustand verschlechterte sich zunehmend. Eine Ärztin fragte wie soll es weitergehen, Reanimation im Falle eines Falles oder nicht? Nach kurzer Absprache (Tanten mit einbezogen) kamen wir zu dem gemeinsamen Ergebnis, keine lebenserhaltenden Maßnahmen mehr zu treffen, da sich die Mutter so oder so nie mehr erholen und gesund werden würde. Als einzige Maßnahme wurde weiterhin Sauerstoff verabreicht.
Montag, Tag 8. An diesem Tag waren alle drei Schwestern zur Stelle und wir konnten uns tagsüber in Ruhe um notwendigen Papierkram und andere Formalitäten kümmern. Abends waren wir wie immer zur Stelle. Nochmals wurden wir in dieser Nacht gefragt, ob es bei der Entscheidung keine Reanimationsmaßnahmen mehr zu treffen bleiben sollte. Wir antworteten mit einem klaren ja. Wir kühlten in der Nacht laufend ihren heißen Kopf um das Fieber einigermaßen zu senken, redeten laufend mit ihr damit sie wusste und spürte das immer einer da war, mehr konnten wir nicht tun.
Dienstag, Tag 9. Nach kurzem duschen und essen ging’s wieder ins Krankenhaus, da wir beide wussten, dass es nicht mehr lange dauern konnte. Dann kam der Augenblick wo jeder wusste, dass es nur noch kurz dauern konnte. Gegen 18:56 Uhr thailändischer Zeit ist sie von ihrem Leiden erlöst worden. Meine Frau ging ins Schwesternzimmer und sagte nur: „18:56“ Die Schwestern schauten meine Frau nur verwundert an. Wahrscheinlich hatte bisher noch niemand so den Tod eines Patienten gemeldet.
Ich fuhr darauf hin schnell nach Hause um frische Kleidung meiner Schwiegermutter zu holen, damit sie ordentlich darin gebettet werden konnte. Die Krankenschwestern zogen darauf hin meine Schwiegermutter um und kleideten sie entsprechend ein. Da es in dem Krankenhaus wohl kein Raum für Verstorbene gab, musste schnell eine Lösung her. Da meine Frau zum Glück das Wat im Vorfeld schon als Aufbewahrungsstätte ins Spiel gebracht hatte konnte man die Leiche nun direkt ins Wat bringen. Der Abtransport der Leiche erfolgte durch einen speziellen Bestatter-Service. Nun ging’s direkt ins Wat von Kosum Phisai. Dort angekommen orderte meine Frau bei dem Bestatter –Service sofort einen Kühlschrank um die Leiche mit Sarg darin zu lagern. Es dauerte nicht lange und der sogenannte Kühlschrank wurde angeliefert. Es handelte sich dabei um eine Art vergoldeten Schrein. Kurze Zeit später traf ein Mann ein, der meiner verstorbenen Schwiegermutter Formalin mit einer großen Spritze in die Adern spritzte um ihren Körper zu konservieren. Ein Anblick der mich förmlich erschaudern lies. Gut man erlebt so etwas ja nicht jeden Tag. Danach wurde der Sarg in den Schrein geschoben und verschlossen. Anschließend wurden unzählige Gespräche geführt was alles zu ordern ist, wie alles zu schmücken ist und welches Essen für die kommenden Tage zubereitet werden soll. Der Abend dauerte noch lange und zum trauern war noch lange keine Zeit.